Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) startet optimistisch in seine Ü40-Phase. Beim Symposium #MehrPlatzFürsRad zum 40-jährigen Bestehen des ADFC bekräftige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer am Freitag die Zusagen der Bundesregierung, im Rahmen des Klimapakets so viel Geld wie nie zuvor in Radwegenetze zu investieren. Die Delegierten der 40. ADFC-Bundeshauptversammlung verabschiedeten am Wochenende einen vehementen Appell an Bund, Länder und Kommunen, die einmalige Chance für den fahrradfreundlichen Umbau jetzt zu nutzen.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte in seiner Eröffnungsrede zum ADFC-Symposium: „Unser Ziel muss sein, dass Deutschland ein Fahrradland wird. Deshalb habe ich eine Offensive für besseren Radverkehr gestartet – unter anderem mit Fördermitteln in Milliardenhöhe und klaren gesetzlichen Vorgaben. Mit zusätzlich 900 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren werden wir erstmals auch Infrastrukturprojekte der Länder und Kommunen fördern – für eine gerechtere Aufteilung des Straßenraums und eine möglichst lückenlose und sichere Radinfrastruktur. Jetzt müssen wir gemeinsam mit den Ländern und Kommunen dafür sorgen, dass das Geld auch so schnell wie möglich dort ankommt, wo es den größten Nutzen bringt. Also vor Ort – dort, wo die Menschen unmittelbar etwas davon haben und schnell Verbesserungen spüren.“

ADFC-Bundesvorsitzender Ulrich Syberg sagte: „Wir wissen, dass es in vielen Kommunen Radverkehrsbeauftragte und Tiefbauamtsleiterinnen gibt, die bisher – ohne Budget und politischen Rückenwind – kaum etwas für den Radverkehr bewirken konnten. Das Ergebnis sehen wir überall: Das Radfahren ist oft mehr Kampf als Lust. Sie alle dürfen sich freuen: Es sind jetzt völlig neue Dimensionen möglich. Der Bund geht jetzt mit Wucht in bessere Regelwerke und in die Fahrradförderung rein. Er will im ganzen Land Radwegenetze und Fahrradparkhäuser finanzieren, damit alle das Radfahren als attraktiv empfinden. Im 40. Geburtsjahr des ADFC stehen wir an einem Wendepunkt. Jetzt ist erstmals wirklich Geld und politischer Willen für ein fahrradfreundliches Deutschland da!“

Deutschland kann Fahrradland

Ein Massenverkehrsmittel war das Fahrrad bis zum Zweiten Weltkrieg, danach wurde es durch die sprunghafte Verbreitung des Autos fast von den Straßen verdrängt. Seit den 1970er Jahren gibt es durch Ölkrisen, das Aufkommen der Umweltbewegung und die Arbeit des ADFC eine Renaissance des Fahrrads, die allerdings durch die politisch geförderte Dominanz des motorisierten Verkehrs bisher nicht wieder zu voller Blüte kommen konnte. Der Modal Split, also der Anteil des Rades an allen zurückgelegten Wegen, liegt derzeit bei 11 Prozent. In den Niederlanden, dem Land mit dem weltweit besten Radverkehrsnetz, liegt er fast dreimal so hoch bei 27 Prozent. Wegen der hervorragenden Radwege, die im Winter sogar prioritär geräumt werden, bleibt ein Großteil der niederländischen Alltagsradler dem ‚fiets‘ auch in der kälteren Jahreszeit treu. Syberg: „Fahrradfahren muss das neue Normal werden, nur so sind klimafreundlicher Verkehr und lebenswerte Städte in Zukunft möglich.“

Der Platz ist da – er muss nur neu verteilt werden

Alle Studien zum Fahrradfahren zeigen, dass die Menschen durch gute, breite Radwege, sichere Fahrradparkplätze und eine Trennung vom Autoverkehr zum Radfahren motiviert werden können. Die Frage, woher der Platz für großzügige Radwege kommen soll, beantwortet die Bundesregierung in den Papieren zum Klimapaket eindeutig: Es sollen schnell flächendeckende Radwegenetze geschaffen werden, indem ‚normale‘ Straßen zu Fahrradstraßen ausgebaut, Fahrstreifen in geschützte Radfahrstreifen umgewandelt, grüne Wellen für den Radverkehr eingerichtet und moderne Fahrradparkhäuser gebaut werden.

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Beim ADFC-Symposium #MehrPlatzFürsRad wurden weitere internationale Best-Practice-Beispiele vorgestellt: Paris hat ganze Abschnitte des Seine-Ufers autofrei gemacht – und dadurch viel Platz für Begegnungen und den Radverkehr geschaffen. London zeigt mit ‚modalen Filtern‘, wie man den Durchgangsverkehr aus Wohnstraßen verbannt und dadurch Räume für sicheres Radfahren schafft. Und Barcelona hat mit seinen ‚Superblocks‘ ein Rezept entwickelt, wie eine Stadt der kurzen Wege mit ganz wenig Autoverkehr hervorragend funktionieren kann. Syberg: „Städte müssen jetzt anfangen, kreativ zu werden und mutig neue Lösungen auszuprobieren.“

ADFC will Kommunen beim Wandel unterstützen

ADFC-Bundesvorsitzender Ulrich Syberg benannte bei der Bundeshauptversammlung auch die Herausforderungen: „Wir wissen, dass wegfallende Parkplätze und Fahrspuren immer ein großes Politikum sind. Die ADFC-Bundeshauptversammlung hat deshalb richtiger Weise beschlossen, dass ADFC-Gruppen überall im Land Bürgermeisterinnen und Verkehrsplaner darin unterstützen, solche Konflikte konstruktiv zu gestalten und zu lösen. Der ADFC steht bereit, Kommunen bei der Entwicklung von Netzplänen zu unterstützen, Konzepte für sichere Kreuzungen und Einmündungen mit zu entwickeln, Kontakte zu spezialisierten Planungsbüros auch im benachbarten Ausland herzustellen, Konflikte mit Anwohnern und Einzelhändlern zu moderieren und Schnittstellen zu Fördermöglichkeiten zu bilden. Auch das Bundesverkehrsministerium hat signalisiert, dass es die Notwendigkeit zur Unterstützung der Kommunen in diesem Bereich sieht. Alle Zeichen für den Fahrradaufbruch stehen auf Grün!“

Foto: Dirk Michael Deckbar

Pressemitteilung des ADFC