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Osnabrück

Das fehlende Konzept

Ich habe ja schon öfter angemerkt, dass mir in Osnabrück ein klares Konzept zur Förderung des Radverkehrs fehlt. Beispielhaft dafür ist eine Fahrt auf dem Wall um die Innenstadt.

Die Fahrt geht los auf einem Radfahrstreifen an der Kreuzung Wall / Martinistraße, der seinen Namen schon bald nicht mehr verdient. Nach 500 Metern geht es dann an der Ecke Schlossstraße auf einen Hochbordradweg. Zwei Querstraßen weiter wird dieser Hochbordradweg dann für ca. 150 Meter hinter parkenden Autos und unter große Bäume geführt, sodass der Radfahrer völlig aus dem Sichtfeld des motorisierten Verkehrs verschwindet. 20 Meter vor der gerade diskutierten und zur Überarbeitung in Auftrag gegebenen Kreuzung an der Kommenderiestraße wird der Hochbordradweg dann hinter einer Hausecke wieder als Radfahrstreifen auf die Fahrbahn geführt.

So geht es eine Weile weiter bis kurz hinter den Niedersachsenplatz. Dort gibt es einen brandneuen Hochbordradweg, der auch noch durch die Wartezone einer Bushaltestelle führt. Vorher war es einheitlicher an dieser Stelle, da gab es noch einen durchgehenden Radfahrstreifen. Auf diesen wird man jetzt nach 100 Metern Hochbordradweg wieder geleitet. Wieder für eine etwas längere Strecke.

Bis zum Goethering in Höhe Hausnummer 17. Da kommt dan die radweggewordene Katastrophe. Der Radfahrstreifen führt hier nämlich gute 100 Meter durch einen „Tunnel“ aus parkenden Autos links und einem Kantstein rechts. Mit Ausweichen ist da nicht viel, wenn sich eine Beifahrertür öffnet. Das sowas überhaupt erlaubt ist…

Goethering Osnabrück (2)

Nun ja, hat man diese 100 Meter geschafft, führt der Radfahrstreifen weiter wie gewohnt – bis kurz hinter das NOZ-Gebäude. Dort geht es dann wieder auf einen Hochbordradweg. Und es wird recht schmal. Vorm Cinema Arthouse kann es da schon mal heikel werden. Hat man diese 200 Meter aber geschafft, geht es wieder zurück auf den Radfahrstreifen. Wer dem Wall folgen will, muss dann zwischen Hasetorbahnhof und Hansastraße zwei Spuren queren damit es links auf dem Wall weitergehen kann – auf einem Radfahrstreifen.

So geht es dann verdächtig lange, über den Rißmüllerplatz hinweg bis kurz hinter die Kreuzung Lotter Straße. Da geht es dann wieder auf einen Hochbordradweg, der etwas abseits der Fahrbahn, neben parkenden Autos verläuft. Nach 300 Metern, kurz vor der Martinistraße, wo wir gestartet sind, geht es dann an der Katharinenstraße aber doch noch mal wieder runter auf einen Radfahrstreifen.

Man sieht also, Klarheit herrscht auf bzw. an dieser wichtigen Ringstraße mitnichten. Jetzt mag der eine oder andere vielleicht sagen, dass es so ja schon seit Jahren ist und es sich nicht einfach ändern lässt. Dem entgegne ich aber mit demselben Argument. Es ist zum Teil sogar schon seit Jahrzehnten so. Zeit, es zu ändern war also ausreichend da. Vor allem um die gefährlichsten Stellen zu entschärfen. Das sind die Kreuzung an der Kommenderiestraße (wurde und wird entschärft [Stand: 12.10.2016]), der „Tunnel“ am Goethering, die Kreuzungen an der Hansastraße und der Lotterstraße, wo Radfahrer die Rechtsabbieger kreuzen müssen, und die Stelle an der Katharinenstraße, wo Radfahrer ähnlich wie an der Kommenderiestraße kurz vor der Kreuzung vom abseitigen Hochbordradweg wieder auf die Fahrbahn geführt werden.

Man kann diese „Radverkehrsführungstour“ jetzt in die verschiedenen Stadtteile fortsetzen und wird immer wieder erkennen, dass es kein durchgängiges Konzept gibt. Zu oft wechseln sich Radfahrstreifen, Schutzstreifen und Hochbordradwege, die mal benutzungspflichtig sind und mal nicht, ab. Gerade am Wall, wo immer mindestens zwei Fahrstreifen pro Richtung und dazu oft ein Parkstreifen vorhanden ist, könnte man durchgehende Radwege bauen, die ihren Namen verdienen. Dafür müsste man aber Flächen neu verteilen…

9 Antworten auf „Das fehlende Konzept“

Zu dem Tunnel: Das ist die eigentlich korrekte Halteweise um einen Radstreifen nicht zu blockieren. Wie wir wissen herrscht auf einem Radstreifen ja Halteverbot.
Wenn aber auf so einem langen Teilstück explizit Parkflächen für Autos vorgesehen sind, wäre es besser die Autos am Bürgersteig entlang aufzustellen und den Radstreifen linksseitig zu führen. Das minimiert zwar nicht das Risiko von öffnenden Autotüren, aber ermöglicht im Ernstfall ein Ausweichen.

Naja, so richtig korrekt ist die Halteweise auch nicht. Denn laut StVO Anlage 2, Abschnitt 9 Markierungen, Nr. 68 – Zeichen 295 darf man links von Sonderwegen nicht halten: 2 a) Links von der durchgehenden Fahrbahnbegrenzungslinie dürfen Fahrzeugführer nicht halten, wenn rechts ein Seitenstreifen oder Sonderweg vorhanden ist.

Das wird hier von der Stadt durch den Parkstreifen ausgehebelt. Und da kann man die Sinnfrage dann schon stellen…

Als baulich angelegter Radweg, also „durch .. Park- oder Grünstreifen von der Fahrbahn getrennt“, müsste nach den Regeln der Kunst ein mindestens 0,75m breiter Sicherheitstrennstreifen zwischen die Längsparker und den Radweg.

Falls es doch „nur“ ein Radfahrstreifen ist, geht das auch nach ERA 2010 nicht gut aus, die zu Radfahrstreifen (3.3 – Parken) schreibt: „Radfahrstreifen rechts neben Parkständen sollen aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht angelegt werden.“

Von den Breiten her werden eh alle gezeigten Konstruktionen jenseits von Gut und Böse sein, der neue gepflasterte Hochbordweg ist da vermutlich noch wenigstens mit den Mindestmaßen unterwegs.

Ob die ERA mit „Die Kombination von Mindestmaßen ist zu vermeiden“ jetzt die Planer oder die Radfahrer anspricht?!

Gibt es auf dem Teilstück eine Benutzungspflicht? Wenn es sie nicht gibt, wäre die Stadt fein raus. Wenn sie allerdings besteht, dann wäre nach deiner Argumentation der Radstreifen in der Form nicht zulässig. Aber wahrscheinlich gilt da Bestandsschutz…

„Bestandsschutz“ gibt es nicht, die Anlagen müssen ja regelmäßig (spätestens alle 2 Jahre) im Rahmen der Verkehrsschauen überprüft werden. Aber selbst wenn die nicht benutzungspflichtig sind, müssen die dennoch den Vorschriften entsprechen, nach Aussage der Stadt selber denselben Vorschriften wie benutzungspflichtige Radwege.
Das ein widerrechtlicher Radweg die Verantwortlichen nicht stört sieht man ja an den bestehenden benutzungpflichtigen Radwegen in Tempo-30-Zonen.

Aber: So lange da niemand gegen klagt, „muss“ die Stadt dort auch nicht handeln. Klagen kann man natürlich nur als Betroffener und das auch nur innerhalb von 2 Jahren…
Und so lange wird halt geprüft und auf sich ändernde Gesetzeslagen verwiesen und geplant und wieder geprüft usw. usf.

Meiner Meinung nach ist die ERA nicht unbedingt die beste Leitlinie. Ich muss immer wieder auf die Gestaltung der (neu gebauten) Radwege in den Niederlanden verweisen. Da ist ein einheitliches, bis in den Details -z.B. schräge Bordsteinkanten- durchdachtes und sehr gut erkennbares Radwegedesign vorzufinden. Das kostet Geld und manchmal Platz. Aber lohnt sich!

Ich hätte da noch einen kleinen Abstecher zu empfehlen: Von dem Heger-Tor-Wall aus nach links in die Dielingerstraße. Das geht legal als Radfahrer gar nicht: Man muss entweder einmal quer über die ganzen Spuren des Walls, um sich bei den Autofahrern als Linksabbieger einzuordnen – wobei man im Berufsverkehr wohl nur geringe Chancen hat das lebend und ohne anschließenden Krankenhausaufenthalt hinzubekommen. Oder man biegt indirekt ab – dort gibt es aber nur eine Fußgängerampel und man muss (theoretisch) schieben und darf nicht mal die Kreuzung fahrend überqueren.

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