Eine kleine Gruppe von Fahrradaktivisten um Heinrich Strößenreuther will in Berlin per Volksentscheid eine Wende in der Verkehrspolitik einläuten. Der Volksentscheid Fahrrad formuliert 10 Ziele, die dem Radverkehr in der Hauptstadt nachhaltig auf die Sprünge helfen soll. Bürger sollen demnach die Möglichkeit bekommen, über den Paradigmenwechsel per Volksentscheid abzustimmen. Im ersten Schritt sind dafür 20.000 Unterschriften nötig.
Das sind die Forderungen:
1. Sichere Fahrrad-Straßen auch für Kinder und Senioren
Zusätzliche 200 km echte Fahrradstraßen mit fünf Metern Breite und mit Vorfahrt für das Fahrrad auf der Fahrradstraße.
2. Jede Hauptstraße mit sicheren Radspuren
Mindestens zwei Meter breite, asphaltierte Radwege oder –spuren an oder auf allen Hauptstraßen mit sicherem Abstand zu parkenden Autos.
3. Kreuzungen entschärfen und abgasfreie Ampelaufstellzonen markieren
Bis 2020 werden die 50 gefährlichsten Kreuzungen des Online-Verfahrens 2013 nach Best-Practice-Standards verbessert, an 200 Kreuzungen Radfurten sowie an weiteren 200 Ampelanlagen Radaufstellzonen rot markiert.
4. Radkomfort und –sicherheit per Bürgerdialog steigern
Onlinebeteiligung, Tracking oder sonstige Feedbacktools zu Kleinlücken, Ärgernissen, Baumwurzeln etc. nutzen, um 1.000 zu identifizierende Sofort-Maßnahmen á 5.000 Euro Aufwand bis 2020 zu beseitigen.
5. Fahrräder parken können
200.000 schlaue Radstellplätze bis 2020, die Hälfte an Haltestellen von U-, S- und Regional-Bahn, die andere Hälfte in den Geschäfts- und Wohngebieten.
6. Grüne Welle fürs Radfahren
Grüne Welle bei Tempo 20 an mindestens 50 Straßenabschnitten über mindestens drei Kreuzungen hintereinander bis 2020.
7. Radschnellwege konkret
100 km Radschnellwege in Senatsverantwortung bis 2025 eingeweiht, damit mehr Pendler aufs Rad umsteigen mögen.
8. Freie Wege und mehr Verkehrsmoral für Alle
Je Polizei-Direktion eine Fahrrad-Staffel mit 20 zusätzliche Stellen bis 2018 eingerichtet, die Sicherheitsverstöße von und gegen Radfahrer und Fußgänger ahnden, Rad-Diebstähle besser aufklären, Tempolimits durchsetzen, dem Zuparken aller ein Ende setzen und die Schwächsten wirklich schützen.
9. Berliner Verwaltungen für mehr Radverkehr aufstocken
Ausreichend Planer-Stellen werden über den Senatshaushalt als Pool auf Senatsebene und auf Bezirksebene als regionalisierte Aufgabe eingerichtet, Zuständigkeiten geschärft, quartalsweise Ziele-Fortschritt öffentlich berichtet (Gesamtzahl der Stellen richtet sich nach dem Gesamtbudget dieser Maßnahmen).
10. Berlin mit mehr Öffentlichkeitsarbeit auf mehr Radverkehr vorbereiten
Jedes Jahr mit mindestens 2,5 Mio. € PR-Kosten die Stadt und Verkehrsteilnehmer auf steigenden Radverkehr sensibilisiert, die Maßnahmen begleitet und die Vorteile beworben.Im Januar 2016 starten wir den Prozess einer Entscheidungsvorlage bzw. eines Berliner Fahrrad-Gesetzes, um die Ziele konkret und für das Abgeordneten-Haus entscheidbar zu machen.
Noch ist die Gruppe relativ klein, hat aber schon einige namhafte Unterstützer: VCD NordOst, BundJugend, MitRadGelegenheit, n-ails, Urbanophil und das Fahrradfreundliche Netzwerk Neukölln. Trotzdem werden Interessierte gesucht, „die fachlich helfen können, sich als Juristen beim Formulieren von Gesetzen auskennen, die als Planer in den Verwaltungen sitzen und endlich Bewegung sehen wollen, die als Kreative mit Fotos, Illustrationen, Grafik-Arbeiten, Filmen, Musik, Aktionen, aber auch mit Spenden, Räumen, Räumlichkeiten, Sachspenden und und und dazu beitragen wollen, dass es einen politische nachhaltige Richtungsentscheidung gibt“.
5 Antworten auf „Volksentscheid Fahrrad“
Punkt 5 hat Korrekturbedarf. Glaub ich jedenfalls. ;-)
War rüberkopiert. Aber in der Tat. Wenigstens EIN aufmerksamer Leser ;-)
Wenn ich nur so tapfer wäre, das in meiner Stadt auch zu fördern… Ich beneide Berliner.
Der Neid kommt recht verfrüht. Noch ist nichts passiert. Und selbst wenn diese Initiative irgendwann mal sämtliche Hürden überwunden haben wird, dann trifft der Erfolg in der Angelegenheit auf die Berliner Verwaltung.
Das wird eine harte Landung. Man spricht nicht ganz grundlos vom „Failed State Berlin“.
Trotzdem natürlich eine sehr, sehr wertvolle Initiative.
Hallo Sternburg,
ich schreibe hier auch als jemand, der dieses Initiative mitinitiiert hat: Die Berliner Verwaltung ist ein dickes Brett, da besteht kein Zweifel. Aber Volksentscheide sind in den letzten Jahren in Berlin eine Erfolgsgeschichte gewesen. Im kommenden Jahr sind Wahlen in Berlin, und wir bringen sehr viel Druck auf dieses Thema.
Zur aktuellen Entwicklung: Nach unserer Veröffentlichung wurden wir überschwemmt mit Zuschriften von Helferinnen und Helfern, viele Jurist*innen waren darunter, aber auch Angebote aus allen Bevölkerungs- und Altersschichten. Die Zustimmung in den Zuschriften lag bei 95%. Wir gehen mit diesem Rückenwind alle weiteren Schritte und freuen uns natürlich nach wie vor über jede Art von Unterstützung und über kritisch-wohlwollende Begleitung aus der Szene.
Ride Safe
Peter Feldkamp