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Radverkehr

Radverkehr konsequent fördern

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag, den Radverkehr in Deutschland konsequent und umfassend zu fördern. Die Grünen verweisen auf eine Umfrage des Umweltbundesamtes, wonach sich eine große Mehrheit der Bevölkerung eine Verkehrspolitik wünscht, die in Städten stärker auf ÖPNV, Fuß- und Radverkehr setzt und sich weniger an den Bedürfnissen des Autoverkehrs ausrichtet. Darüber hinaus könne der Radverkehr eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielen. Der Verkehrssektor trägt aktuell praktisch nichts zum Erreichen der Klimaziele bei. Hier gelte es, Mobilität neu zu denken.

Radfahren in Deutschland darf keine Abenteuerlust erfordern und muss für alle Menschen leichter, bequemer und sicherer werden. Dafür muss die Bundesregierung stärker als bisher Verantwortung übernehmen und den Radverkehr in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen konsequenter fördern.

Anstatt den Radverkehr konsequent zu fördern und den Radfahrtrend sicher zu gestalten, schiebe die Bundesregierung Ländern und Kommunen aber einseitig die Verantwortung zu. „Vor Jahren hat die Bundesregierung zwar den Nationalen Radverkehrsplan (NRVP) fortgeschrieben, aber eine engagierte Umsetzung sucht man vergeblich.“ Ausgaben des Bundesverkehrsministeriums kommen weitestgehend dem motorisierten Verkehr zugute.

Die Grünen fordern daher die Umsetzung verschiedener Dinge. Ich liste hier mal die aus meiner Sicht wichtigsten auf. Den vollständigen Antrag gibt es hier.

  • im Haushaltsentwurf des Verkehrsressorts 100 Millionen Euro pro Jahr für die Mitfinanzierung von Radschnellwegen einstellen und in Absprache mit den Bundesländern bundeseinheitliche Standards für Radschnellwege definieren
  • sich stärker an der Gemeindeverkehrsfinanzierung beteiligen, den Umweltverbund stärker unterstützen und die Mittelzuweisung auf den Radverkehr ausdehnen
  • eine umfassende Novelle der Straßenverkehrsordnung entwerfen und stärker an öffentlichem Verkehr, Rad- und Fußverkehr sowie weiteren umweltfreundlichen Mobilitätsformen ausrichten
  • Kommunen ermöglichen,
    • innerorts auf allen Straßen eigenständig und unbürokratisch über die Einführung von Tempo 30 zu entscheiden
    • einen Rechtsabbiegepfeil für Radfahrende einzusetzen, um Abbiegeunfälle zu verhindern und den Verkehrsfluss zu erhöhen
    • geeignete Radschnellwege sowie gut ausgebaute außerörtliche Radwege für S-Pedelecs freizugeben

Die Forderung im Bereich der E-Lastenräder geht mir hier im Hinblick auf die E-Auto-Prämie nicht weit genug. Es wird lediglich ein zeitlich befristetes Förderprogramm für E-Lastenrad-Sharing-Konzepte gefordert, das den Aufbau von bis zu 2.000 E-Lastenradverleihstationen und die Anschaffung von insgesamt 10.000 E-Lastenrädern, die einer unbestimmten Anzahl von Nutzern zur Verfügung stehen, mit 1.000 Euro je E-Lastenrad unterstützt. Für den privaten Gebrauch ist das nichts.

Und auch die Markierung von Schutzstreifen außerorts zu ermöglichen, so der niedersächsische Modellversuch denn positiv abgeschlossen und bewertet wird, halte ich für wenig sinnvoll. Außerorts braucht es gerade vor dem Hintergrund der höheren Geschwindigkeiten abgetrennte Radwege, wenn man Menschen zum Radfahren motivieren will.

Autominister Dobrindt muss endlich aus der Verkehrspolitik der 50er-Jahre aufwachen und sich um den Radverkehr kümmern!

Insgesamt ist der Antrag, der am Freitag (31. März) in den Bundestag eingebracht wird, aber so sinnvoll, dass er von der Bundesregierung natürlich nicht angenommen werden wird. Wer trotzdem helfen will, Verkehrsminister Alexander Dobrindt wachzuklingeln, kann um 8:20 Uhr mit dem Fahrrad zur Invalidenstraße, Ecke Schwarzer Weg kommen und „ein deutliches Zeichen für das dringend benötige Hochschalten beim Radverkehr geben“.

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Teaserbild via Grüne Bundestag

5 Antworten auf „Radverkehr konsequent fördern“

Ich finde es schon bezeichnend, daß das Kraftverkehrsministerium (BMVI) seinen Sitz an der INVALIDENSTRASSE in Berlin hat. Offenbar gibt der Ortsbegriff große Toleranz zum Opferaufkommen im Verkehrsgeschehen. Von Vision Zero weit und breit nichts zu erkennen.

Wie schützt eigentlich ein Abbiegepfeil für Radfahrer vor Abbiegeunfällen? Was schützt, sind Kreuzungen nach dem Muster der Protected Intersection aus den Niederlanden, in denen man als Rechtsabbieger die Kreuzung komplett umfahren kann. Davon liest man aber kein Wort bei den Grünen.

Die Schutzstreifen außerorts sind kein rein niedersächsisches, sondern ein bundesweites Projekt. Als Kölner kenne ich die sehr gut, hier gibt es gleich mehrere Teilstrecken des Modellprojekts. An einer davon wurde 2016 ein älterer Radfahrer angefahren und schwer verletzt (siehe: http://footils.org/2016/02/29/schutzstreifen/ )
Regelmäßig übertreten dort Autofahrer das mit 70 km/h für die schmalen Landstraßen und schmalen Schutzstreifgen schon viel zu hoch angesetzte Tempolimit.

Ich vermute, das Schutzstreifenprojekt liefert noch nicht das gewünschte Ergebnis, das offenbar lauten soll: Mit Schutzstreifen auf Landstraßen kann man gefahrlos und billig seinen Willen zur Verkehrswende bekunden, ohne wirksame Verbesserungen bezahlen oder Einschränkungen für Autofahrer durchsetzen zu müssen.

Billig sind diese Streifen, aber wahrscheinlich auch brandgefährlich!

Mit Schutzstreifen und mit fahrbahnbegleitender Abtrennung der Verkehrsspur wird mit Sicherheit ein! Zeichen gesetzt: Den rollenden Blechdosen gehört die Fahrbahn ganz alleine! Ihnen gilt es, Respekt und Ehrfurcht zu erbringen, indem alles andere von dort vertrieben wird.

Als Freunde der Wirtschaftstreibenden wissen das die Grünen als erste: Wenn viel Blech gekauft wird, brummen die Motoren und dazu die Wirtschaft, so ist das bei Verschwendung auch als verheimlichter Zielsetzung, wenn Wasser gepredigt und Wein gesoffen wird.

Gegenprobe: Wie sähe wohl das Geplärre aus, wenn stattdessen radikale Änderung der dem kleinen und sparsamen Vehikel zustehenden Rechte im täglichen Verkehr das Mitschwimmen im Verkehrsfluss mit viel mehr rechtlicher Sicherheit verknüpft würde? Ach. Viel Motorkraft … muss warten. Punkt. Wie wär’s?

Die besten und kürzesten Verbindungen sind die mit Fahrbahnen, und dort fährt es sich auch am sichersten, am komfortabelsten, und mit dem besten Aktionsradius, kräfteschonend.

Sobald das torpediert wird, beginnt die Augenauswischerei. Fahrradschnellstrecken? Schnapsidee für Touristen! Die gedankliche Übertragung der Lenkradperspektive hinkt schon wieder an allen Ecken und Enden. Ein PS-Kiste fährt leicht Umwege bis zu Ein- und Ausstiegspunkten. Mit dem Fahrrad ist jeder unnütze Meter einer zuviel. Und die traditionell etablierte Fahrbahn als die sowieso beste aller Strecken gibt es garantiert schon irgendwo nebenan.

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