Am Dienstag fand eine erste Ortsbegehung an der Martinistraße statt. Diese soll an einem Sonntag im September 2018 unter dem Motto „Osnabrück hat autofrei“ gesperrt und zwischen der Kreuzung Heger-Tor-Wall/Schlosswall bis zur Kreuzung Am Kirchenkamp zur Erlebniswelt einer nachhaltigen mobilen Zukunft werden. Statt tausender Autos, die dort täglich in die Stadt rein und wieder raus fahren, soll es ein buntes Rahmenprogramm geben – mit Ausstellungen rund um die „Mobilität jenseits des Pkw“ und unter Beteiligung von Anwohnern, Künstlern und Initiativen.
Die Veranstaltung lief zunächst unter dem Motto „Autofreier Sonntag“ und hat jetzt den schönen Slogan „Osnabrück hat autofrei“. Es ist fast wie bei Asterix und Obelix: ganz Osnabrück? Nein, ein kleines Stückchen Straße, 950 Meter um genau zu sein, wird tatsächlich autofrei. (Wenn zur Finanzierung dann nicht doch noch ein Elektroautohersteller ins Boot geholt werden muss.) Dietmar Kröger kommentiert bei noz.de: „Ein autofreier Sonntag, und wenn auch nur auf der Martinistraße, ist da keine schlechte Idee. (…) Das kann man nicht nur, das muss man machen.“
Ein autofreier Sonntag ist eigentlich nie eine schlechte Idee. Und ja, auch ich sage, dass man das machen muss, um zumindest den Osnabrückerinnen und Osnabrückern Alternativen zum Auto aufzuzeigen. Aber eine eineinhalb Jahre vorher beworbene Veranstaltung mit dem Titel „Osnabrück hat autofrei“, bei der dann nur eine (!) Straße gesperrt wird, ist für mich kein erster Schritt. Es hört sich eher nach einem Armutszeugnis der Politik an, die es nicht geschafft hat, hier einen Rahmen für einen (!) Tag zu schaffen, der Hand und Fuß hat. Die autofreie Straße 2018 ist ein immenser Rückschritt zu 1973, als ein autofreier Sonntag in Osnabrück noch das war, was sein Name vermuten lässt: autofrei! Jetzt wird es eine Art Messe, die auf einer Straße stattfindet. Neuer Stadtraum zum Spazierengehen, Fahrradfahren, Spielen usw. wird so nicht gewonnen. Und ein Gefühl für eine (weitgehend) autofreie und dadurch ruhigere Stadt wird sich auch nicht einstellen.
Diese autofreie Straße 2018 ist ein Kniefall vor dem Auto und das kleinstmögliche Zugeständnis an die Befürworter eines autofreien Sonntags.
Diese autofreie Straße 2018 ist ein Kniefall vor dem Auto und das kleinstmögliche Zugeständnis an die Befürworter eines autofreien Sonntags. Und wenn der eine oder andere vielleicht denken mag, „dass 10.000 Euro für einmal Straßesperren ein bisschen tief ins Portemonnaie gegriffen ist“, wie Kröger von der NOZ befürchtet, was sind dann erst die Unsummen, die jedes Jahr für Investitionen in die Infrastruktur für Autos investiert werden? Oder die Unsummen für bauliche Maßnahmen wie Berliner Kissen oder Verkehrsinseln, zu denen sich die Stadt gezwungen sieht, weil viele Autofahrer die Schilder mit Tempo 30 nur noch als Deko wahrnehmen?
10.000 Euro sind da eine Spielerei. Genauso wie „Osnabrück hat autofrei“ im kommenden Jahr. Es geht bei einem solchen Tag im Übrigen auch überhaupt nicht darum, das Auto zu verteufeln, wie einige wenige Stimmungsmacher im Stadtrat immer wieder behaupten. Bei den immer weiter steigenden Zulassungszahlen von PKW wird Osnabrück in nicht allzu ferner Zukunft gezwungen sein, alternative Mobilität massiv zu fördern, damit Menschen hier überhaupt noch mobil sein können. Wer jetzt schon über Stau plagt, wird sich dann noch wundern. In Großstädten sieht es nämlich heute schon ganz anders aus.
Bleibt also zu hoffen, dass die Anwohner, Künstler und Initiativen die Sache mit mehr Elan angehen, als die Politik und dass die Verwaltung das Beste aus „Osnabrück hat autofrei“ macht.
10 Antworten auf „Osnabrück hat autofrei?“
[…] Als Reaktion hierauf möchten wir Ihnen gerne den Beitrag des Blogs itstartedwithafight zu OSNABRÜCK HAT AUTOFREI. sowie das von uns geführte Interview präsentieren (mit freundlicher Genehmigung von Daniel Doerk). Den Originalbeitrag finden Sie HIER. […]
Diese ganzen halbherzigen Aktionen der Osnabrücker Politik um den Schein zu erwecken, sie würden sich um die Autoalternative Infrastruktur kümmern, ist mMn eine Farce.
Fahrradschnellweg von Belm in die Innenstadt für zig Millionen? Lächerlich. Leuchtende Radwege (in BLAU!!!) am Rosenplatz? Satire. Und jetzt diese Aktion hier. Ales zusammen mutet das mehr nach Schildbürgerstreichen an, als das es an ernstgemeinte Versuche zur Verkehrswende erinnert.
Die Radwege wirklich aufzuarbeiten und die Verkehrsberuhigung (Tempo 30 in der Innenstadt) in Osnabrücks Zentrum wären Schritte, die wirklich ein Umdenken zeigen könnten. Aber da ist wohl keine finanzstarke Lobby mit an Bord.
Schade Osnabrück, so wird auch in 2 Jahren beim nächsten Klimatest des ADFC wieder ganz mies abgeschnitten.
Na, der Radschnellweg ist überhaupt nicht lächerlich. Der kann eine sehr nette Alternative zum Auto werden. Und hoffentlich weitere nach sich ziehen. Und von den Millionen zahlt der Bund das meiste. Davon geht die Stadt nicht zugrunde…
Radschnellweg: Im Prinzip schon. Aber ist auf dieser Strecke dort wirklich ein Schnellweg nötig? Die Strecke ist für Räder eigentlich schon gut. Das Geld geht hauptsächlich für Schneeräumen im Winter, Beleuchtung und komplizierte Ampelschaltung drauf. Keine Ahnung ob das wirklich muss. Ich fänds besser, wenn dafür mehr Radwege auf eine vernünftige Breite gebracht würden oder überhaupt Radwege entstehen würden.
Tja, dazu können sich große Teile der Politik leider nicht durchringen…
Da erreicht man mit nem Radrennen ja mehr :p
So ne Osnabrücker Antwort auf den Münsterlandgiro,
oder man kooperiert mal mit Wallenhorst, dort findet ja regelmäßig die Juniorenrundfahrt statt.
Dann halt nicht nur Rennen sondern auch ein wenig Rahmenprogramm?
Sowas müsste doch gehen?
Die 10.000 Euro würden immerhin locker reichen um folgende, wesentlich effektivere Maßnahmen anzugehen:
– die bestehenden Radstreifen auf dem Wall komplett absichern mit Pollern linksseitig, so dass kein Auto/Lkw diese mehr überschreiten kann und immerhin gezwungenermaßen ein Minimalabstand eingehalten wird
– sämtliche Autohaltelinien auf dem Wall nach hinten zurückversetzen, so dass Radfahrer schneller losfahren können
– Bordsteine an besonders brenzligen Stellen wie z.B. auf dem Erich Maria Remarquering (gibt so ne Ausbuchtung) entfernen
Das Geld würde dafür leider bei Weitem nicht ausreichen. Und so wie die Radfahrstreifen momentan sind, würde das auch wenig Sinn machen. Erst wenn der Beschluss für eine deutliche Verbreiterung da ist, kann man eine bauliche einrichten. Davon ist ein großer Teil der Politik aber noch weit entfernt.
In Münster nennt sich so eine Sperrung einer Hauptverkehrsstraße übrigens Hammerstraßenfest…Eine Straße zu sperren und als autofreien Tag anzukündigen ist einfach nur lachhaft!
Sinnvoller wäre auch die Lotter Straße gewesen, um auch den autofahrenden Mitbürgern zu zeigen, was für eine schöne Fußgängerzone diese Geschäftsstraße eigentlich sein könnte.
Die Lotter Straße hat bereits ihr eigenes Straßenfest. Da finde ich die Martinistraße besser gewählt.