Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete am Wochenende über den TumblrOsnabrücker Radwege„, der Bilder von Falschparkern und anderweitig blockierte Radwege zeigt, und entfachte damit wieder mal eine Diskussion zwischen Rad- und Autofahrern.

Vorweg sei noch mal die Motivation des Foto-Blogs erklärt, wie Jörg Sanders von der NOZ es auch schon getan hat: Es geht demnach bei „Osnabrücker Radwege“ nicht darum, einzelne Falschparker anzuschwärzen. Es soll lediglich aufgezeigt werden, wie es auf den Radwegen oft aussieht. Und wie die Straßenverkehrsordnung von einzelnen Autofahrern mit Füßen getreten oder schlicht ignoriert wird.

Radfahrer sind keine Heiligen. Aber darum geht es hier auch nicht!

Es geht nicht darum, die Radfahrer als „Heilige“ darzustellen, die keine Fehler machen. Davon ist nirgends die Rede. Viele Autofahrern tun aber so. Und anstatt das Parkproblem auf Radwegen anzuerkennen, kommen von ihnen nur Gegenkommentare á la „Die Radfahrer fahren ständig über Rot oder auf Gehwegen usw…“

Diese beiden Sachen haben aber nichts miteinander zu tun. Als würde ein Rad fahrender Rotsünder die Rechtfertigung für das Parken auf Radwegen liefern. Das ist absurd. Diese Argumentationslogik der Autofahrer hat Kindergartenniveau. Das muss man so deutlich sagen! Es ist die Verlustangst der jahrzehntelang gehätschelten Autofahrer. Und diese Angst, Teile ihrer absoluten Vorherrschaft auf den Straßen, einbüßen zu müssen, ist noch weitaus größer als die Angst der Radfahrer, angefahren zu werden.

Die Argumentationslogik hat oft Kindergartenniveau.

Kaum zu glauben, aber es wird tatsächlich behauptet, dass sich die Hälfte der Falschparker hier korrekt verhält...

Kaum zu glauben, aber es wird tatsächlich behauptet, dass sich die Hälfte der Falschparker hier korrekt verhält…

Kaum macht sich eine Gruppe Verkehrsteilnehmer auf, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen, bzw. auf die Situation ihrer Rechte aufmerksam zu machen, greifen Verlustängste beim Monopolisten auf deutschen Straßen um sich. Daran erkennt man: Duetschland war lange ein Autoland und ist es immer noch. Dieses Selbstverständnis kann man sehr gut aus den Kommentaren auf noz.de herauslesen, wenn zum Beispiel Peter Stoffels sagt: „Habe mir alle Fotos angesehen Herr Sanders, dabei musste ich feststellen das bei 50% der Fotos der Autofahrer sich korrekt verhalten hat oder können sie mir erlkären wie ein Autofahre sein Ware ausladen soll wenn der Parkstreifen nicht breit genug ist.
Musterbeispiel! Von wegen, 50 Prozent verhalten sich richtig. Absoluter Unsinn! Ist der Parkstreifen zu schmal, d.h. die heutigen Autos zu breit, folgt in der Logik der Autofahrernation daraus, dass der Radweg blockiert werden darf. Dass sich aber der Autofahrer einen passenden Parkplatz suchen und dann halt ein paar Schritte mehr in Kauf nehmen muss, scheint völlig abwegig. Oder dass, wie es die StVO vorsieht, der Autofahrer rechts am Fahrbahnrand halten und den Radweg freihalten muss, kommt ihnen auch nicht in den Sinn. Denn dann wird ja der KFZ-Verkehr blockiert. Dann doch lieber das kleinere Übel – der Radverkehr.

Der blockierte Radfahrer erscheint vielen leider oft als das kleinere Übel.

Und dann der völlig wirre Kommentar von Kirsten E., die zunächst ihre Unkenntnis der Verkehrsregeln preisgibt: „Es gibt aber jede Menge Radfahrer, die allein […] auf der Fahrbahn fahren und den Verkehr hinter sich stauen. Auch dann, wenn Radwege vorhanden sind. Und das kann es auch nicht sein.“ Doch Frau E., das kann sehr wohl sein. Auch vorhandene Radwege müssen nicht befahren werden, wenn sie nicht benutzungspflichtig sind. Und selbst wenn sie es sind, kann der Radfahrer noch auf die Fahrbahn ausweichen, wenn der Radweg in einem zweifelhaften Zustand ist. Es ist wieder das alte Muster: Die Straße gehört den Autos!
Weiter schreibt sie: „Mir ist vor wenigen Tagen beinahe ein Radfahrer ins Auto gefahren, als der Radweg wegen einen darauf parkenden PKW blockiert war und abrupt endete.“ Wahnsinn! Jetzt ist der Radfahrer Schuld, dass er wegen eines blockierten Radweges auf die Fahrbahn ausweichen muss??? Was soll er denn machen? Warten, bis der Autofahrer den Radweg wieder freigibt?

Das sind Einzelmeinungen, klar. Aber sie sind unreflektiert und wenig durchdacht, zeugen von Unkenntnis und werden marktschreiergleich immer schnell rausgehauen. Und so schaukeln sich diese Kommentatoren gegenseitig hoch, heizen sich an und verfestigen ihre nachweislich falsche Auffasung der Sachlage. Und das allgemeine Selbstverständnis der Autofahrernation.

Diskussion nozSchön zu sehen auch an der Auseinandersetzung zwischen Otto Wegener, Peter Stoffels und Tomas Aquinas, der zwar in der Sprache nicht ganz sachlich bleibt, aber sehr gute Argumente bringt. Fällt dem Autofahrer dagegen keins mehr ein, wird verunglimpft. Oder man kommt wieder mit „aber der Radfahrer“ und was er nicht alles falsch macht. Mit dem Parkproblem auf den Radwegen hat das alles wieder nichts zu tun.

Dabei wäre eigentlich alles so einfach, wie Tomas Aquinas schreibt: „Es ist VERBOTEN, auf Radwegen zu PARKEN und zu HALTEN. Ohne Wenn und ohne Aber. Auch wenn man den Warnblinker setzt. Auch wenn man „nur mal eben“ Brötchen holen will. […] Es wird Euch schockieren, aber laut StVO seid Ihr, liebe Autofahrer, dazu verpflichtet, Euch entweder einen „richtigen“ Parkplatz zu suchen (auch wenn Ihr ein paar Meter weit gehen müsst) ODER Ihr müsst auf der Fahrbahn halten. Ach so: warum das so ist? Das ist so, liebe Autofahrer, weil die Autofahrlobby irgendwann mal die Idee hatte, diese störenden Radfahrer von der Straße zu kriegen und sich dafür eingesetzt hat, dass die Radfahrer am besten alle einen eigenen Fahrstreifen bekommen. Ganz für sich alleine.

Es ist verboten, auf Radwegen zu parken und zu halten. Ohne Wenn und ohne Aber.

Es hilft also ein wenig, dass auch Radfahrer kommentieren und das Problem anerkennen und versuchen zu erklären. Allein, es hilft nichts. In Deutschland, so scheint es, hat man das Autofahrer-Gen lange mit der Muttermilch verabreicht bekommen. Diese Generation ist schwer zu überzeugen. Auch ich merke das ab und zu im Familien- und Freundeskreis. Da stößt man entweder auf Unverständnis oder auf die typische Sichtweise, dass die Rechte des Radfahrers eben doch nicht so viel wert sind wie die des Autofahrers.

In den Köpfen der Autonation Deutschland bleibt es also vorerst dabei: vier Räder zählen mehr als zwei!

Bilder: Screenshots von noz.de und osnabrueckerradwege.tumblr.de