Teil vier der Serie 3 Fragen zur Wahl. Heute an Stephan Kühn, MdB und verkehrspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Stephan Kuehn - Bündnis 90_Die Grünen1. Welchen Stellenwert räumt Ihre Partei dem Fahrrad als Verkehrsmittel ein?

Die Förderung des Radverkehrs hat für Bündnis 90/Die Grünen verkehrspolitische Priorität. Radfahren ist gesund, preiswert, umwelt- und klimafreundlich. Es trägt zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten bei, da es keinen Lärm verursacht, keine Schadstoffe in die Luft ausstößt und weniger Platz beansprucht als der Autoverkehr. Zudem ist die Förderung des Radverkehrs so günstig wie bei keinem anderen Verkehrsmittel. Jeder Euro ist also gut investiert.

Wir Grünen wollen Deutschland zu einem fahrradfreundlichen Land machen, auf dem Land wie in den Städten. Auf vielen Strecken könnte das Fahrrad das Auto ablösen, die Hälfte aller Autofahrten ist kürzer als fünf Kilometer. Doch dazu muss das Radfahren noch attraktiver und sicherer werden. Wesentliche Voraussetzung dafür ist der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur mit dem Ziel, ein flächendeckendes integriertes Radverkehrsnetz in Deutschland zu schaffen.

2. Wie wird der Radverkehr ab 2014 gefördert, wenn Ihre Partei dann in der Regierung vertreten ist?

Um den Radverkehr zu fördern und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, brauchen wir klare Ziele und eine gesicherte Finanzierung. Deshalb wollen wir den Nationalen Radverkehrsplan (NRVP 2020) zum ambitionierten Aktionsplan weiterentwickeln. Die Bundesmittel zum Ausbau und Erhalt von Radwegen an Bundesstraßen wollen wir auf mindestens 100 Mio. Euro/Jahr erhöhen und für die Förderung nicht-investiver Maßnahmen mindestens 5 Mio. Euro jährlich bereitstellen, insbesondere in Hinblick auf die Weiterentwicklung des NRVP 2020, den Forschungsbedarf im Bereich Radverkehrs sowie zur kontinuierlichen Fortführung der Fahrradakademie. Zur Koordinierung der bundesweiten Aktivitäten zur Stärkung des Radverkehrs wollen wir im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ein eigenständiges Radverkehrsreferat einrichten und angemessen personell ausstatten. Unser Ziel ist es, den Anteil des Radverkehrs am gesamten Verkehr bis 2020 auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen.

Wir Grünen wollen eine neue Fahrradkultur in Deutschland schaffen. Damit Radfahren einfacher, komfortabler und sicherer wird, wollen wir im Rahmen von Modellprojekten und bundesweiten Aktionen folgende Fördermaßnahmen auf den Weg bringen:

Wir werden Kampagnen unterstützen, die mehr Bewusstsein für gegenseitige Rücksichtnahme wecken sowie eine moderne Mobilitätserziehung fördern, die Kindern hilft, ihre Wege selbstständig zurückzulegen. Radfahren und Zufußgehen sollten dabei an erster Stelle stehen.

Länder und Gemeinden wollen wir beim Bau von Radschnellwegen in Ballungsgebieten finanziell unterstützen, um vor allem Pendlern zu ermöglichen im Alltagsverkehr längere Strecken zügig und sicher zurückzulegen. Damit kommen wir auch dem Trend zu elektrisch unterstützten Fahrrädern (Pedelecs) entgegen.

Kommunen sollen finanzielle Hilfe bekommen, um an Knotenpunkten des öffentlichen Nahverkehrs moderne Fahrradparkhäuser und Radstationen einzurichten, damit diese an zentralen ÖPNV-Haltepunkten zum Standard werden.

Durch Pilotprojekte mit „Cargo-Bikes“ wollen wir innerstädtische Kleintransporte auf das umweltfreundliche Fahrrad verlagern. Und durch neue „Bike-Sharing-Angebote“ die Nutzung von Leihfahrrädern in Verbindung mit Tickets des öffentlichen Nahverkehrs vorantreiben. Die Mitnahme von Fahrrädern im Zug wollen wir in allen Zug-Kategorien ermöglichen und bundeseinheitliche Regelungen schaffen, die den bestehenden Tarifdschungel ersetzen und den Fahrradtransport erleichtern.

Radfahren muss sicherer werden. Deshalb wollen wir es Kommunen erleichtern, innerorts Tempo 30 auszuweisen und entsprechende Restriktionen in der Straßenverkehrsordnung abschaffen. Ferner ist bei der Planung und beim Bau von Radwegen ein Umdenken in den Kommunen und der Stadt- und Verkehrsplanung erforderlich. Fördermittel dürfen künftig nur noch dann gewährt werden, wenn die ERA 2010 und andere relevante Regelwerke beim Neu- und Ausbau von Radverkehrsanlagen angewandt werden. Dies wollen wir verbindlich festschreiben.

3. Welchen Stellenwert hat das Fahrrad für Sie persönlich und wie oft sitzen Sie selbst im Sattel?

Persönlich nutze ich das Fahrrad viel und gerne, sowohl für meine Alltagswege in Berlin und Dresden als auch im Urlaub. In den Sitzungswochen des Bundestages fahre ich zum Büro besonders gerne den Panke-Radweg entlang. Das hilft mir, auch in stressigen Zeiten einen kühlen Kopf zu bewahren. Wie wichtig mir das Thema Radverkehr als grüner Verkehrspolitiker ist, wollte ich auch im Wahlkampf verdeutlichen. Deshalb habe ich einen großen Teil meiner laufenden Wahlkamptour in Sachsen per Rad zurückgelegt.