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Tempo 30 – Modellversuche in Niedersachsen

Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen hat heute zusammen mit der SPD die Ausweitung von Mobilitätskonzepten mit dem Kern der Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 auch auf innerörtliche Hauptverkehrsstraßen in Niedersachsen beschlossen.

Tempo 30Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen hat heute zusammen mit der SPD die Ausweitung von Mobilitätskonzepten mit dem Kern der Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 auch auf innerörtliche Hauptverkehrsstraßen in Niedersachsen beschlossen. Mit ihrem Antrag „CO2-Reduktion, weniger Lärm und Vision Zero mit Tempo 30 – Modellversuche ermöglichen“ fordern die Grünen die Landesregierung auf, zusammen mit interessierten Kommunen Modellversuche durchzuführen.

„Unser Antrag versetzt Kommunen und die betroffenen Menschen vor Ort in die Lage, auf Lärm, Schmutz und Gefahren durch den Verkehr auf Durchgangsstraßen selbst Einfluss zu nehmen“, erklärt Filiz Polat, Landtagsabgeordnete aus Bramsche. Zwar begrüßten die Grünen die im Oktober vorgesehene Änderung der Straßenverkehrsordnung im Bund zu Tempo 30, wonach das Tempolimit vor bestimmten Einrichtungen angeordnet werden kann. Doch reiche dieser Schritt in die richtige Richtung aber bei weitem nicht aus, so Polat weiter. „Auf ihrem Weg zum Kindergarten, in die Schule oder zum Bus bleiben Kinder und Jugendliche weiterhin den Gefahren durch den Verkehr auf einer Durchgangsstraße ausgesetzt.“

Konkret wird die Landesregierung aufgefordert,

  1. niedersachsenweit im Rahmen eines Tempo-30-Modellversuchs verschiedene Projekte in verschiedenen Kommunen und/oder Landkreisen auch an innerörtlichen Bundes- und Landesstraßen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen und erforderlichenfalls Ausnahmen gemäß § 46 StVO zu ermöglichen,
  2. einen Runden Tisch Tempo 30 einzurichten, der die Modellversuche begleitet, wissenschaftliche Expertise einholt, Ergebnisse auswertet und weitere Handlungsschritte entwickelt,
  3. sich dafür einzusetzen, dass der aktuelle Verordnungserlass zur Verbesserung der Verkehrssicherheit vor Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtungen zur entsprechenden Änderung der StVO führt,
  4. sich dafür einzusetzen, dass der Bund die Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Rl-StV) überarbeitet, um die Lärmschutzaspekte besser zu berücksichtigen einschließlich der Absenkung der derzeit geltenden Richtwerte, damit eine erleichterte Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen möglich wird,
  5. sich dafür einzusetzen, dass der Bund die Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen innerhalb geschlossener Ortschaften auf Tempo 30 km/h auf Strecken mit einer hohen Fußgänger- und/oder Radverkehrsdichte erleichtert,
  6. zu prüfen, welche Fördermittel auf EU-, Bundes- und Landesebene in welcher Höhe als Kofinanzierung für Modellstädte zur Verfügung gestellt werden können.

Geschwindigkeitsreduzierungen innerorts bieten eine Reihe von Vorteilen: Ein gleichmäßiger Fahrverlauf reduziert Verkehrslärm und erhöht die Luftqualität. Die Verkehrssicherheit wird verbessert. Insgesamt nehmen die Lebens- und Aufenthaltsqualität sowie das verträgliche Miteinander der verschiedenen Straßennutzer zu. Gleichzeitig ergeben Studien, dass sich Reise- und Fahrtzeiten nur geringfügig verlängern.

Punkt 5 zielt explizit auf den Radverkehr ab. Bislang wird Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen in der Regel abgelehnt – oft unter Verweis auf die Rechtslage. Doch, so der Antrag: „Bis zu 80 % der Verkehrsunfälle innerhalb von Ortschaften, an denen Personen, meist Fußgänger oder Radfahrer, zu Schaden kommen, ereignen sich auf Hauptverkehrsstraßen (HVS). Daher besteht hier ein erhöhter Handlungsdruck. Während sich Tempo 30 als Zonenlösung abseits von HVS bewährt hat und mittlerweile selbstverständlich eingesetzt wird, hat die Diskussion um Tempo 30 auf HVS mit Wohnraumnutzung in den Städten erst begonnen. Einige urbane Vorreiter testen T30 auf HVS schon in der Praxis und haben positive Erfahrungen machen können (z. B. Berlin, Rostock, Celle).“

In Osnabrück würde sich die Lotter Straße für einen Modellversuch anbieten. Hier gibt es keine Radwege, was Radfahrer dazu verleitet, auf den Gehwegen zu fahren. Bei Tempo 30 könnten sie bequem auf der Fahrbahn fahren. Aktuell will man sich mit Sharrows behelfen.

Bislang unterliegt die Regelung einer geradezu perversen Logik: Eine Tempo-30-Zone darf erst ausgewiesen werden, wenn der Bereich als Unfallschwerpunkt gilt. SZ

Unterstützung für Tempo 30 gibt es auch vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB), der ein generelles Tempo 30 innerhalb geschlossener Ortschaften zwar ablehnt. Die punktuelle Anordnung von Tempo 30 sei hingegen sinnvoll, „sollte aber nach dem Grundsatz der Subsidiarität vor Ort und nicht auf Bundesebene entschieden werden. Deshalb wäre eine Regelung, die es den Städten und Gemeinden erlaubt, in eigener Verantwortung die Tempo-30-Zonen einzurichten, richtig.“

Und der Geschäftsführer des DStGB, Gerd Landsberg, hat die Zeichen der Zeit ohnehin schon erkannt. Die Autostadt ist seiner Meinung nach tot. Zeit also, die Geschwindigkeiten wieder dem Menschen anzupassen.



Ich denke trotzdem, dass man Tempo 30 innerorts als Regelgeschwindigkeit einführen kann. Ausnahmen auf Hauptverkehrsstraßen wären dann immer noch möglich. Insbesondere auf solchen, die von guten Radwegen begleitet werden und wo es demnach nicht zu Konflikten zwischen Autos und Fahrrädern auf der Fahrbahn kommen kann. Modellversuche sind hier aber ein Anfang. Die Landesregierung wird in den kommenden Monaten ein Konzept entwickeln. Die Grünen rechnen damit, dass sich Anfang 2017 interessierte Kommunen um ihre Teilnahme an dem Tempo-30-Versuch bewerben können. Und ich würde fast wetten, dass diese Modellversuche positive Folgen für alle Beteiligten haben werden – Verkehrsteilnehmer und Anwohner.

Update 1. Februar 2017

Pressemitteilung des Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Tempo 30: Weniger Lärm, bessere Luft und mehr Verkehrssicherheit?

Um die Eckpunkte für das Modellprojekt Tempo 30 in Niedersachsen festzulegen, hat sich jetzt ein 25-köpfiger Expertenkreis zum ersten Runden Tisch ‚Modellprojekt Tempo 30′ im Verkehrsministerium in Hannover getroffen. Unter der Federführung von Staatssekretärin Daniela Behrens verständigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihrem Treffen darauf, die Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen innerorts möglichst umfassend zu evaluieren. Dazu gehören vor allem Aspekte der Luftreinhaltung, des Lärmschutzes und der Verkehrssicherheit für den Fuß-, Rad- und Autoverkehr. Darüber hinaus sollen verkehrliche Belange wie beispielsweise Verkehrsfluss, Auswirkungen auf den öffentlichen Personennahverkehr und mögliche Verkehrsverlagerungen betrachtet werden. Weitere Einzelheiten sollen am 9. Februar 2017 erörtert und festgelegt werden.

Staatssekretärin Daniela Behrens: „Die Forderung des Landes, leichter Tempo 30 vor Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtungen zu ermöglichen, hat der Bund auf Initiative auch aus Niedersachsen bereits umgesetzt. Im Dezember 2016 wurde die Straßenverkehrsordnung entsprechend überarbeitet und geändert. Das ist gut so und sorgt für mehr Verkehrssicherheit. Nun sollen im Rahmen eines mehrjährigen Modellversuchs auch die Auswirkungen von Tempo 30 im innerstädtischen Bereich erprobt und evaluiert werden. Letztendlich wollen wir Anhaltspunkte dafür bekommen, wo und wie die Errichtung von Tempo 30 besonders effektiv und sinnvoll ist.“

Grundlage für die Arbeit des Runden Tisches ist die Landtagsentschließung vom 18.08.2016 auf der Grundlage eines Antrags der Regierungsfraktionen „CO2-Reduktion, weniger Lärm und Vision Zero mit Tempo 30 – Modellversuche ermöglichen“. Darin wird die Landesregierung gebeten, einen Tempo-30-Modellversuch zu realisieren. Schon jetzt sei das Interesse der Kommunen und Landkreise groß, an dem Modellversuch teilzunehmen, sagte Behrens.

An dem Runden Tisch nahmen Vertreterinnen und Vertreter der vier Landtagsfraktionen, des Umwelt- und Innenministeriums, der Polizei, des Niedersächsischen Städtetages, des Niedersächsischen Städte und Gemeindebundes, des Deutschen Verkehrssicherheitsrates, der Landesverkehrswacht Niedersachsen e.V., des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim, der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e.V., des ADAC Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, des Automobilclubs von Deutschland, des Auto Clubs Europa Region Nord, des Verkehrsclubs Deutschland e.V., des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V., der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen Niedersachsen/Bremen e.V., des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. und des ADFC Niedersachsen teil.

13. Februar 2017

Eckpunkte für ‚Modellprojekt Tempo 30‘ in Niedersachsen festgelegt

Mit dem Antrag „CO2-Reduktion, weniger Lärm und Vision Zero mit Tempo 30 – Modellversuche ermöglichen“ hatte die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen zusammen mit der SPD bereits im vergangenen August die Ausweitung von Mobilitätskonzepten mit dem Kern der Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 auch auf innerörtliche Hauptverkehrsstraßen in Niedersachsen beschlossen. Hier mehr zu dem Antrag. Weiterlesen…

Update 3. April 2017

Die Braunschweiger Zeitung berichtet (€) am 29. März, dass das SPD-geführte Verkehrsministerium die Umsetzung des Antrages verschleppe. In einem Brief an die Mitglieder des Runden Tisches werde darüber informiert, „dass sich krankheitsbedingt die Fortführung des Modellprojektes auf unbestimmte Zeit verzögern wird“. Insgesamt soll das niedersächsische Verkehrsministerium von dem Modellprojekt nicht begeistert sein. Somit sieht es für das Modellprojekt nicht gut aus. Wird im Januar 2018 eine neue Landesregierung gewählt, ohne Beteiligung der Grünen, hat das Modellprojekt vermutlich keine Zukunft.

8 Antworten auf „Tempo 30 – Modellversuche in Niedersachsen“

Schau mal an der Iburgerstraße zwischen Spichernstraße und Wall; Stadteinwärts steht da seit kurzem ein Schild „Tempo 30 Lärmschutz“

LG

find ich Grundsätzlich ne gute Sache, ich hab aber mal gehört, dass sich da eventuell bis jetzt gebündelte Verkehrsströme (auf Hauptverkehrsachsen etc.) wieder zerfasern könnten und vermehrt durch Wohngebiete rollen können, wenn der Zeitliche Vorteil durch die Hauptverkehrsstraße genommen wird. Wenn man das wirklich gut zuende denkt kann das aber sicher funktionieren

@Julio: Der zeitliche Vorteil auf Hauptverkehrsstraßen entsteht im Wesentlichen nicht durch die höhere Maximalgeschwindigkeit, sondern durch die Vorfahrts- und Ampelregelungen an den Knotenpunkten. Wer nicht an jeder Kreuzung abbremsen muss, um Rechts-vor-Links zu beachten, kann natürlich zügiger vorankommen. Deswegen glaube ich nicht daran, dass durch T30 die Bündelungswirkung von Hauptverkehrsstraßen verloren geht.

Ich fahr mehr als 30.000 km pro Jahr, und oft auch durch diverse Städte. Als Ortskundiger möchte man „vielleicht“ zügiger unterwegs sein, aber 30kmh ist ein wunderbares und entspanntes fahren.

30kmh würde für mich in fremden Städten eine gute Möglichkeit sein mich etwas ruhiger zu orientieren.

Außerdem wäre es angenehmer eine durchgängige Geschwindigkeit zu haben. 50 – 30 – 60 – 30 nervt ungemein.

Juckt mich wenig, für mich hat sich Richtgeschwindigkeit 70 innerorts bewährt und dabei bleibts ;)
Blitzerapp und Radarwarner natürlich immer mit dabei

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