Die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern e.V. (AGFK Bayern) hat eine schöne Broschüre zum Thema Radverkehr als Wirtschaftsfaktor rausgegeben. In WirtschaftsRad: Mit Radverkehr dreht sich was im Handel bündelt die AGFK Bayern verschiedene internationale Studien und macht deutlich, dass sich eine konsequente Radverkehrsförderung positiv auf den örtlichen Handel auswirkt und eben nicht zu Einbußen führt, wie viele Einzelhändler noch immer befürchten.

Die AGFK stellt zunächst einmal völlig richtig heraus, dass der innerstädtische Einzelhandel durch autogerechte Verbraucherparks auf der „grünen Wiese“ und den Onlinehandel stark unter Druck geraten ist. Hier müssen Gegenmittel gefunden werden. Die Stadt autogerecht zu gestalten, kann nicht der richtige Weg sein, da sie nie so autogerecht sein kann, wie der Verbraucherpark auf der grünen Wiese. Mit Hinblick auf das heutige „Shoppen“, das „oft auch Freunde treffen, Kaffee trinken und Essen gehen oder sich einfach durch die Stadt treiben lassen“ impliziert, müssen der Einzelhandel und die Innenstadt an sich also an ihrer Attraktivität arbeiten.

Zu Impulskäufen kommt es bei Fußgängern und Radfahrer viel häufiger als bei Autofahrern. Sie sind mit der richtigen Infrastruktur einfach näher dran.

„Studien zum Einkaufsverhalten in Innenstädten zeigen, dass nur knapp ein Drittel der Passanten gezielt einkauft. Die Mehrheit agiert stattdessen spontan und nutzt die Möglichkeiten, die sich ihr bieten. Je mehr Geschäfte passiert werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Impulskaufs. Auf Grund geringer Geschwindigkeiten und der unmittelbaren Sinneserfahrung gilt dies besonders für Fußgänger und auch Radfahrer, wenn ihnen einladende Infrastruktur bereitgestellt wird.“ Insofern sollten dezentrale Parkmöglichkeiten zurückgebaut und zum Beispiel der Aussengastronomie zur Verfügung gestellt werden.

Ganz ohne Parkplätze geht es natürlich nicht. Man sollte den Kunden aber differenziert betrachten. Es gibt den lokalen Kunden aus der direkten Umgebung, sprich aus der eigenen Stadt. Und es gibt den regionalen Kunden, der zu 90 Prozent mit dem Auto kommt. Auch für ihn stehen zwar Alternativen offen. Ein Autoverzicht fällt hier in der Regel aber schwerer. Es gilt also, die Autoerreichbarkeit der Innenstädte vor allem im regionalen, statt lokalen Bezug zu betrachten. Werden zentrale Parkmöglichkeiten wie Parkhäuser dann gut ausgeschildert, komme der Eindruck eines mangelnden Parkangebots gar nicht erst auf. Denn ist der Parkplatz schnell gefunden, wird der Autofahrer zum Fußgänger und hat ganz andere Bedürfnisse.

Als Fußgänger oder Radfahrer wünscht sich der Besucher nun einen attraktiven und störungsfreien Stadtraum mit hoher Aufenthaltsqualität.

Zurück zum Fahrrad: Verschiedene Studien zeigen, auch das ist nicht neu, dass der Einzelhandel die Bedeutung des Autos für die Anfahrt seiner Kunden viel zu hoch einschätzt und die des Fahrrades teilweise deutlich unterschätzt. Es kommen viel mehr Kunden zu Fuß oder mit dem Rad und viel weniger mit dem Auto als angenommen. (Laut ECF kommen sogar noch zwei Prozent mehr mit dem Fahrrad.)

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Darüber hinaus kann eine Verkehrsberuhigung und Radverkehrsförderung den Einzelhandel lokal sogar (wieder-) beleben. „In New York ist beispielsweise nach der Durchführung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und dem Neubau von Radwegen diese Entwicklung belegt. Der Leerstand ging um über 45% zurück, das Radverkehrsaufkommen verdoppelte sich und der Umsatz bestehender Geschäfte stieg aufgrund der höheren Aufenthaltsqualität und gerechteren Flächenverteilung um 43%.“

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Radfahrer geben in der Summe mehr Geld aus als Autofahrer!

Dass Radfahrer weniger Geld ausgeben, ist auch schon mehrfach widerlegt worden. Die AGFK stellt fest, dass Radfahrer im Jahresdurchschnitt die höchste Kundenrentabilität bieten und dem Einzelhandel 7.500 € pro m², Autofahrer nur 6.625 € pro m² bereitgestelltem Parkraum bringen. Autofahrer geben zwar mehr Geld pro Besuch aus, Radfahrer kommen dafür aber öfter ins Geschäft und geben in der Summe mehr Geld aus.

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Auch das Argument des mangelnden Transportvolumens eines Fahrrads kann die AGFK relativ leicht widerlegen. 80 Prozent der bei einer Studie beobachteten Einkäufe hätten bequem mit einem Fahrradkorb und weitere 14 Prozent mit einem Anhänger bzw. Lastenrad transportiert werden können. Stattdessen wurde in 77 Prozent der Fälle das Auto gewählt – obwohl es nur bei 6 Prozent nötig gewesen wäre.

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Kaufen die Menschen erstmal mit dem Fahrrad ein, bewerten sie ihre Erfahrungen danach fast durchweg positiv. Zumindest deutlich positiver als es die Argumentationen gegen das Fahrrad als Transportmittel immer vermuten lassen.

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Das Fazit der AGFK

„Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Fahrradfahrer bevorzugt lokal in ihrem Viertel (Wohn-/Arbeitsort nah) oder dem Stadtzentrum einkaufen. Mit ihrer im Vergleich zum KFZ-Fahrer erhöhten Einkaufshäufigkeit und der beachtlichen Kaufkraft stärken sie ein lebendiges und gesundes Ortsgefüge. Die höhere Einkaufsfrequenz und bessere Kundenbindung kommen dem Einzelhandel zugute. Dieser kann sich zudem von der Sorge befreien, dass bei aktiver Radverkehrsförderung sein Umsatz einbricht und Kunden ihre Lage als alternativlos bei der Verkehrsmittelwahl einschätzen und daher abwandern.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Alle Grafiken sind der Broschüre „WirtschaftsRad: Mit Radverkehr dreht sich was im Handel“ der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern e.V. entnommen.