Über den „Grünpfeil für Radfahrer“ habe ich hier im Blog bereits mehrfach berichtet. Nur noch mal kurz zur Idee: ein solcher Grünpfeil würde es Radfahrern erlauben, bei roter Ampel trotzdem rechts abzubiegen. In anderen europäischen Ländern gibt es die Regelung bereits. In einer erweiterten Variante könnte man auch dem geradeaus fahrenden Radverkehr eine solche Regelung zugestehen. Das ist in Frankreich heute schon möglich.
Die aktuelle Bundesregierung möchte einen solchen Grünpfeil dagegen nicht ermöglichen. „Aus Gründen der Verkehrssicherheit“ hält das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) „eine zusätzliche Regelung nur für Fahrradfahrer“ nicht für erforderlich.
Das ist schade und liegt wohl auch daran, dass das BMVI relativ weit entfernt vom Alltagsverkehr regiert. Mit der konkreten Situation auf der Straße befassen sich die Kommunen. Und aus diesen kommen immer mehr Rufe nach dem Grünpfeil für Radfahrer. Daher liste ich hier mal die (mir bekannten) Initiativen auf, um einen Überblick zu bekommen. (Wird laufend aktualisiert.)
In der Zwischenzeit habe ich einen „Musterbrief“ aufgesetzt, den ihr angepasst gerne an eure Ratsfraktionen schicken könnt. Haltet mich da bitte auf dem Laufenden, was sich in eurer Stadt tut.
Bamberg
Die Grün-Alternative Liste Bamberg beantragt, dass sich Bamberg für den bundesweiten Modellversuch bewirbt, den die Bundesregierung durchführen will. „Der grüne Pfeil reagiert auf die reale Situation, schafft klare Verhältnisse und könnte durch das Zugeständnis an die Radler*innen wieder zu mehr gesetzeskonformem Verhalten und zu mehr Sicherheit für alle führen.“
Berlin
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf stellt den Antrag „Rechtsabbiegen für Radfahrende erleichtern„. Begründung: Zur Förderung des Radverkehrs ist ein konfliktfreies Abbiegen auch bei roter Ampel zu erlauben. Die Niederlande und Frankreich sind hier Vorbild.
Dortmund
Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bezirk Dortmund Innenstadt-West stellen den Prüfauftrag „Grüner Pfeil für Radfahrverkehr„, der die Verwaltung auffordert, die Möglichkeit eines Grünpfeils für rechtsabbiegende Radfahrer und für an T-Kreuzungen geradeaus fahrende Radfahrer zu prüfen. Begründung: Die Attraktivität von häufig genutzten Radwegverbindungen muss erhöht werden und ein schnelles Vorankommen ohne unnötiges Anhalten gefördert werden.
Düsseldorf
Die Fraktionen von SPD, Grüne und FDP beantragen im Verkehrsausschuss den Grünpfeil für Radfahrer. Begründung: „Häufig kommt es beim Rechtsabbiegen zu gefährlichen Situationen, weil Radfahrer übersehen oder geschnitten werden. Und das liegt oft daran, dass Radler im toten Winkel sind, wenn sie neben Lkw, Bussen oder auch Pkw auf „Grün“ warten. Und dann laufen sie eben Gefahr, beim Anfahren in die Kurve angefahren zu werden.“ (WDR)
Essen
Die PARTEI-Piraten beantragen in der ersten Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses 2016 die Prüfung eines Grünpfeiles speziell für Radfahrer. Begründung: „Essen stünde ein solches Pilotprojekt gut, befinden die PARTEI-Piraten, möchte die Stadt ihre Attraktivität für Radfahrerinnen und Radfahrer steigern und dem Profil von Essen als fahrradfreundliche Stadt am Radschnellweg 1 sowie als Grüne Hauptstadt 2017 gerecht werden.“
Freiburg
Die Stadt Freiburg bewirbt sich für einen einjährigen Verkehrsversuch beim Ministerium für Verkehr des Landes Baden-Württemberg. Es soll getestet werden, welche Auswirkungen sich ergeben, wenn an einer Kreuzung mit einer speziellen Grünpfeil-Beschilderung Radfahrende trotz roter Ampel, aber unter der gebotenen Vorsicht, in die Kreuzung einfahren dürfen, um rechts abzubiegen. Mehr…
Göttingen
Die Piraten-Ratsfraktion in Göttingen stellt den Antrag „Fahrrad-Grünpfeile“ und beauftragt die Verwaltung, sich zusammen mit dem Deutschen Städtetag beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die bundesweite Einführung von zwei neuen Verkehrszeichen einzusetzen, welche analog dem Grünpfeil (Zeichen 720) dem Radverkehr das Rechtsabbiegen bzw. das Geradeausfahren bei Rotlicht ermöglichen soll. Begründung: Ziel der Maßnahme ist eine Erhöhung der Reisegeschwindigkeit im Radverkehr und eine Entzerrung von Rad- und Kfz-Verkehr an Kreuzungen.
Hamburg
Die Bürgerschaftsfraktion von DIE LINKE stellt den Antrag „Fahrradstadt Hamburg: Rechtsabbiegen bei Rot ermöglichen“ und fordert den Senat auf, sich für eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Grünen Pfeils auch für den Radverkehr einzusetzen beziehungsweise eine solche zu starten. Parallel soll die Straßenverkehrsordnung um ein spezielles Schild erweitert werden, das dann bedarfsgerecht von den Kommunen installiert werden kann. Begründung: Ein Großteil der Ampeln in der Stadt existiert für und wegen Autos. Für Autos, da sie meist mit hoher Geschwindigkeit und in hoher Dichte auf eine Kreuzung zufahren. Wenn es nicht an jeder Kreuzung zu Unfällen mit anderen Autos kommen soll, dann bedarf es in Städten Ampeln.
Update (6. Februar 2016): Die Regierungskoalition aus SPD und Grünen hat den Antrag unter sehr fragwürdiger Begründung abgelehnt. Weil er als Modell beim Autofahren ausgedient habe, sei er auch nichts für den Radverkehr. Und: „für Menschen mit Seheinschränkungen stelle er eine große Gefahrenquelle dar. Sie müssten sich darauf verlassen, dass der Weg tatsächlich frei ist.“ Keiner zwingt sie. Sie können immer noch auf das grüne Ampelsignal warten. (Und ich weiß nicht, ob das Fahrrad die beste Wahl ist, wenn man so schwere Seheinschränkungen hat…)
Hameln
Die Linksfraktion in Hameln hat am 8. Februar 2016 einen Prüfantrag für die Verwaltung gestellt, „ob ein Abbiegen für Fahrradfahrer in eine nach rechts abknickende Straße mit Ampelanlage und bei T-Kreuzungen für geradeaus fahrende Radfahrer trotz roter Ampel ermöglicht werden kann, z.B. durch Einführung eines grünen Pfeiles für Radfahrer.“
Hannover
Die Piraten Hannover haben einen Antrag „Grüner Pfeil an der Fahrradampel an der Ecke Engelbosteler Damm/An der Lutherkirche für aus Richtung Norden kommende Fahrradfahrer“ gestellt und berufen sich dabei auf den Grünpfeil an einer Münchener Fahrradampel, den das Bayerische Staatsministerium des Innern nicht beanstandet. Mit dem „Grünpfeil“ nur für Fahrradfahrer würde Hannover zeigen, dass man ebenso wie in München nicht stur an alten Vorstellungen festhalte, sondern alles unternehme, den Fahrradverkehr zu fördern.
Köln
Die Piratengruppe im Rat der Stadt Köln stellt die Anfrage „Pilotversuch: Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrer?“ und fragt die Verwaltung, wie sie die Machbarkeit und Sinnhaftigkeit eines solchen Pilotprojekts für Köln bewertet und welche Bereiche oder Standorte sie für geeignet hält. In der Antwort erklärt die Verwaltung, dass sie einem Pilotprojekt positiv gegenüber stehe und aktuell auf Landesebene entsprechende Gespräche führe.
Die Kölner Ratsfraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDP, Die Piraten und Deine Freunde stellen den Antrag „Pilotprojekt ‚Rechtsabbiegen bei roter Lichtsignalanlage für Radfahrer und Radfahrerinnen in Köln‘“ und fordert die Stadt auf, sich beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bzw. beim Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen dafür einzusetzen, ein Pilotprojekt „Rechtsabbiegen bei roter Lichtsignalanlage für Radfahrer und Radfahrerinnen in Köln“ in die Wege zu leiten. Begründung: Ziel ist es, zu untersuchen, inwiefern sich die Verkehrsführung verbessert, die Wartezeiten für Fahrradfahrer an den Versuchsanlagen verringert, eine Veränderung der Unfallzahlen und auch eine erhöhte Akzeptanz der Lichtsignalregelung stattfindet.
München
Die SPD-Stadtratsfraktion stellt den Antrag „Abbiegepfeil für Fahrradfahrer“ und fordert die Stadt darin auf, sich mithilfe des Deutschen Städtetages beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für fahrradfreundliche Lichtsignalanlagen auszusprechen. Begründung: Ziel ist es, zu untersuchen, inwiefern sich die Verkehrsführung verbessern und die Wartezeiten für Fahrradfahrer an den Versuchsanlagen verringern lassen. Damit soll auch eine erhöhte Akzeptanz der Lichtsignalregelung erreicht werden.
Nürnberg
Auf Antrag der Nürnberger SPD soll die Stadtverwaltung prüfen, ob es geeignete Standorte gibt, um den Grünpfeil für Radler zu testen. Begründung: Das frühere Rechtsabbiegen vor den Autos kann dazu führen, dass gefährliche Situationen zwischen Autos und Radfahrern gar nicht erst entstehen.
Osnabrück
Der Rat der Stadt Osnabrück hat einen Antrag „Abbiegepfeil für Fahrradfahrer*innen“ verabschiedet, der die Stadt beauftragt, den Deutschen Städtetag aufzufordern, sich beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für fahrradfreundliche Lichtsignalanlagen auszusprechen. Begründung: Radfahrer, die an einer Ampelkreuzung lediglich nach rechts auf einen Radweg abbiegen wollen, müssten im Prinzip nicht bei Rot warten, da sie keinem Kfz-Verkehr in die Quere kommen.
Wiesbaden
Die CDU-Rathausfraktion möchte für Wiesbaden prüfen lassen, wie das Rechtsabbiegen an roten Ampeln für Radfahrende rechtssicher freigegeben werden kann. „Damit kann die Durchlässigkeit des Radverkehrs erheblich verbessert werden, ohne dass andere Verkehrsteilnehmer darunter zu leiden hätten.“
10 Antworten auf „Übersicht: Forderungen nach Grünpfeil“
In Leipzig wurde das Problem gelöst, indem der Grünpfeil neben dem Fahrradsignalgeber installiert wurde. Somit bezieht sich der Grüne Pfeil nur auf den Fahrrad-, aber nicht auf den Kfz-Verkehr.
Hast du ein Bild? Rechtlich ist das nämlich (fast) nicht möglich. Es gibt (noch) kein Schild, das man mit der Fahrradampel kombinieren kann. Nur unter diesen drei Bedingungen ist es laut Bayerischen Staatsministerium des Innern möglich:
– der Radfahrsignalgeber muss in jeden Fall baulich getrennt vom Fahrverkehrssignalgeber sein;
– die Größe des Radfahrsignalgebers muss der eines regulären Signalgebers von 200 mm Durchmesser entsprechen;
– das Grünpfeilschild mit seiner Standardgröße von 250 mal 250 Millimeter wird rechts neben dem roten Signalfeld montiert.
Obacht: Das ist die Festlegung der Obersten Straßenverkehrsbehörde in Bayern, das kann man in Sachsen anders sehen. Und darf es auch, da es der VwV-StVO nicht widerspricht. Sollten beide Signalgebergruppen aber direkt nebeneinander und auf gleicher Höhe hängen, wäre das m.E. nicht unproblematisch, denn für den Kfz-Verkehr wäre mindestens unklar, dass sich das NUR auf den Radverkehr beziehen soll – so verstehe ich auch die Bayern und neige, das durchaus richtig zu finden. Es muss eine klare und unverwechselbare Lösung für den Radverkehr her, die sich auch eindeutig in StVO und dazugehöriger VwV wiederfindet – das Beispiel des Baseler Pilotversuchs weist den Weg.
Ganz meiner Meinung. Eine eigene Lösung für den Radverkehr muss her. Am besten ein Schild, das unabhängig von Radverkehrssignalanlagen angebracht werden kann.
Bild liegt beim ADFC: https://www.flickr.com/photos/adfcsachsen/7087202213/in/photolist-bNgLiB
Im Absatz Berlin ist der Link falsch gesetzt.
Nein, ist richtig. Dahinter steckt der Berliner Antrag. Wurde nur von den Göttinger Piraten hochgeladen.
[…] für Radfahrer gefordert, unter anderem in Dortmund, Essen und Köln. Eine Übersicht ist bei itstartedwithafight.de zu finden.Das Schild müsste durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur […]
[…] der Seite ‘It started with a fight’ ist übersichtlich dargestellt, wer, wo und wie den grünen Pfeil […]
Wir haben jetzt schon die Todesfalle „rechtsabbiegender LKW“ versus „rechtsüberholender Radfahrer“. Jetzt kommt noch der „rechtsabbiegende Radfahrer“ als Todeskandidat dazu, der urplötzlich auf der Fahrbahn des grünberechtigten Autofahrers auftaucht, weil er dort keine Radspur mehr hat.
Und trotzdem dürfen Radfahrer ohne Straßennutzungssteuer und Zwangshaftpflicht-Versicherung in den Straßenverkehr. Dieser Eingriff in die Sicherheit ist eine Verantwortungslosigkeit ohnesgleichen.
MfG
HFS