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Osnabrück Radverkehr

Westen statt Wege

Das Foto der Woche kommt aus dem Osnabrücker Stadtrat. Unter der Überschrift „Der Rat macht es vor: Sicherheitswesten für Fahrradfahrer und Fußgänger“ und dem Motto „Sicher unterwegs in Osnabrück“ rühren die Ratsmitglieder ordentlich die Trommel für Warnwesten. Weil sie auf den Rad- und Fußwegen Angst haben, für die sie selber verantwortlich sind? Weil sie es nicht schaffen (wollen), eine sichere Infrastruktur für Radfahrer und Fußgänger zu bauen, tragen sie jetzt alle Warnwesten? Weil Alibis günstiger sind (3 Euro) als Problemlösungen? Oder wie ist das zu verstehen? Eigentlich eine einzige Bankrotterklärung…

StadtratFoto: Elvira Parton via osnabrueck.de

22 Antworten auf „Westen statt Wege“

Wenn es zumindest die 1,5m Abstand Westen wären, würde ich sie auf dem Fahrrad wohl mal tragen…aber so, einfach nur peinlich (vom Rat!) und sehr, sehr traurig:(

Kennt man aus Münster. Gab es da jetzt 10 Jahre lang. Hat 7 Planstellen in der Verwaltung und 500.000/Jahr gekostet. Warnwesten wurden verteilt und ein bisschen Farbe gepinselt. Ergebnis: unverändert hohe Unfallzahlen. Fazit. Bringt also nichts.
Sicher-durch-Münster wird übrigens aller Voraussicht nach zum Jahresende eingestellt. Selbst Teile der Ordnungspartnerschaft wie die IHK haben zugegeben das es sinnvoller ist in Infrastruktur zu investieren.
Wieso macht Osnabrück jetzt den gleichen Fehler?

Elena: es ist völlig egal was du anhast, auf den Überholabstand wirkt sich das nicht aus. Es sei denn du hast ne Polizeijacke an.
https://rad-spannerei.de/2013/12/09/studie-zum-ueberholverhalten-von-autofahrern/

Die Studie kenne ich, aber keiner dort hat eine Weste mit dem Hinweis auf 1,5m Überholabstand getragen. Ich denke nicht, dass du Westen mit „please slow down“ etc. damit vergleichen kannst, denn so eine Angabe ist ähnlich wage wie „ausreichend Abstand“. 1,5m ist ja schon ein ziemlich konkreter Hinweis. ich gehe optimistischerweise immer noch davon aus, dass viele (nicht alle) Autofahrer durch Unwissenheit (und auch durch Druck durch andere Autofahrer hinter Ihnen!) knapp überholen und nicht absichtlich, um den Radfahrer zu ärgern…Mich würde die Alltagserfahrung mit so einer Weste mal interessieren, würde sie mir aber wahrscheinlich auch nur im Winter bei Dunkelheit überstreifen…

Als ob irgendjemand darauf achtet was auf deinem Rücken steht wenn er dich überholt. In Münster steht „sicher durch Münster“ drauf, mit nem tollen Piktogramm. Das interessiert keinen, kannst auch Hells Angels drauf schreiben oder so. Eine Fläche von vllt 30×40 cm auf der „1,50m Mindestüberholabstand“ nimmt keiner wahr. Und sowieso hinfällig wirds wenn du Rucksack/Tasche um hast.

meine Tasche liegt im Korb… ich denke n 1,50 Warnbanner am Radfahrer macht schon mehr Sinn als entsprechende Werbung an ner Bushaltestelle…

Ich trage so eine Weste und kann keinen nennenswerten Effekt feststellen. Trage sie aber weiter, damit man mich besser sieht. Fahre hauptsächlich Landstraße und musste mir schon die Spur mit Bussen teilen. Gerade Berufskraftfahrer sind oft der Meinung, dass es reicht, den Radfahrer nicht zu berühren.
Lesen wird das kaum jemand, aber sie leuchtet halt.

Warnwesten werden, wie das Wort schon sagt, getragen, um vor etwas Ungewöhnlichem oder Unvorhersehbarem zu *warnen*, also s.B. Arbeiter auf einer Straßenbaustelle oder Menschen an einem Unfallort.

Dass hier empfohlen wird, Radfahrer und Fußgänger sollten Warnwesten tragen, bedeutet doch, dass diese normalerweise nicht im Straßenverkehr vorkommen sollten und die anderen (bleiben eigentlich nur noch die Autofahrer) vor ihnen gewarnt werden müssen.

Neu ist für mich, dass auch Fußgänger diese Westen tragen sollen. Also im Prinzip sollen alle neon-farbend gekennzeichnet werden, damit die einzig wahren Verkehrsteilnehmer, also die Autofahrer, vor ihnen gewarnt werden.

Bisher habe ich die abgrundtief hässlichen Westen als Notwehr einiger Radfahrer gewertet. Dass sie jetzt von den für die Verkehrsentwicklung Verantwortlichen als Standard empfohlen werden, ist traurig. Neben der Helmempfehlung für viele ein weiterer Grund, der viele davon abhalten wird das Rad zu benutzen.

Habt Euch nicht so und seid vor allen nicht so eitel. Normal anziehen darf sich ja weiterhin, wer in seiner schwarzen Limousine sitzt. Der muss allerdings zwingend direkt vor der Tür parken können, sonst müsste er sich das Dings ja beim Aussteigen anziehen. So will man doch wohl nicht zum Geschäftstermin erscheinen, sonst kann man sich die Limousine ja auch sparen und gleich mit dem Rad kommen wie so Ihr unseriösen Kasper.

Das Wort „Autohelm“ ist übrigens unsachlich. Ein höheres Kopfverletzungsrisiko im Auto als auf dem Rad heißt ja noch lange nicht, dass sich jetzt jeder so eine Narrenkappe aufsetzen soll. Das können schön die Radelheinis machen. Aber keine Kopfhörer, reicht ja, wenn ich nichts höre in meiner fahrenden Plüschwohnwand.

Mann muss doch nicht alles übeerhöhen;
wer sich mit einer Weste sicherer fühlt, warum denn nicht?

Sind ja angeblich Verkaufsschlager in der Touristinfo, also noch ein bisschen Werbung. Vlt. nutzt der eine oder andere mit dem Neuen Sicherheitsgefühl ja gleich das Fahrrad; wer weiß?

Mann muss nicht alles negativ sehen.

LG+schönes Wochenende

Soll man da lachen oder weinen?
Erschreckend. Zum einen, dass sich in der Runde keiner geweigert hat dieses abgekartete Spiel mitzuspielen (vielleicht wurden die Personen aber auch des Saales verwiesen, als sie ihre Weste nicht überziehen wollten?).
Zum anderen, birgt sowas vielleicht die Gefahr des Gewöhnungseffekts bei Autofahrern, so dass die Nichtautofahrer, die keine Weste tragen bald gar nicht mehr wahrgenommen werden. Ganz nach dem Motto ‚der hatte keine Weste an, der ist doch selbst Schuld, dass ich ihn überfahren habe‘. Jedenfalls ein Musterbeispiel einseitigen Denkens und blinden Aktionismusses.

Ja. Das Phänomen ist auch als „Tribüneneffekt“ bekannt. Erst stehen Einzelne auf um besser sehen zu können, dann auch die dahinter sitzenden, die ja nun durch die Aufgestandenen noch schlechter sehen, usw.
Am Ende stehen alle, sehen dabei aber genau so schlecht wie zuvor beim bequemen Sitzen.
So sinnvoll Einzelmaßnahmen auch im Hinblick auf die Betrachtung der Einzelfälle erscheinen mögen, am Ende zementieren Helme, separierte Wege, Warnwesten und dergleichen nur die wachsende Vorherrschaft des Automobilismus.
Solange selbst die ‚Fahrradlobby‘ (Bundes ADFC) Sätze wie

„Autos verbieten ist Käse“

twittert, wird halt der Rest der Umwelt entsprechend an die weiter wachsende Automobilisierung angepasst werden, und die Lücke zwischen Realität und der wachsenden Radverkehr-„Förderungs“-Erfolgsmeldungs-Soße, wie sie von Grün bis CSU übers Land gegossen wird, wird immer größer.

Was machen wir bei zuviel (da sind sich rhetorisch ja alle einig) Autoverkehr? Radwege bauen und Warnwesten verteilen. Das beschleunigt zwar das Anwachsen des Autoverkehrs, aber dann werden wir dann in feinstem Greenwashing-Stil halt NOCH mehr Radwege bauen, NOCH mehr potthäßliche Warnwesten verteilen, und NOCH mehr für die potthäßlichen Radhelme werben, usw., usw.
Fuß- Rad- und ÖPV sind halt nicht „systemrelevant“.
Ein perfektes Eisbär-Ausrottungs-Programm.

Wieso können die RadlerInnen nicht selbst entscheiden, ob sie eine Weste tragen wollen oder nicht. Auf einer unbeleuchteten Autobahn eine KFZ-Panne beheben rechtfertigt eine gewisse Pflicht, aber ein Velo ist keine Panne.

Semmelschmarrn, sagt der Bayer.

Das ist einfach nur krank. Die sollen gefälligst ihre Arbeit richtig machen und nicht alle Menschen bashen, die sich nicht jeden Meter mit dem Auto fortbewegen wollen. Die Städte ersticken doch jetzt schon im Autoverkehr. Gewiss nicht an zu vielen Radfahrern und Fußgängern. Die höhere Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit eines jeden Verkehrsteilnehmers geht auch stets von Kraftfahrzeugen aus. Es wäre also, wenn man es mit Hirn betrachtet hätte, naheliegender gewesen, vorzuschlagen, alle Kraftfahrzeuge in Neongelb mit Reflektorstreifen zu lackieren. Das hätten diese Ratlosen dann schön mit ihren privaten Limousinen beispielgebend präsentieren können. Würden sie es dann zur Vorschrift im osnabrücker Innenstadtverkehr machen, würden sicher auch erheblich mehr Radfahrer freiwillig spontan auf das Rad umsteigen und schon könnte die Unfallstatistik erheblich sinken und die Menschen kämen schneller zur Arbeit, weil genug Platz wäre auf den Straßen. Armes Volk, von solch ratlosen Räten regiert zu werden.

Früher habe ich dieses Warnwesten auch als Aufgabe der eigenen Persönlichkeit und als Sieg der Autolobby gesehen. Seit mich vor ca. 3 Monaten (gegen 21.30) ein PKW auf einer Landstraße mit ca. 150 km/h und einem Abstand von max. 60 cm überholt hat, ziehe ich regelmäßig eine Warnweste an. An der Stelle gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/h. Zudem habe ich an meinem Lastenrad außen zusätzliche starke rote LED-Leuchten angebracht (ohne K-Nummer), Speichenreflektoren, zusätzlich weiße Reflektoren vorne und rote nach hinten. Ca. 70 % der Autofahrer macht nun einen deutlich größeren Bogen um mich. Bei den anderen 30 % hat sich keine Änderung ergeben – die fahren nach wie vor möglichst knapp und schnell vorbei.

Mein Eindruck ist eher, dass Radfahrer und Fußgänger mit Warnwesten besser als „leichte Beute“ erkannt werden um sie noch riskanter zu überholen und zu erschrecken. Es gibt halt eine Gruppe von Autofahrern, die Radfahrer und Fußgänger nur als Hindernis im Straßenverkehr ansehen. Da helfen Warnwesten überhaupt nichts – im Gegenteil.

Viel wichtiger ist ein gegenseitiger respektvoller Umgang miteinander.

Bei Verkehrsteilnehmern, die dieses nicht für notwendig erachten sollte die Rechtsprechung entsprechend wirksame Urteile vorsehen.
Leider habe ich oft den Eindruck, das entsprechende Verkehrdelikte von Autofahrern gegen Zweiradfahrer und Fußgänger als Kavalliersdelikt beurteilt werden.

Die Aktion des Stadtrates geht völlig in die falsche Richtung und dreht die Tatsachen einfach um.

Alternative Facts:
Mittels der Westen werden vielmehr die Zweiradfahrer und Fußgänger als weithin sichtbares Risiko für Autofahrer interpretiert/dargestellt, vor denen die Auto- und LKW-Fahrer geschützt werden müssen.

Im Prinzip hat der Osnabrücker Stadtrat damit vor der Rücksichtslosigkeit einiger weniger kapituliert und macht den Weg frei für einen wilden (Warn-) Westen der Osnabrücker Verkehrspolitik.

Freie Fahrt für freie Bürger sollte nicht nur für Auto- und LKW-Fahrer gelten, sondern auch für ZweiradfahrerInnen, FußgängerInnen, Müttern/Väter mit Kinderwagen, RollstuhlfahrenInnen!

Warnwesten ohne gegenseitige Rücksichtnahme bringen nichts!

Damit Osnbrück bleibt was es ist, eine schöne, freundliche und Warnwesten-freie Stadt.

Die Mitglieder des Osnabrücker Stradtrates sollten hingegen verpflichtet werden, die Warnwesten auf öffentlicher Straße zu tragen –
damit die Bürger vor ihnen und ihrer Politik gewarn(weste)t werden.

Sehe ich auch so.Nur bei diesem Sazt
„Freie Fahrt für freie Bürger sollte nicht nur für Auto- und LKW-Fahrer gelten, sondern auch für ZweiradfahrerInnen, FußgängerInnen, Müttern/Väter mit Kinderwagen, RollstuhlfahrenInnen!“

frage ich mich wo die Grundlage für die Argumentation ist.
Es gibt schliesslich einen fundamentalen Unterschied zwischen der Benutzung eines Verkehrsmittels, das das Klima verhunzt, zig-tausende Menschen durch Abgase hinrichtet und die Menschen durch Lärm um den Schlaf bringt.
Es sind bislang ca. 20 chronische und ggf. tödliche Krankheiten direkt auf den Autoverkehr zurückzuführen (bzw. wird durch diesen das Erkrankungsrisiko signifikant erhöht).
Die sogenannte freie Autofahrt ist ein Widerspruch in sich, da sie den anderen Menschen die Freiheit der gesundheitlichen Unversehrtheit nimmt.
Es gibt schließlich nicht nur die ‚Freiheit für‘, sondern auch die ‚Freiheit von‘ (Mord, Raub, Zigarettenrauch, Vergewaltigung, …, und eben auch von Autoabgasen und Autolärm).
Im Gegensatz zu Rad/Fuß/Rollstuhl stellt die Praxis des Autofahrens einen erheblichen Verstoß gegen fundamentale Menschenrechte dar.

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