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Niedersachsen: Weniger Pendler fahren Rad

Die jüngsten Zahlen des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik (LSN) wecken beim ADFC Niedersachsen Besorgnis. Demnach nutzen 70 Prozent aller Berufstätigen in Niedersachsen das Auto, um zur Arbeitsstätte zu gelangen.

Pressemitteilung des Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. (ADFC) Niedersachsen

Die jüngsten Zahlen des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik (LSN) wecken beim ADFC Niedersachsen Besorgnis. Demnach nutzen 70 Prozent aller Berufstätigen in Niedersachsen das Auto, um zur Arbeitsstätte zu gelangen. Nur 13,6 Prozent der Niedersachsen nutzen das Rad – ein Rückgang. „Diese Zahlen bestätigen leider unsere Annahme, dass die Radinfrastruktur in Niedersachsen einfach nicht ausreicht, um das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung nachhaltig zu verändern“, so der Landesvorsitzende Dieter Schulz. „Es fehlen die Anreize, das Fahrrad zu nutzen. Eine einladende, sichere Infrastruktur ist längst überfällig. Eine Verkehrswende kann sonst nicht gelingen.“

Es fehlen die Anreize, das Fahrrad zu nutzen.

Im Jahr 2008 nutzten immerhin noch 14,3 Prozent der Pendler das Fahrrad. „Leute setzen sich aufgrund mangelnder infrastrukturelle Alternativen eher dem Staustress aus, als das Fahrrad zu nutzen. Das dadurch hervorgerufene Verkehrschaos ist allgegenwärtig. Die Gesundheit aller sowie die Umwelt leiden“, so Schulz weiter.

Der ADFC Niedersachsen fordert eine zügige Planung und Umsetzung von Radschnellwegen sowie den Vorrang des Radverkehrs vor dem motorisierten Individualverkehr. „Jeder möchte zügig von A nach B kommen, Fahrradfahren muss diesen Komfort bieten können“, sagt Schulz. Gerade Radschnellwege seien geeignet, Pendlerströme vom Auto auf das Fahrrad zu verlagern. Eine gute Verknüpfung mit dem ÖPNV (deren Nutzer im Vergleich zu 2008 ebenfalls auf nunmehr 8,7 Prozent sanken) sowie genügend sichere Fahrradabstellanlagen müssen her.

Schulz sieht zudem das zügige in Kraft treten des Fahrradmobilitätkonzeptes und die Umsetzung der daraus resultierenden Maßnahmen als essentiell für die Radverkehrsförderung in Niedersachsen an.

Foto + Teaserbild: ADFC/Gerhard Westrich

9 Antworten auf „Niedersachsen: Weniger Pendler fahren Rad“

Zwei Sachen stören mich etwas an dem Artiekel, auch wenn er im Großen und Ganzen gut ist.

1. Warum Radschnellwege? Währen nicht mehr 2,5 oder 3 Meter breite Radwege besser als 4 Meter Radwege? Gewisse Mindeststandarte sollte auf jeden Fall gehalten werden und in gewissen Gebieten sind 4 Meter sinvoll. Aber in vielen Gebieten würde man schon mit 3 Meter breiten Radwegen sehr viel gewinnen. Prüft also, ob es eine passende Radverbindung überhaupt gibt und baut dann eine passend breite. Aber baut mehr Fläche in der Länge als in der Breite für Radfahrer. Sonst fühlen sich Leute in Kleinstädten und Dörfern weiterhin zum PKW genötigt. Und dass ist in Deutschland der größere Teil der Bevölkerung.

2. Bei solchen Statistiken frage ich mich immer, wie es mit Mischwegen aussieht. Vor allem bei ÖPMV werden die Leute zu Ihrer ersten Busshaltestelle zu Fuß oder mit dem Fahrrad fahren. Einige werden eventuell halb-halb fortbewegen, zum Beispiel bis zu einem Park & Ride Parkplatz. (Ich fahre zum Beispiel am Wochenende 13 km mit den ÖPNV und dann 13 km mit dem Fahrrad weiter.) Und auch Auto-Mitfahrer sind anders zu bewerten. Aus der ADFC-Sicht ist die Statistik genau passend komplex. Ich würde aber gerne auch ausführlichere Statistiken sehen.

Hallo Andy,
im Großen und Ganzen bin ich mit Deinem Beitrag einverstanden. Nur wer soll denn ständig die vier Meter lange Standarte tragen?

Großartig.
Ich fasse mal zusammen:
Zwischen 2008 und 2017 sind in NDS jede Menge zusätzliche Radwege gebaut worden.
Gleichzeitig startete ein kultureller Trend zum Fahrradfahren durch.
Trotzdem hat der Anteil der Fahrrapdpendler nicht etwa zugenommen, sondern ABGENOMMEN.

Klar dass sich dieser Widerspruch nur dadurch auflösen lässt, dass noch mehr Radwege gebaut werden.

Herr wirf Hirn!

Aber von einem Verband, der dazu übergegengen ist solche PM’s rauszuhauen wie „Radwege statt Fahrverbote“ ist wohl nicht mehr zu erwarten.

Nein.
Genaue Zahlen müsst ich erst recherchieren.
Seit etlichen Jahren schau ich immer mal beim Fahrradportal vorbei.
Da gibts seit einiger Zeit auch einen Filter
https://nationaler-radverkehrsplan.de/de/aktuell/nachrichten?field_tag_region_tid_selective=3814&field_handlungsfeld_nrvp_tid_selective=4163&field_handlungsfeld_tid_selective=All&field_schlagworte_tid_selective=All

Niedersachsen ist (subjektiv!) mittlerweile recht weit vorn beim ‚Lückenschluss‘ gerade auf den ausserstädtischen Wegen und legt beständig zu.
Es dürften inzwischen gut 3.000 KM Radwege an Bundesstrassen (ca. 4.500KM) sein und knapp 5.000KM Radwege an Landesstrassen (bei ca. 8.000 KM Landesstrassennetz in NDS).
(nur grob geschätzt, ohne Gewähr)
Dazu lassen sich aber Zahlen per Suchmaschine finden.
z.B.:
http://www.mw.niedersachsen.de/download/108019/Liste_Radwegekonzept_zum_Download_.pdf

Zu Deiner obigen Frage (2.):
Berechnet wird beim modal-split das Verkehrsmittel mit dem überwiegenden Anteil.
Das birgt natürlich Unschärfe und Verzeichnung.
Insgesamt ist die Datenlage in D nicht sehr gut, und leider auch nicht sonderlich zugängich.
Auch die Kommunen mauern ja regelmässig, wenn es darum geht Daten für die BürgerInnen zur Verfügung zu stellen.
Oft Verweise auf IFG notwendig, oft hift auch das nicht (zumindest in NRW). In NDS aber vermutlich ähnlich.

Beim ÖPNV ist die Datenlage in der Regel weit besser, auch hinsichtlich der Reisezeitverluste, etc.

Soso der ADFC ist also dämlich, wenn er Radinfra einfordert. Wahrscheinlicher ist aber, dass der Verband ausnahmsweise richtig liegt damit, dass der Anstieg des MIV ganz banal mit der Tatsache zusammen hängt, dass die durchschnittlichen Pendelstrecken zwischen 10 und 25 Kilometern seit 2000 um die 4% zugelegt haben (2000: 10 KM; 2014: 10,5 KM), während diejenigen die für Radfahrende attraktiv sind – also bis 10 Kilometer – kontinuierlich abnehmen.

Ob diese Wege dann ohne Radinfra in einem Flächenland wie Niedersachsen für Fahrrad-Pendler attraktiver sind, mag jeder für sich selber entscheiden. Da Streckenlänge und der Fahrkomfort zu den Top-Hinderungsgründen bei der Fahrzeugwahl gegen das Fahrrad zählen, ist es aber wohl plausibler, dass viele Berufspendler wieder nolens volens auf das Auto umsteigen..

Ich würde wirklich fast jeden Tag ins Büro fahren, allerdings gibt es auf meinem Weg (via Landstraße und asphaltierte Feldwege) einen Abschnitt, der nicht ungefährlich ist, bei schlechterfem Wetter sowieso.

Verstehe auch bis heute einfach nicht, wieso man da nicht generell Radwege an Landstarßen verbauen kann. Ich glaube, es würden viel mehr Menschen mit dem Rad zur Arbeit fahren, wohne selber an der magischen 20 Kilometergrenze (23 für eine Fahrt, um genau zu sein), das ist durchaus machbar.

Millionenteure Schnellstraßen bräuchte es nicht, zumindest nicht auf dem Land.

Danke Zeze. Genau das meine ich. Insbesondere von einem Ort in den nächsten fehlt oft ein Radfahrernetz. Egal ob dieses aus übersichtlichen Nebenstraßen besteht, Radwegen entlang von Bundes- und Landesstraßen oder selbstsändigen Rad(schnell)wegen.

Für weitere Pendelstrecken habe ich mir höchstens in der Vergangenheit den Zweitwagen meiner Eltern geliehen. Aber selbst scheinbar schlechte Strecken habe ich auch immer per Fahrrad oder ÖPNV ausprobiert. Ich kann aber jeden verstehen, der die Strecke nicht ausprobiert, weil die Strecke zu kompliziert oder gefährlich erscheinen.

Daher brauchen wir ein dichtes, übersichtliches Radnetzt aus ruhigen Nebenstraßen und Radwegen. Alfons aussage, „jede Menge zusätzliche Radwege gebaut worden“ kann ich nur auf ein schlechtes, vermutlich lückenhaftes Radwegenetz vermuten.

@Alfons Krückmann & andere Radwegkritiker: Ich verstehe die Argumentation, dass Radwege viele Nachteile haben sehr, sehr gut. Für mich ist aber das Hauptargument für Radwege, dass es (meist) unangenehm ist, vor allem hinter sich ein Autos zu haben, die ohne mich 50 km/h fahren dürfen und sicher könnten. Insbesondere nach dem Versuch, grundsätzlich auf der Fahrbahn zu Fahren, wo es erlaubt ist, hatte ich nach 2 Wochen keine Lust mehr aufs Fahrradfahren. (Ich fahre immer noch viel häufiger auf der Fahrbahn als früher, aber wenn ich einem rücksichtsvollen Autofahrer das überholen erleichtern kann, tu ich dies) Amerika oder England hatten auch Jahrzehnte lang keine/kaum Radwege und stehen deutlich schlechter da als die Niederlande. Radförderung funktioniert leider nicht einfach über die Frage Radwege Ja/Nein. (Niederlande ist immer noch mehr Auto- als Radnation)

Wenn ich mir eine Verkehrsstruktur wünschen würde, wäre dies innerorts keine Radwege, überall 30 als Höchstgeschwindigkeit, Bedrängen durch Autos häufiger kontrollieren und für weitere Strecken Züge, dass man ein Auto quasie nie braucht. Dies auf einen Schlag zu fordern halte ich aber für fast unmögliche und ändert wenig an der gefühlte Sicherheit Außerorts. Für Lösungsargumentationen bin ich gerne offen. Derzeit scheint mir der beste Weg zu sein, wir brauchen ruhige Wege und wo es (wegen Politik oder außerorts) nicht möglich ist gute Alternativen (Parallelstraßen, selbstständige oder Begleitende Radwege)

Exakt, wir sind uns einig :)

Ich wohne in einem kleinen Städtchen, der Mittellandkanal liegt genau 4 Kilometer weit weg, schöne, asphaltierte Wege führen dahin.

Der Mittellandkanal selbst geht dann fast bis in die Stadt rein (Hannover), ich bin die Strecke aus reiner Neugierde zwei Mal gefahren, Problematik dabei:

Ab Mitte ist das übelste Holperrei, Furchen im Schotterweg, durch abfließenden Regen, steinhart geworden, als ob man über Eisenbahnschweller fahren würde, ich hatte hinterher eine Woche lang Schmerzen in den Ellbogengelenken. Weiter Abseits dann Wurzeln, die den Weg anheben usw.

Wie oft denke ich (und sage das auch, wenn das Thema mal aufkommt), man müsste doch nur diesen eh schon vorhandenen Weg komplett neu machen, einfach eine 3-4 Meter breite Asphaltierung vornehmen, mehr ist das nicht und es würden jede Menge Leute mit dem Rad unterwegs sein, nicht unbedingt in die große Stadt, nein, auch unter den Städten und Dörfern wäre viel mehr Menschen mit dem Rad unterwegs.

Diese Aspahltwege, die machen bei uns die reichen Bauern zwischen den Feldern selbst, ich kann, bis auf diesen einen, im anderen Posting beschriebenen Abschnitt, fast komplett mit dem Rad fahren, ohne eine Landstraße zu benutzen (ich muss nur manchmal diese Straßen überqueren).

Ich habe oft genug gesehen, wenn die Bauern in Eigenregie ca. 500 Meter neu asphaltieren, das geht ratzfatz und es hält Jahre, fahren ja nicht 24/7 Lkw und Pkw darüber.

Die Bauern asphaltieren die Wege selbst, um zur Erntezeit mit ihren großen Erntemaschinenen zwischen den Feldern hin- und herfahren zu können.

Es regt mich einfach auf, wie seitens der Städte und Gemeinden NICHTS passiert und das hier ist nur ein Beispiel, von der „normalen“ Infrastruktur für Radfahrer in den Städten fange ich gar nicht erst an.

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