Im „Pro & Contra“ der Braunschweiger Zeitung geht es heute (30. Juni 2015) um Fahrradstraßen. Als Befürworter kommt Jens Schütte aus dem Bundesvorstand des ADFC zu Wort und nennt Fahrradstraßen einen „wesentlichen Baustein einer erfolgreichen Radverkehrsförderung“.

Dem gegenüber steht der CDU-Landtagsabgeordnete Dirk Toepffer. Er sagt, Fahrradstraßen seien gefährlich. Und ich denke, dass er genau der Typ Autofahrer ist, der Fahrradstraßen gefährlich macht, wenn er mit dem Auto durchfährt. In seiner Begründung schreibt er nämlich:

Rad- und Autofahrer teilen sich also weiterhin eine Straße. Typische Gefahrensituationen wie plötzlich aufgehende Autotüren, schlechte Sichtverhältnisse, vorbeirauschende Autos bei Kälte, Dunkelheit und Dauerregen, zu geringe Abstände sind also auf einer Fahrradstraße nicht abgeschafft, sondern nach wie vor für Radfahrer wie auf einer Straße ohne Fahrradweg vorhanden. Auch für Kinder bleiben solche Fahrradstraßen gefährlich, weil sie beispielsweise aufgrund ihrer Größe gerne schnell übersehen werden.

Im Einzelnen:

  • Plötzlich aufgehende Autotüren:
    Diese Gefahr ist in Fahrradstraßen insofern nicht in dem Maße gegeben, als dass Radfahrer nicht andauernd das Gefühl haben müssen, den Verkehr zu behindern, weil Autos hinter ihnen sind. Auch hier gilt zwar das Rechtsfahrgebot. Aber sie werden nicht (vermeintlich) auf einen zu schmalen Streifen am Fahrbahnrand gezwungen. Sie können hier mittig und sogar nebeneinander fahren, außerhalb der Dooring-Zone.
  • Schlechte Sichtverhältnisse:
    Eine allgemeine Eigenschaft, die überall gilt und daher nicht gegen eine Fahrradstraße spricht.
  • Vorbeirauschende Autos bei Kälte, Dunkelheit und Dauerregen und zu geringe Abstände:
    Herr Toepffer hat die Verkehrsregeln in der Fahrradstraße nicht verstanden oder ist einer von denen, die sie bewusst nicht befolgen. Autos dürfen nämlich gar nicht an Radfahrern „vorbeirauschen“. Sie müssen sich dem Radverkehr anpassen. Regelbrecher gibt es natürlich auch hier, sie dürfen aber nicht als Rechtfertigung dienen, eine Fahrradstraße gar nicht erst einzurichten.
  • Für Kinder gefährlich, wegen zu geringer Größe:
    Diese Gefahr besteht überall, wird auf der Fahrradstraße aber durch die Geschwindigkeitsbegrenzung und den reduzierten KFZ-Verkehr deutlich abgemildert.

Es ist zwar richtig, dass ein vollständig vom Autoverkehr getrenntes Radwegenetz die sicherste Variante ist. Sie ist in Städten aber schlicht nicht möglich. Insofern sind Fahrradstraßen deutlich sicherer als separierte Radwege mit Kreuzungspunkten und zu schmale Radfahrstreifen auf Straßen mit hohen Geschwindigkeitsunterschieden. Toepffers Argumentation klingt hier verdächtig nach „Freie Fahrt für freie Bürger“.

Wo Toepffer noch recht hat [nur teilweise, siehe Kommentar von Norbert]: die Verwaltungvorschrift zur Straßenverkehrsordnung zieht Fahrradstraßen nur dort in Betracht, wo der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist. Allerdings ist diese Vorschrift nicht zielführend. Zumindest nicht in Bezug auf eine Förderung des Radverkehrs. Dieses Kriterium findet man nämlich noch nicht häufig in Deutschland und sollte daher aus der Verwaltungsvorschrift entfernt werden. Denn wenn man eine Fahrradstraße erstmal eingerichtet hat, wird es nicht lange dauern, bis der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart wird. Aber das will Dirk Toepffer vermutlich gar nicht…

Und schlussendlich darf man nicht vergessen, dass sich Radfahrer auf Fahrradstraßen wohler und sicherer fühlen und damit zum Radfahren ermutigt werden. Das kann ich aus eigenen Befragungen und Verkehrszählungen bestätigen. Darüber hinaus dürften auch Anwohner begeistert sein, wenn sie erst einmal die Ruhe des Fahrradstraßenverkehrs genießen…