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Osnabrück Radverkehr

Sharrows in Osnabrück

Weil die Lotter Straße in Osnabrück zu schmal für Radfahrstreifen oder gar Radwege ist, werden in Kürze Sharrows auf die Fahrbahn aufgetragen. Die Planung sieht die Markierung von ca. 26 Fahrradpiktogrammen mit einer Breite von einem Meter in beiden Fahrtrichtungen vor. So soll verdeutlicht werden, dass Radfahrer hier gleichberechtigt auf der Fahrbahn fahren sollen/dürfen. Man beruft sich auf einen erfolgreichen Test aus Wien.

Schon seit Längerem wurde darüber nachgedacht, was man hier für den Radverkehr machen kann, der sich zunehmend auf die Gehwege zurückgezogen und dort vermehrt Unfälle verursacht hatte. Mitunter wurde auf die parallel verlaufende Fahrradstraße verwiesen, die man statt der Lotter Straße nutzen könne. Nützt natürlich nichts, wenn man zu einem der vielen Geschäfte in der Lotter Straße möchte. Angedacht war dann ein einseitiger Schutzstreifen stadteinwärts. Hilft, wenn überhaupt, auch nur Radfahrern, die in dieser Richtung unterwegs sind.

Wo kein Platz für Radwege ist, muss man sich etwas einfallen lassen…

Jetzt also Sharrows. Viele werden sagen, dass Farbe nichts bringen wird. Ganz falsch liegen sie damit nicht. Aber wenn nun mal kein Platz für eigene Wege da ist, muss man sich etwas überlegen. Von mir aus hätten die Sharrows noch ein bisschen größer sein können und etwas mittiger auf der Fahrbahn. Ein entscheidender Faktor ist natürlich auch die Geschwindigkeit des motorisierten Verkehrs. Da die Lotter Straße eine Landesstraße ist, kann die Stadt nicht einfach Tempo 30 anordnen. Das würde ein Miteinander sicher deutlich entspannter machen.

So bleibt erstmal zu hoffen, dass sich Radfahrer ermutigt fühlen, sich ihren Platz auf der Straße zu nehmen. Und Autofahrern signalisieren die Sharrows hoffentlich, dass es nicht ihre Straße ist, die sie da befahren. Und ganz ehrlich: 700 Meter hinter einem Radfahrer hinterher zu fahren, wird man schon überleben. Ob die Sharrows den gewünschten Erfolg bringen, soll eine Evaluierung zeigen.


Vorher-Nachher-Fotomontage




Aus der Ausschussvorlage der Stadt:

Die Planung sieht die Markierung von Fahrradpiktogrammen mit einer Breite von einem Meter zwischen Am Kirchenkamp und der Bergstraße in beiden Fahrtrichtungen vor. Hierzu muss die vorhandene Mittellinie demarkiert werden. Insgesamt werden pro Richtung ca. 26 Piktogramme aufgetragen. Markierungen in den Einmündungsbereichen wurden jeweils in die Mitte dieser gelegt, um auch die aus den Nebenrichtungen kommenden Fahrzeuge auf den Radverkehr hinzuweisen.

Um keine Komforteinbußen für den Radverkehr zu schaffen, erfolgt die Markierung nicht mit Hartplastik, sondern mit Farbe. Es wird die Gefahr gesehen, dass die Pfeile, die in den Vereinigten Staaten und in Wien Bestandteile der Piktogramme waren, als Anzeiger der vorgegebenen Fahrtrichtung wahrgenommen werden. Damit wäre eine Fahrtrichtung (geradeaus) vorgegeben. Daher soll nur das Radlogo, ohne Pfeil, markiert werden.

Ein Vergleich der aktuellen Verhältnisse mit einer Fotomontage der künftigen Situation ist in Anlage 1 dargestellt. Die Auswirkungen der Markierungen sollen evaluiert werden. Der Aufwand der Evaluierung soll dabei grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zur Maßnahme stehen.

Bilder: Stadt Osnabrück

55 Antworten auf „Sharrows in Osnabrück“

Hört sich richtig gut an! Und nein, ich benutze die Lotter Straße nicht nur zum Einkaufen, sondern auch, wenn es einfach nur kürzer ist. So wie Autos halt auch. Hoffentlich hört dann irgendwann das Gehupe von einigen Autofahren auf, die einen erziehen wollen, dass man bitte woanders langfahren soll und nicht den Autoverkehr stören darf.

In Bamberg haben wir in der Langen Straße seit einiger Zeit (provisorisch, eine Neugestaltung der Straße steht aktuell an) Fahrradpiktogramme, die deutlich zu nah am Bordstein aufgemalt wurden und dem Autofahrer suggerieren, dass Radfahrer dicht am Bordstein kleben sollen, damit Autofahrer sich gerade noch an einer kniffligen Engstelle an ihnen vorbeizwängen können. Sie sind auch zu klein, was m.E. unbewusst signalisiert, dass Radverkehr nicht wichtig ist. Der Wiener Erfolg beruht auf eine völlige andere Grundlage, die dortigen Piktogramme sind tatsächlich so gemalt, dass sie einen sinnvollen Kurs für die Radfahrer vorgeben.

Ob mit oder ohne Pfeile ist eher unwichtig, finde ich, aber 80 cm zwischen Bordstein und Piktogramm sollten m.E. schon gegeben sein, und große Piktogramme sind besser als kleine.

Der Unterschied zwischen guten und schlechten Piktogramme ist m.E. sehr gut vergleichbar mit dem Unterschied zwischen „Share the road“-Schilder und „Bikes may use full lane“-Schilder. Die Zielsetzung ist in beiden Fällen recht ähnlich, aber die Auswirkungen sind unterschiedlich. Bei „Share the road“ denkt der Autofahrer: der Radfahrer soll doch nett sein und Platz für mich machen, es steht ja auf dem Schild. Beim „Bikes may use full lane“ ist zumindest die Aussage klar: Radfahrer dürfen sich den Platz nehmen, den sie brauchen. Ob ihnen der Platz tatsächlich von den anderen Verkehrsteilnehmern dann zugestanden wird, ist dann eine andere Frage…

Also es ist doch schon ein Paradoxon, dass überhaupt drauf hingewiesen werden muss, dass Radverkehr stattfindet. Toll Osnabrück.

Herzliche Grüße aus Haarlem :)

‚Strong and fearless‘ haben jetzt Planungshoheit in OS?

Solch eine Planung passt doch definitiv nicht mehr in die heutige Zeit.
Längst ist klar, dass Radverkehr ausschliesslich auf separierter Infrastruktur fahren kann.
Wege, die nicht von 11-jährigen Kindern und 80-jährigen womöglich blinden Großmüttern benutzt werden können sind ‚von Gestern‘ und entstammen den Phantasien von ’strong and fearless‘ – Planern, die im Auftrag der Autolobby unsere Kinder zwingen wollen mitten zwischen die LKW zu fahren.

Zudem ist es skandalös, dass die eiserne Regel, nach der das „Radverkehrsnetz“ eine mindestens 3 Kategorien schlechtere Oberfläche braucht, als das allgemeine Verkehrsnetz (neuerdings ja zunehmend allgemeines „Autoverkehrsnetz“), hier ostentativ und mutwillig verletzt wurde!

Wären wenigstens die Hartplastikelemente aufgebracht worden, die dem Radfahrenden klar und eindeutig durch Schläge in die Gelenke signalisieren, dass sie sich auf einer für sie angelegten „Radverkehrsfläche“ befinden, dann könnte man ja noch drüber reden.
Aber wo führt das hin, wenn glatter Autoasphalt immer noch für Fahrräder freigegeben wird, wo doch längst international klar ist, dass die subjektiven Sicherheitsgefühle weit wichtiger sind als schnöde Praktikabilitätserwägungen?

@Daniel
„Und ganz ehrlich: 700 Meter hinter einem Radfahrer hinterher zu fahren, wird man schon überleben.“

Das ist aber jetzt ziemlich ‚old-school‘.

Seit empirisch belegt ist, dass separierter Radverkehr selbst bei Auto-Spuren-Reduktion den MIV relevant beschleunigt, werden weltweit Radfahrende als „Verkehrshindernisse auf der Fahrbahn“ immer weniger von den erfolgreichen Radverkehrs-freundlich-Planenden-Agenturen toleriert.
Schliesslich müssen wir auch an das Wohl der Kinder denken. Und der Großmütter.
Der Trend weist doch ganz eindeutig in Richtung „Fahrradfreundlichkeit“: Radfahrende auf der Fahrbahn allenfalls noch da, wo sie den Autoverkehr nicht unnötig in Kapazität und/oder Reisezeit einschränken können, wo es also mithin subjektiv sicher ist.

Ansonsten: „Aufsteigen“ und rauf auf’s expandierende Fahrradfreundliche „Radverkehrsnetz“, das uns immerhin die Vorteile von Fahrsicherheitstraining auf Wurzelwegen, Verbesserung der Orientierungsfähigkeit durch Verwendung gut versteckter nicht reflektierender Mini-Wegweiser-Attrappen, Konditionsverbesserung durch Umwegigkeit und Charakterstärkung im aufgezwungenen Linksverkehr durch das Fahren ins ’schwarze Loch‘ bei blendenden Autoscheinwerfern bringt.

Die Mehrheit nimmt das schliesslich gerne an, aus ökologischen Gründen, und auch um solidarisch mitzuhelfen den Autoverkehr angemessen zu beschleunigen. Schliesslich sind wir ja fast alle auch AutofahrerInnen. Miteinander statt Gegeneinander lautet die neue Devise!

In fast allen Details scheint diese Osnabrücker Massnahme tatsächlich etwas aus der Zeit gefallen zu sein.
Zahlreiche Kritikpunkte sind doch offensichtlich:

– Glatter Asphalt statt radverkehrstaugliche Klinker oder radverkehrstaugliche Wurzelaufbrüche. Und wenn schon glatte Oberfläche gewählt wird, dann doch zumindest in Form von protected-bikelanes, bei denen immerhin empirisch belegt ist, dass sie den Autoverkehr signifikant beschleunigen.
– es ist bei der vorliegenden Planung keinesfalls gewährleistet, dass der Autoverkehr angemessen umweltgerecht verflüssigt wird – im Gegenteil es ist anzunehmen, dass gar das Gegenteil eintritt, wie die Wiener ‚Sharrow-Studie‘ ja recht eindeutig nahelegt. Dabei ist längst klar, dass nur der gut fliessende Autoverkehr umweltgerecht ist. Irgendwann werden das auch die VC’s mal einsehen müssen. Man wird zwar 700 Meter Langsamverkehr überleben, aber das produziert doch nur zusätzlichen Lärm und Feinstaub.
– Es wird (aus Kostengründen???)kein „Fahrradfreundlicher“ Umweg durchs ‚Grüne‘ angelegt
– Niemand scheint ernsthaft die Frage gestellt zu haben, ob man hier sein elfjähriges Kind fahren lassen würde, oder die viel zu oft vernachlässigte 80- jährige Großmutter, um das nochmal zu betonen. Das kann man ja gar nicht oft genug schreiben.

In der Osnabrücker Verkehrsplanung scheinen wohl neuerdings tatsächlich mittelalte sportliche Männer aus der Fraktion ’strong and fearless‘ zu sitzen, die unsere Kinder brutal auf die Strasse zwischen die LKW zwingen wollen?

Insgesamt ein klarer Rückschritt vor die Zeitenwende von 2012, als klar wurde, dass mit ‚protected bikelanes‘ nicht nur für das Wohl der Radfahrenden gesorgt werden kann, sondern auch die Erreichbarkeitsradien des Autoverkehrs angemessen wachsen können. Schliesslich brauchen unsere wachsenden Metropolen auch einen angemessenen Speckgürtel mit der notwendigen automobilen Anschlussfähigkeit.
Merke: schon 1% Radfahranteil auf den Fahrbahnen führt zu deutlicher Umweltbelastung durch stockenden oder stauenden Auto-Verkehr.
Von den Großmüttern mal ganz zu schweigen.
Und den Kindern.
http://kurier.at/chronik/wien/zehnjaehriges-maedchen-bei-verkehrsunfall-in-wien-gestorben/200.393.081

Ja.
Ich finde die Massnahme angemessen, auch wenn es sich nicht in den gegenwärtig recht aggressiven und dominierenden Roll-Back-Diskurs von „Fahrradfahren geht nur mit separatem Radweg“ einpasst, zumal bei dieser Massnahme die Großmutter vermutlich weit sicherer unterwegs ist, als sie es auf einem dort angelegten separaten Radweg wäre.

Sorry, aber bist du schomal auf der Lotter Straße Rad gefahren? Du kannst nicht ernsthaft behaupten, dass 20 cm Überholabstand wie dort täglich der Fall nur das subjektive Unsicherheitsgefühl sind… Es mag sein, dass Radfahrer sich an Kreuzungen auf Radwegen sicherer vorkommen als sie es sind; auf langer Strecke ist das aber nicht der Fall. Das sagen ja selbst die meisten Fahrbahnverfechter, dass auf Strecken ein Radweg sicherer ist als die Fahrbahn. Nun, worum geht es denn bei der Lotter Straße? Ehrlich gesagt, abbiegen sehe ich da selten jemanden; auch Gebäudezufahrten gibt es kaum welche. Die Autos fahren meist die gesamte Straße zwischen Wall und über Rheiner Landstr. weiter bis Mindestens Mozartstr / Klinikum / Ikea / Autobahn. Das Argument, dass Omi sicherer ist, wenn sie auf der Straße fährt als auf einem separaten Radweg an dieser Stelle hapert daher… Allein, wenn es den Autofahrern an dieser Stelle unmöglich gemacht wird zu überholen (siehe unten) mag das Radfahren so sicherer sein als auf einem separaten Radweg. Und einen holprigen hinter Bäumen und parkenden Autos hergeführten Radweg wird es wohl allein aufgund der Straßenbreite nicht geben.

Und auch interessant: Von 2008 bis 2015 starben sieben Radfahrer in Berlin durch zu geringen seitlichen Abstand. Zuletzt waren zwei ältere Frauen so ums Leben gekommen. Deutlich mehr, nämlich 25, waren es durch Rechtsabbieger Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/radverkehr-in-berlin-das-fahrrad-wird-in-berlin-zum-lebensrisiko/13425434.html
Sicherlich weniger Unfälle als beim Rechtsabbiegen, aber auch nicht gerade wenig…

Und auch aktuell: http://www.nordkurier.de/neubrandenburg/radfahrer-bei-unfall-verletzt-0521739504.html

Ja. Ich bin da schon gefahren, wenn auch selten, da ich in MS wohne und nur ein paar Mal im Jahr in OS bin (oder durchfahre).

WO ??? habe ich denn behauptet, dass 20cm Abstand NUR subjektive Unsicherheit erzeugt?
Nach meinen Erfahrungen sind aber die ‚gefühlten‘ 20cm doch meist (leider nicht immer) ca. 50cm, was aber auf jeden Fall auch ätzend ist!
Mein pragmatisches Gegenmittel: deutlich weiter mittig fahren und bei ‚Hupen‘ freundlich zurückwinken.
Das Engüberholen ist meist aktiv-aggressiver Revierkampf um die schnelle und komfortable Fahrbahn und vermiest einem das Radfahren, da stimme ich Dir völlig zu.

Ebenso stimme ich zu , dass Längsüberholunfälle (wenn auch selten) tatsächlich vorkommen.
Auch beim Eisessen an der Eisdiele kommt es allerdings vor, dass Menschen in den Gastronomiebereich brettern und arglose Eisesser mit ihrem Auto töten.
Eisessen ist aber trotzdem nicht übermässig gefährlich.

Ich denke zudem, dass Du hier vielleicht von falschen Voraussetzungen bei der Beurteilung von Gefahren bei älteren Mitbürgern ausgehst?
Den ‚fitten‘ Fahrern und Fahrerinnen ist es sicherlich möglich jederzeit den dringend notwendigen Schulterblick auf Radwegen zu machen, wenn von hinten ein Auto rechts abzubiegen droht und in die eigene Geradeausfahrt hereinfahren könnte.
Das ist für die allermeisten Ü-75 jährigen nicht mehr möglich, womit gerade die Radwegebenutzung zum russisch-Poulette für die Älteren wird. Auch das Gehör liefert in diesem Alter i.a.R. keine Informationen über Vorhandensein und Lokalisation von Autogeräuschen.
Insbesondere für Ältere sind Radwege gefährlich. Auf Fahrbahnen stellt sich für Ältere aus gleichem Grund das Problem des direkten Linksabbiegens.
Für jüngere und fitte ist das i.d.R. eine sichere und gute Möglichkeit sich mit dem Rad zügig zu bewegen, für Ältere ist zwingend eine Mögichkeit indirekten Linksabbiegens vorzusehen, was zugegebenermassen bei Fahrbahnführung nicht ganz einfach ist.

Wenn ich die von mir verfolgten Unfallberichte (Münsterland) Revue passieren lasse lauern gerade auch im Längsverkehr erhebliche Gefahren für Ältere. Nicht prinzipiell bei beidseitiger Führung mit qualitativ guten Wegen (gibt es nicht), aber sehr wohl durch die allgegenwärtigen real-exitierenden Radwege (auch bei ERA-Standard).
Fast immer sind diese auf Überland-Streckenabschnitten (wo ja i.d.R. wenig Kreuzungen/Einmündungen sind) einseitig geführt, weswegen alle Nase lang zusätzliche Querungen stattfinden. Genau dort aber passieren dann sie schweren und tödlichen Unfälle. Kinder und Ältere sind schlicht nicht in der Lage höhere Geschwindigkeiten von Autos/Motorrädern richtig einzuschätzen.
Ferner können sie fahrtechnisch nicht mehr sicher mit schlechten Untergründen umgehen, welche sich ja nicht auf der Fahrbahn, sondern just auf Radwegen befinden. Das zählt dann natürlich nicht als Radwegeunfall, sondern als Kategorie selbstverschuldeter ‚Alleinunfall‘.

Kollisionen mit dem Rad-Gegenverkehr auf 1,60 bis 2 Meter schmalen Zwei-Richtungswegen sind auch nicht gerade selten und bedeuten gerade für betagte Menschen oftmals im Nachgang Invalidität.
Dass Separation – entgegen der Propaganda von „Fahrrad braucht Radweg“ gerade für Ältere nicht sicher ist zeigen auch die recht hohen Senioren-Todesanteile in den NL.
Aber zugegeben: selbst im Fahrbahnverkehr dürfte diese Gruppe höhere Unfallqqouten aufweisen als die ‚fitten‘.
Falls Du nun denkst ich sei pauschal gegen die Anlage von Radwegen, liegst Du übrigens grundfalsch. Mittlerweile werden halt Alle, die sich noch trauen gegen das dogmatische „Fahrrad braucht Radweg“ auch nur in Einzelfällen zu argumentieren ja gern direkt in die Kindermörder-Ecke geeschoben, und Ihnen wird unterstellt: „die wollen uns die Radwege wegnehmen“.

Deinen Vorschlag zu Abstandskampagnen finde ich gut, Du solltest aber vielleicht aufpassen nicht plötzlich selbst zur Fraktion der bosen VC-Sekte zu gehören, da ja auf den guten, also separierten Wegen das Problem gar nicht vorhanden sei, und Abstandskampagnen nur suggerieren würden, dass auch das Fahren auf der Fahrbahn möglich sei.

Was die Unfälle angeht: da könnten wir uns gegenseitig Pressemeldungen mit Einzelfällen um die Ohren hauen (ich habe ja mal exemplarisch/satirisch einen solchen Bericht oben verlinkt). Sinn macht das natürlich nicht wirklich.
Eher schon akribische Zusammenstellungen der Gesamtlage:
http://grossmutter.wix.com/unfaelle-de-ab-2013
(speziell zu Längsverkehrsunfällen)

oder detaillierte Auswertung der örtlichen Unfall-Statistik, wo ja nochmal viele je konkrete örtliche Besonderheiten zutage treten.

Eines sollte aber bei allen Kontroversen nicht vergessen werden:
Die Quelle des Problem ist grundsätzlich NICHT die Führung des Radverkehrs, sondern problemursächlich ist stets der nicht menschengerechte und völlig aus dem Ruder gelaufene Autoverkehr.
Solange diese historisch bedingte Fehlentwicklung nicht rückabgewickelt wird (wie die Flussbett-betonierungen seinerzeit, u.ä.) wird Radverkehrsführung immer ein fauler Kompromiss bleiben müssen.
Auch die ‚duale Infrastruktur‘, welche ich für den bei weitem besten Kompromiss halte, weil sie den unterschiedlichen Rad-Gruppen gerecht wird und auch zügigen Radverkehr erlaubt, ist (s. Lotter Strasse) nicht überall möglich, es sei denn, der Auto-status-Quo wird in Frage gestellt.

Die genannten/möglichen Ursachen-bezogenen Lösungen (Einbahnstrasse für MIV, Autosperrung, T30, etc) werden leider oft mittels realpolitischer ‚Schere im Kopf‘ aus dem Rennen genommen.

Realistisch?
Sicherlich.

Sachlich vertretbar?
M.E. nein.

Viel zu oft wird nach dem Motto: ‚Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass‘ zurückgeschreckt, wenn es ‚eigentlich‘ notwendig wäre der heiligen Kuh der MIV-Kapazität einen kräftigen Tritt in den A***** zu verpassen.
Aber gut, wer sich tapfer in diversen Gremien für umweltgerechte Verbesserung der Verkehrssituation einsetzt merkt schnell, dass man mit der Position „weniger MIV“ nicht anschlussfühig an die ‚Mitte’ist und schnell am Katzentisch verhungert bzw. als Querulant/Spinner abgetan wird.
Da ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Das „Nicht genug Platz“-Argument bedeutet bei genauerer Betrachtung „Nicht genug Platz, wenn dem KFZ-Verkehr nichts weggenommen wird“. Theoretisch könnte man den Parkstreifen entfernen und die KFZ-Fahrbahn zu einer Einbahnstraße abändern und schon wäre genug Platz für ordentliche Radwege. Möglicherweise ist dies nicht durchsetzbar, aber „Nicht genug Platz“ stimmt einfach nicht. (Sollte ich hier übrigens etwas schreiben, dass der Situation vor Ort nicht gerecht wird, bitte ich um Berichtigung.)

Wenn Sharrows, dann aber, wie Du selber schon schriebst, nicht am Rand, sondern mittiger, und nicht so klein wie in der Fotomontage, sondern größer.

Gut, dass ich meinen Hinweis hinschrieb, dass ich über die Situation vor Ort nichts wusste. :) Bei einer Landesstraße ist das eher nicht durchsetzbar, da stimme ich zu. Fahren dort eigentlich auch LKWs und/oder Busse? Was ist die Geschwindigkeitsbegrenzung?

So oder so könnte man möglicherweise den Parkstreifen entfernen und dafür einen nicht benutzungspflichtigen Radweg auf beiden Fahrbahnseiten errichten. Deren Breite betrüge dann jeweils leider nur ca. einen Meter, aber für Zehnjährige, Senioren und unsichere Radelnde würde das wahrscheinlich reichen. Für sportlichere Radelnde könnte man zusätzlich die Sharrows auf die Fahrbahn malen. Wäre das eine mögliche Lösung?

Tempo 30 auf einer Landesstraße leider auch nicht leicht durchsetzbar. Müsste als wissenschaftlich begleitetes Projekt mit dem nds. Verkehrsministerium durchgeführt werden.

Der Parkstreifen zieht sich nicht durch die ganze Straße, sodass man da keinen durchgängigen Radweg anlegen kann. Gibt die Breite der Straße einfach nicht her.

Wenn da kein Tempo 30 ist, würde ich erst recht ungern auf der Fahrbahn radeln.

Was ist denn an den Stellen, wo kein Parkstreifen vorhanden ist, statt des Parkstreifens vorhanden? Im Bild sehe ich Bäume, einen Fahrradparkplatz. Weiter hinten wechselt der Parkstreifen auf die andere Straßenseite. All dies könnte man theoretisch entfernen und in Radwege umwandeln.

Oder gibt es auch Stellen ohne Platz zwischen Gehwegen und Fahrbahn und ohne dass die Gehwege breiter sind als gewöhnlich? Sorry, kenne die Straße ja nicht :)

Mir ist da noch idee gekommen. Was wäre denn mit einer unverbindlichen Richtgeschwindigkeit von Tempo 30? Am Finkenhügel gibt es z.b. Schilder “Richtgeschwindigkeit 40“

selbst ohne Einbahnstr. wäre doch ein halbwegs vernünftiger Radweg/streifen möglich durch Wegnahme der Parkplätze möglich…

“ Also eine Landesstraße zur Einbahnstraße zu machen? Naja. Wir sollten schon realistisch bleiben.“

Warum nicht? Gibt’s öfter. Eine Frage, wie man den überregionalen Kfz-Verkehr durch die Stadt führt, also eine Frage des (MIV-) Verkehrkonzeptes. Der überregionale Ost-West, Nord-Süd etc MIV kann ohne Schaden auf verschiedenen Richtungstrassen geführt werden. Hat oft sogar Vorteile.

„Und ganz ehrlich: 700 Meter hinter einem Radfahrer hinterher zu fahren, wird man schon überleben.“

Um die Verkehrsrealität wiederzugeben, muss man den Satz umstellen und als Frage formulieren: Überlebt es der Radfahrer?

Wir wissen alle: MIV ist viel Stress. Und: Dem (evolutionär angelegten) Überholzwang unterliegen wir alle.

Ich selbst gehe auf der Rolltreppe, dem Bürgersteig zur Seite, wenn Schnellere überholen wollen. Finde ich auch normales Verhalten.
Nur: Auf der abgebildeten Strecke wird dieses Verhalten für den Radfahrer lebensgefährlich.

Mir ist bekannt, dass „grüne“ oder fortschrittliche Stadträte/Verkehrsplaner gerne Radfahrer einsetzen, um die Geschwindigkeit des MIV zu drosseln, wenn sie ansonsten nicht gegen die StVO ankommen(50 auf Hauptverkehrsstrassen).

Auch die Änderung des Fahrbahnbemalung (Entfernung der Mittelstreifen, Sharrows) spricht für den Wunsch der Planer, die Geschwindigkeit der Kfz herabzusetzen.
Dann sollen sie die Auseinandersetzung führen, 30 km/h anordnen und notfalls vors Gericht ziehen. Es gibt gute Chancen, viele Gerichte bestreiten inzwischen das Primat der StVO über alle anderen Rechtsgüter.

Radfahrer als lebende Poller zur Verkehrsberuhigung einzusetzen, das hindert zwar den ungehemmten MIV-Fluss, ist im Sinne einer Förderung des Radverkehrs aber eindeutig kontraproduktiv.

„Radfahrer als lebende Poller zur Verkehrsberuhigung einzusetzen“. Was ist los mit euch? Hier wird eine Lösung gesucht, Radfahrer durch die Lotter Straße zu führen.

das Gefühl habe ich aber leider auch oft und wird von Politikern auch so eingesetzt…in Münster z.B. wurden in Bahnhofnähe jetzt auch Radstreifen auf die Fahrbahn gemalt und seitdem sei der verkehr langsamer, zuvor war Tempo 30 dort nicht durchgesetzt worden…

Es ist schön, dass eine Lösungssuche stattfindet. Wie gesagt, das Wegnehmen der Mittelllinie wird auch denke ich etwas bringen. Ich finde Sharrows auch besser als zu schmale Schutz- und Radstreifen. Aber insgesamt werden die Sharrows nur einer Verbesserung (im Sinne von Überholabstänen) bewirken, wenn sie weiter mittig platziert werden und somit sowohl Auto- wie auch Radfahrern signalisieren wo sie zu fahren haben. Könnte mir allerdings vorstellen, dass sie das Boardsteinfahrerproblem reduzieren, da es da sicherlich neben denjenigen, die sich zu unsicher fühlen auch einige gibt, die dem MIV einfach „nicht in die Quere“ kommen wollen.

Finde die Lösung in Ordnung, solange die Mittellinie der Sharrows ausserhalb der Dooring Zone ist. Das Beispiel mit der 14 Jährigen zu bringen finde ich unpassend, da das Mädchen von einem Radweg kam!

Meiner Meinung nach wäre die beste Lösung (nach Straße einspurig machen mit dicken Radwegen an beiden Seiten, aber das geht ja anscheinend nicht; am besten Martinistraße nur rein, Lotterstr. nur raus oder andersrum; + Tempo 30) das zu dichte Überholen von Autofahrern durch bauliche Maßnahmen zu verhindern. Ich stelle mir das so vor wie am Kamp, dort kommt kein Autofahrer auf die Idee einen zu überholen weil er selbst bei sehr dichtem Auffahren dazu den „Bordstein“in der Mitte der Straße überfahren müsste. Die Mini-Piktogramme am Rand sind eine fast genauso schlechte Lösung wie zu schmale Radstreifen- und Wege am Fahrbahnrand, wie es sie hier in OS ja zu Genüge gibt. Sie suggerieren, die Radfahrer sollten schön weit rechts fahren und Autofahrer dürften direkt neben dem Piktogramm herfahren. Somit sind sie noch schlimmer als garkeine Radinfra. Vorstellen könnte ich mir aber , dass das Entfernen des Mittelstreifens einen positiven Effekt auf die Überholabstände hat, ich meine Studien hätten das gezeigt. Aber ganz ehrlich liebe Stadt OS, solange die Dinger noch nicht auf der Straße sind, macht doch nicht den gleichen Fehler wie er schon am Wall, auf der Rheiner Landstr und quasi überall sonst begonnen wurde: Malt die Räder einfach ein Stück weiter mittig auf und ihr tut tatsächlich statt nur pseudomäßig etwas für Radfahrer. Übrigens würdet ihr auch den rücksichtsvollen Autofahrern dadurch ersparen, dass ihnen der Hintermann fast auffährt, weil er es nicht verstehen kann, dass jemand tatsächlich 1,5m Abstand zu Radfahrern halten will.

Theoretisch ginge das mit der Martinistraße. Praktisch aber nicht, weil diese der „Zubringer“ zur Autobahn ist. Den Verkehr kann man über die Lotter Straße nicht abwickeln.

Wie sehen denn solche ‚Bordsteine in der Mitte‘ aus? Kommen da RollstuhlfahrerInnen problemlos drüber? Senioren mit Rollator?
Kommen da ortsfremde Zweiradfahrer auch bei schlechten Sichtbedingungen klar, oder ist das eine Sturzfalle?
Ist ja jetzt nicht gerade Standard, dass man nicht einfach mal auf die andere Strassenseite fahren/laufen kann, ohne den Bordstein mitten auf der Strasse zu berücksichtigen.
Wie komme ich mit dem Rad eigentlich fahrend auf die andere Strassenseite? Anhalten, absteigen und über den Bordstein schieben? Mit Lastenrad?

Auch Seheingeschränkte dürften da ihre Probleme haben, sofern sie nicht mit Stock oder pfiffigem Hund unterwegs sind.

Vielleicht kann daniel mal ein Foto hochladen, finde im Net keins. Es ist auf jeden Fall so, dass der Boardstein sowohl in der Mitte als auch am Rand an diesen Stellen abgesenkt ist, also ein Übergangsweg besteht. Man könnte die Übergangswege auch so breit gestalten, dass links abbiegen in eine Geschäftseinfahrt auch für Autofahrer möglich ist; jedoch wird sie selbst dann zu eng sein um einen Rad- oder Autofahrer zu überholen, Ziel erreicht.

achso und was auch helfen würde: Eine groß angelegte Kampagne der Stadt OS, welche Autofahrer über ihr Fehlverhalten aufklärt. Sprich statt bekloppter „danke Radfahrer, das ist für euch“ (ist das Sarkasmus??) -Schilder an Bushalten und Stadthaus Hinweisplakate zum Thema Überholabstand (und am besten auch Abstand von Hinten, Stichwort halber Tacho), ähnlich denen die der ADFC glaube ich mal auf Warnwesten aufgedruckt hat…Viele Autofahrer sind sich ihres Fehlverhaltens ja nichtmal bewusst.

Vielleicht könnten wir mal selbser eine Aktion starten und entsprechende Flyer verteilen? Auf jede Windschutzscheibe entlang der Parkbuchten an Lotter Straße und co, auf viel besuchten Parkplätzen (Domplatz, Klinikum…)?

@Elena

VORSICHT!

Du benutzt eine VC-Sekten Argumentation!

Wer eine Abstandskampagne fordert, will Radfahrer als „Poller“ einsetzen!

Radfahren ist schliesslich prinzipiell nur auf baulich separierten Radwegen möglich! Das wissen jetzt sogar die Blätter der Springer-Presse, seit sie den Radentscheid unterstützen.
Die Fahrbahn gehört den Autos.

Mir graust, wenn ich die Fotomontage sehe. Wenn das so kommt, ist das eine klare Verschlechterung. Radler mit weniger breiter Brust fühlen sich genötigt, zu weit rechts zu fahren, Autofahrer fühlen sich zum Nahüberholen berechtigt („Ich war doch links vom Symbol!“) und wer links der Symbole radelt, wird erzogen. Ich verstehe nicht, warum du dazu nur lauwarm anmerkst: „Von mir aus hätten die Sharrows noch ein bisschen größer sein können und etwas mittiger auf der Fahrbahn“. Genau dieser Punkt entscheidet doch darüber, ob es eine kleine Verbesserung (wenn auch nur für einen kleinen Teil der Radler) bedeutet – oder eine Verschlechterung für alle.

Wir brauchen dringend mehr gute Infrastruktur für den Radverkehr. Aber hier, wie auch bei unbenutzbaren Radwegen und zu schmalen Radfahr- und „Schutz“-streifen gilt der wichtigste Satz zur Radinfrastruktur: Schlechte Infrastruktur ist NOCH schlechter als gar keine Infrastruktur.

Naja, ich schreibe das erstens so, weil es eine Montage ist und ich nicht weiß, ob es dann wirklich so aussehen wird. Auch in Bezug auf die Größenverhältnisse. Und zweitens muss man sehen, ob die Sharrows wirklich signalisieren, dass man als Radfahrer nur auf ihnen fahren darf und nicht weiter links.

Wenn das meine Stadt wäre, würde ich versuchen, das vorab zu klären. Vorab hat man noch eine gewisse Chance, Einfluss zu nehmen. Wenn es erstmal falsch markiert ist, gehen die Chancen auf Änderung gegen null. Die vage Hoffnung, dass die Größenverhältnisse in der Realität deutlich anders als in der Montage werden, wäre mir doch etwas zu dürftig.

Zu Zweitens: Wenn ich die Bilder richtig deute, muss man als Radler, wenn man sicher fahren will, in der Mitte des ehemaligen Fahrstreifens fahren, um grob verkehrswidrige Überholversuche bei Gegenverkehr auszuschließen. Macht man das, obwohl rechts davon ein Radsymbol klebt, macht man sich noch viel mehr Freunde als heute schon. Natürlich darf man das (ich wüsste nicht, wie Sharrows das verbieten sollten), aber es wäre durch noch mehr Gehupe eine klare Verschlechterung des Status quo.

Wenn diese Sharrows einen Vorteil bringen sollen, müssen sie so angebracht sein, dass Autofahrern und Radfahrern klar signalisiert wird, dass die korrekte Position des Radlers in der Mitte des ehemaligen Fahrstreifens ist.

Wenn ich daran denke, dass mir doch recht oft (zumeist ältere) Radfahrer in Einbahnstraßen auf den Markierungen für den Rad-Gegenverkehr entgegenkommen…die meisten Radfahrer werden diese Sharrows als verbindliche Markierung interpretieren, so wie sie auch Schutzstreifen als solche interpretieren, egal wie schmal und egal wie dicht an parkenden Autos entlang geführt.

Stimmt.

Das ist aber kein Fehlverhalten, sondern zeugt davon, dass die meisten Radfahrer den Sinn dieser Radverkehrsanlagen intuitiv verstanden haben:
Radfahrer gehören an den Rand oder noch besser auf die Nebenanlagen und dürfen den fliessenden Verkehr nicht aufhalten.

Zur gesellschaftlichen Erlaubnis der Verkehrsbehinderung ist zwingend zumindest ein Verbrennungsmotor vonnöten, der schon akustisch signalisiert: ICH BIN VERKEHR.
Mofas, langsame lärmige Zweitakt-Roller und dergleichen werden praktisch nie angehupt oder eng überholt, egal wie sehr sie den Vekerhr aufhalten, denn sie SIND Verkehr. Schliesslich stellen sie ihre Zugehörigkeit zu selbigem auch durch hoch-toxische Abgasgemische eindrucksvoll unter Beweis, unterstützen die Mineralölwirtschaft und zahlen Steuern.

It’s not a bug, it’s a feature!

Da aus der Ferne was zu zu sagen ist natürlich schwierig. Solche Dinge kann man eigentlich nur konkret vor Ort lösen. Und wenn man die Bereitschaft hat, die Auswirkungen zu messen und gegebenenfalls zu korrigieren spricht ja auch nichts gegen ein wenig experimentieren.

Trotzdem hier ein paar Dinge, die andere Leute in ähnlicher Lage gemacht haben. Ob das alles sinnvoll ist: Keine Ahnung :)

Die ERA sieht ja bei Schutzstreifen eigentlich eine Kernfahrbahn (= Fahrbahn – Schutzstreifen = Autogebiet) von mindestens 4,50 vor – Begegnungsverkehr soll möglich sein. Und das dürfte hier auch das Kernargument für „zu eng“ sein.

Aber: In NRW gab es einen Modellversuch mit Schutzstreifen an Landstraßen mit Tempo 70. Bemerkenswert dabei: Die Kernfahrbahn ist unter 3 Meter breit (mindestens 2,75)!

Wenn man wollte, könnte man daraus sicher eine Argumentation für Schutzstreifen links und rechts und quasi einspurige Fahrbahn in der Mitte basteln

http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/freizeit-natur-sport/bsg/haeufig-gestellte-fragen-1#ziel_0_44

(Warum das unter Sport kategorisiert ist – keine Ahnung…)

Es gibt auch Modelle/Überlegungen mit alternierenden Schutzstreifen. Also ein einspuriger Schutzstreifen, der links und rechts abwechselnd ist.

http://www.agfk-bw.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Weiterbildung/Kaulen.pdf

Und zu guter letzt: Das Soester Modell. Einen Schutzstreifen in der Mitte jeder Fahrspur. Das wäre dann der Sharrow in ganz explizit.

Das Soester Modell ist wirklich interessant. Aber wenn das auch nur gedacht wird, lässt sich unser CDU-Oberbürgermeister sofort zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte fahren…

Bei uns in Altona läuft gerade eine Planung für einen Umbau der zentralen Max-Brauer Allee, eine der giftigsten Straßen Deutschlands (jedenfalls von den Straßen, in denen die Luftqualität dokumentiert wird.).
Große Bürgerbeteiligung.

Die Nutzungsanforderungen des MIV, der Öffis (3 Buslinien), der Radfahrer und der Fußgänger wurden gleichberechtigt vorgestellt.

Und hier geht’s los. Diese Anforderungen kann eine (1) Strasse nicht erfüllen, ohne das für die Schwächeren Murks (sharrows) herauskommt.

Alle Nutzungen müssten klassifiziert und daraufhin abgeklopft werden, ob sie auf dieser einen Strasse mit ihrem begrenzten Platz wirklich stattfinden müssen.

Da der MIV

1. für jede einzelne seiner Nutzungen den Löwenanteil des Raumes beansprucht und
2. am wenigsten umwegsensibel ist,

müssen besonders seine Nutzungen gegebenfalls daraufhin geprüft werden, ob und, wenn ja, welche Nutzungen verlagert werden können.

Die von der Verwaltung vorgestellten MIV-Anforderungen an die Max-Brauer Alle lauteten:

– Hauptverkehrsstrasse, eine (von mehreren) Hauptverbindung zwischen den Bezirken Altona und Eimsbüttel
– Erschließungsstrasse für die Wohnquartiere Altona-Altstadt und den südlichen Teil von Altona-Nord
– Parkflächen für die Anwohner

Es ist allen völlig klar, dass die 4-streifige Strasse schon mit diesen Anforderungen heillos überlastet ist.

Infrastrukturen für Öffis, Rad-und Fußverkehr dürften unter diesen Planungsvoraussetzungen bestenfalls angedeutet werden.

(P.S. Von der Befolgung des Urteils des Verw.Ger., wonach die Stadt in einem überschaubaren Zeitraum für die Verbesserung der unzumutbar gesundheitsschädlichen Luftqualität in diesem Teil der Max-Brauer Allee sorgen muss, war von Seiten der Verwaltung gleich gar nicht die Rede. Man hat sich offenbar entschlossen, dieses Urteil zu ignorieren.

Die Nutzung als Schulweg durch die ca 800 Schüler des sich direkt an der Strasse befindlichen Gymnasiums Allee war der Verwaltung auch kein Wort wert.)

Was das mit der Lotter Strasse zu tun hat?

Es ist keine Ausnahme, es ist die Regel, dass Stadtstrassen nicht für alle denkbaren bzw erforderlichen Nutzungen ausgelegt sind.

Das Strassennetz muss alle erforderlichen Nutzungen bereitstellen – nicht jede einzelne Strasse.

Da der MIV den grössten Raumansprüche hat – und uns noch eine ganze Weile begleiten wird – müssen seine Nutzungen (die ich erstmal nicht in Frage stelle sondern akzeptiere) auf verschiedene Strassen verteilt werden – wenn noch Platz für die anderen Verkehre sein soll.

In den Niederlanden wird jeder Strasse eine (1) MIV-mässige Funktion zugeteilt: Entweder Verbindungsstrasse oder Erschließungsstrasse oder Anwohnerstrasse. Nur in Ausnahmefällen muss eine Strasse mit zwei Funktionen belastet werden.
Der Missbrauch der Strasse für andere als die vorgesehene Funktion wird durch sogenannte gefilterte Durchlässigkeit verhindert – man kommt von einer Verbindungsstrasse nicht in eine Anwohnerstrasse.

Diese Verkehrsplanung kommt besonders dem Rad- und Fußverkehr zugute und macht ihm innerhalb der Stadt streckenmässig gerechnet mehr und mehr konkurrenzlos.
Diese, oft auch richtungsmässige Entzerrung des MIVs führt aber auch zu weniger Staus, so dass die Umwege das Netto-Zeitbudget nicht übermässig belasten.

Mir graust es vor solchen (und anderen) Vorhaben. Der augenblickliche Ist-Zustand ist absolut in Ordnung! Die Fahrbahn ist für alle Fahrzeuge da, wer schneller fahren will, kann bei dies zulassender Situation (deutlich langsameres Fahrzeug davor, kein Gegenverkehr) überholen. Wer an parkenden Autos vorbeifährt, kann seien Sicherheitsabstand einhalten.

Was soll der Quatsch mit den Symbolen? Was sollen die bewirken? Letztendlich ein weiterer Beitrag dafür, dass Autofahrer meinen, es dürften nur dort Radfahrer unterwegs sein, wo dies ausdrücklich gestattet ist.

Momentan trauen sich nur wenige auf der Fahrbahn zu fahren. Viele weichen auf die Gehwege aus. Das ist nun mal ein Problem, dem man begegnen muss. Die Sharrows sollen helfen, dass der Radverkehr auf der Fahrbahn akzeptiert wird. Wir werden sehen, was sie bewirken. Der Ist-Zustand ist unbestreitbar nicht optimal, wie die Erfahrung zeigt.

Wie wärs eigentlich mit zusätzlichen großen Fussgänger-Piktogrammen auf den Gehwegen? Dort wo die Bordsteinabsenkungen sind.
Das scheint ja das eigentliche abzustellende Problem zu sein.

Nachteil könnte allenfalls sein, dass Kinder verunsichert werden. Ich glaube aber nicht, dass die darauf achten, zumal die ja ohnehin auf Wegen mit Fussgänger-Blauschild fahren und (hoffentlich) erklärt bekommen haben, dass sie erstamal i.d.R. auf den Gehwegen fahren müssen.

Warum nicht statt des Gehwegs auch Fußgänger-Sharrows auf der Fahrbahn? Das würde einige Meter zusätzliche Fahrbahn/Parkraum bringen. Und: Radfahrer können nicht mehr auf dem Gehweg radeln.
Man könnte die auch als zukunftsfähig verkaufen: Die Fußgänger („Take the lane, little girl!“) bremsen den MIV aus.
Win-Win.
– Irony off –

Klar dass der bekennende Gehwegradler ‚Strizzi‘ wenig damit anfangen mag, dass Gehwege explizit nicht für Radfahrende zugelassen sind (Kinder ausgenommen).
Warum geien Fuss-GÄNGER auf FAHR-bahn?
Wirklich so schwer zu beantworten?

Kann die angebliche Irnoie nicht nachvollziehen. Einfach mal dort schaun, wo es bereits shared-space gibt?
Das geht natürlich nicht überall, aber wo’s gemacht wird scheint es recht gut zu funktionieren.
And ja:
der Autoverkehr wird dabei tatsächlich deutlich verlangsamt, was ich sehr positiv finde.

http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/724722/radfahrerin-von-auto-erfasst-und-lebensgefahrlich-verletzt

HAT NOCH JEMAND FRAGEN, WARUM ICH IN OSNANBRÜCK NICHT DIE FAHRBAHN MIT AUTOFAHRERN TEILEN WILL???

Inkl. Top-Kommentare bei facebook: „Für Radfahrer gibt es die gute alte Katharinenstraße, die speziell für Radfahrer ausgewiesen ist, die westwärts aus der Stadt fahren. Wer mit dem Rad auf der Martinistraße fährt, hält nicht nur den ganzen Verkehr auf, sondern ist auch selbst schuld“; „ch frage mich ohnehin seit Jahren, warum man nicht einfach durchs Katharinenviertel fährt. So ein Unfall ist besonders unnötig weil vorhersehbar und vor allem: zu verhindern gewesen, wäre sie zehn Meter parallel durchs Viertel gefahren“ etc, etc…

Lies einfach nicht bei Facebook. Das macht dich nur wütend und lässt dich verzweifeln. Ich überlege schon, wie man das mit der Martinistraße mal größer angehen kann. Bisher blockiert die CDU alles. Aber nächtliches Tempo 30 ist das mindeste, was jetzt kommen muss.

Nein, dazu dass Du nicht auf Fahrbahnen fahren willst habe ich keine Frage. Das akzeptiere ich einfach mal. Du bist ja nicht die einzige, die lieber nicht auf der Fahrbahn fährt.
Bei mir ist es andersherum, ich fahre nicht gern auf Radwegen.
Viele hundert Radunfälle der letzten Jahre sind Radwege-induziert. Trotzdem nehme ich nicht jeden Radunfall zum Anlass gleich die Abschaffung der Radwege zu fordern.

Gerade bei Autorennen kann es übrigens leicht pasieren, dass Du auch auf dem Radweg totgefahren wirst:
http://www.welt.de/vermischtes/article154368708/Bewaehrung-und-Sozialstunden-nach-toedlichem-Autorennen.html
Bei sowas sind auch ‚protected bikelanes‘ wirkungslos.

Das spricht aber m.E. ebensowenig gegen Radwege, wie einzelne Unfälle gegen die Fahrbahn sprechen.
Nicht umsonst wird bei Unfällen / Unfallhäufungen / Gefahrenbewertung ein Mehrjahresmittel gewählt. Einzelfälle sind zwar plakativ und emotional wirksam, erstezen aber keine seiöse Gefahrenanalyse.
Die Gefahr geht doch hier ganz eindeutig von den Autofahrenden aus, die keine Skrupel haben ihr Auto als Waffe einzusetzen. mit dieser wild in der Gegend herumballern und Eiscafebesucher, Fussgänger, Radfahrende – auf welchem Strassenteil auch immer – in Lebensgefahr zu bringen.

Mir ist unverständlich, wieso das Strafmaß regelmässig weit geringer ausfällt, als etwa das ’spaßige‘ Herumballern mit Maschinenpistolen auf Marktplätzen.

Es handelt sich hier m.E. nicht in erster Linie um ein Verkehrsproblem, sondern um ein Kriminalitätsproblem, wenngleich die Verkehrsplanung / Gesetzgebung im Sinne einer Gefahrenabwehr natürlich längst flächendeckend Temporeduktionen hätte anordnen müsste. Auch auf Landstrassen übrigens.

Muss denn jetzt JEDER Unfall hergenommen werden, um einen Beleg zu haben, dass wir nicht mehr auf der Fahrbahn fahren dürfen?
War es eigentlich ein Längsverkehrsunfal? Oder (häufiger) Abbiegen/Querung?

Die Forderung von ADFC und Daniel nach T30 und Kontrollen dagegen ist ursachenbezogen und schlüssig begründet.

Bislang spricht alles für einen Längsunfall. Und es geht auch nicht nur um den Unfall an sich sonden auch um die Leute, die solche Kommentare verfassen. Du wirst im Leben nicht erreichen, dass all diese Leute sich plötzlich regelkonform verhalten beim Überholen etc. Wenn du mit diesen Leuten eine Spur teilen willst, dann tu dir keinen Zwang an, aber bitte zwinge den Rest der (potentiell) fahrradfahrenden Bevölkerung nicht dazu. Und verstehe bitte, dass Längsunfälle zwar deutlich seltener sind als Abbiegeunfälle, aber eben auch nicht rar (vgl. Verhältnis in Berlin weiter oben).

Was die unterschiedlichen Bedarfe angeht haben wir vermutlich gar keinen Dissens?
Ich z.B. fahre seit vielen Jahren unfallfrei auf den Fahrbahnen, hatte aber bereits einen mittelschweren und einige leichtere Unfälle auf/durch Benutzung benutzungspflichtiger Radwege.
Das heisst nicht, dass das bei anderen auch so sein muss – ist mir durchaus klar. Es gibt genau konträre Erfahrungen.
Wenn aber das grundlegende Verständis dafür da ist, dass für einige die Fahrbahn besser ist, für andere aber eine sparate Radinfrastruktur, dann wären wir alle m.E. einen Schritt weiter (duale Infrastruktur mit Wahlfreiheit von Fahrbahn/RVA für den Radverkehr).

Wie siehts mit Benutzungspficht aus?
Selbst wenn mal hie und da eine RVA gebaut werden sollte, die nicht ganz so schlecht ist wie die real-existierenden Wege bleiben ja noch die ganzen Altlasten, die bislang gebaut wurden, und die vielen vielen untauglichen Radwege, die auch zur Jetzt-Zeit noch angelegt werden.
Dadurch sinkt dann die Durchschnittsgeschwindigkeit deutlich ab. Diese Dinger werden für max. 15 Kmh ausgelegt. Für Lastenräder z.B. sind die meistens komplett ungeeignet, auch für größere Dreiräder, Velomobile, etc. … Überholen geht auch meist nicht.
Da müsst ich mir ein Auto kaufen, wenn ich Arbeit/Alltag in gewohntem Umfang mit permanenter Radwegebenutzung noch auf die Reihe kriegen will (oder in Rente gehn).

Ehrlich gesagt reicht es mir auch bei weitem nicht, wenn solche Raserstrecken wie die Martinistr. in OS mit ’sicherem‘ Radweg versehen werden. Die Probleme mit Lärm, Abgas bleiben bestehen, Rad- und Fussverkehrsgefährdung sind (s.der Unfall in Köln) weiterhin gegeben. Ich glaube schon, dass geeignete Repressionen (Gefängnis ohne Bewährung für Raser wie ansatzweiee in der Schweiz, stationnäre Messungen an allen auffällgen Strecken, lebenslanger Führerscheinentzug, etc.) einen deutlichen Effekt hätten.

Und mit den Kommentaren? Die sind in der Tat mal wieder entsetzlich und lassen einen fast zum Misanthropen werden, aber was machst Du denn bei dem ganzen ausländerfeindlichen Scheiß im Netz?
Da bringts doch auch nichts, wenn Du sagst: ich möchte Lebensräume die ‚protected‘ sind vor rechter Gewalt. Klar, wollen wir alle, aber letztlich schafft das nur ’national befreite Zonen‘.
Nicht die Opfer rechter Gewalt müssen verlagert werden, sondern die rechte Gewalt muss bekämpft werden.

Ja, kurzfristig kann der Radverkehr durch separierte Wege für mehr Menschen infrage kommen, aber langfristig gehört der Autoverkehr m.E. abgeschafft oder auf vielleicht 5-10% von heute gesund geschrumpft.
Dann ist das Problem ursächlich gebessert und es wird nicht nur an den Symptomen herumgedoktort.
Der Massstab muss doch sein, ob die jeweilige verkehrliche Massnahme geeignet ist den Autoverkehr zurückzudrängen und den Umweltverbund zu stärken. Dazu kann m.E. der Aufbau tauglicher RVA ebenso beitragen wie billigerer ÖPNV, Fahrbahnfreigabe für Radverkehr und das Doppelpack von Beschleunigung des Umweltverbundes bei Verlangsamung des MIV.
Oder siehst Du das anders?

Bisweilen drängt sich in den letzten Monaten aber der Verdacht auf, dass eine recht massive Kampagne für fahrradbefreite Fahrbahnen läuft.
Die hardcore Fraktion schreibt ja schon dass die Ablehnung der Benutzungspflicht auf einer Ebene mit den Forderungen der faschistoiden AFD steht:
Heute z.B. auf Twitter:
Daniel:
So rückständig… Die @AfD_Bund wirbt mit 40 Jahre altem @ADAC-Spruch “Freie Fahrt für freie Bürger”. http://www.rad-spannerei.de/blog/2016/06/07/freie-fahrt-fuer-freie-buerger/ …

Antwort von Vorstadt-Strizzi:
Bei kritischer Betrachtung nicht allzuweit entfernt von: Aufheb. der Ben.pflicht. Ähnl. alt.

Solche widerlich aggressiven Schmutzkampagnen „wer auf der Fahrbahn fahren will steht in der rechtsextremen Ecke“ sind zwar (noch?) Einzelmeinung von durchgeknallten/verwirrten Einzelnen, aber das Klima entwickelt sich seit einiger Zeit in die Richtung: lieber Raser und SUV-Rüpel als diese kriminellen (oder jetzt wahlweise rechtsextremen) fahrbahnbenutzenden Radfahrer.
Der Hintergrund ist klar: Raser und SUV-Rüpel lassen sich prima instrumentalisieren, um Radverkehrsfreie Zonen zu fordern, in denen dann die Autos nicht weiter (ausser durch sich selbst) gestört werden.
Wenn das so weiter geht, dann geht die Strategie der Raser und Huper voll auf: endlich Ruhe vor den nervigen Radfahrern auf der Fahrbahn.

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