Ich veröffentliche heute mal einen Vorfall aus Darmstadt, weil er exemplarisch für viele Nachbarschaften ist. Sabine Crook hatte die Stadt gebeten, etwas gegen Falschparker zu tun, die Fußgänger behindern und ein denkmalgeschütztes Mosaikpflaster zerstören. Die Stadt ist sogar tätig geworden und hat Steinquader aufgestellt. Das Problem blieb aber in Teilen bestehen. Daher schreckt Sabine auch vor Anzeigen nicht zurück, wenn auf dem Gehweg mal wieder gar nichts geht.

Dass man sich damit natürlich nicht nur Freunde macht, ist relativ klar. Kürzlich hat sie an ihrem Fahrrad einen Brief gefunden. Er ist gespickt mit den üblichen Ausreden von angeblichem Parkplatzmangel über Verharmlosung bis hin zu persönlicher Faulheit. Zu erkennen gibt sich der Verfasser dabei aber nicht.

Sabine hat sich an die örtlichen Medien gewandt, auch um den anonymen Briefschreiber zu erreichen und sich zu erklären. Da es dort kein Interesse an dem Fall gibt, veröffentliche ich Sabines Text hier.

Denkmalgeschützes Mosaikpflaster bedroht

In der Heidenreichstraße im Darmstädter Woogsviertel liegt wie an vielen Stellen der Jugendstilstadt denkmalgeschütztes Mosaikpflaster auf dem Gehweg. Darmstadt bewirbt sich aktuell bei der UNESCO um den Status des Weltkulturerbes. Der Jugendstil wurde in Darmstadt geboren. Daher ist dieses Mosaik besonders schützenswert. Es ist eine schöne Alternative zum gewöhnlichen Betonpflaster oder Asphalt. Es ist aber auch besonders empfindlich für hohe Belastungen, wie durch schwere Autos, an die zu Zeiten der Verlegung nicht gedacht werden konnte.

Kein Durchkommen mehr.
Fotos: Sabine Crook

Als Anliegerin wollte ich die schleichende Zerstörung des Pflasters nicht weiter hinnehmen. Schützenswert sind auch all die Menschen, die zu Fuß dort laufen möchten. Ich denke als examinierte Krankenschwester auch an Menschen mit Gehbehinderung, Schulkinder, die hinter großen Motorhauben nicht mehr gesehen werden oder Eltern mit Kinderwagen, die sich auf dem schmalen Streifen zwischen Auto-Außenspiegel und Gartenmauern hindurchzwängen müssen. Teilweise wurde den Passanten nur noch 40cm Restbreite zugestanden. Auch ist dieser Gehweg eine wichtige Verbindung von der Bushaltestelle zum Trainingsbad bzw. Woog. Hier laufen zu coronafreien Zeiten viele Grundschüler entlang.

Ich wandte mich an das städtische Mobilitätsamt, welches natürlich auch auf Druck von der Initiative Radentscheid Darmstadt dann zügig reagierte. Die Anwohner wurden mittels Brief informiert, dass Steinquader aufgestellt würden, um das Mosaik zu schützen. Das Mobilitätsamt ließ in der Heidenreichstraße Steinquader aufstellen, um das Pflaster vor weiteren Beschädigungen zu schützen und den durch viele Autoreifen plattgefahrenen Grünstreifen wieder freizulegen. Die grauen Würfel eignen sich jetzt auch für eine kurze Verschnaufpause oder einen Plausch auf der Straße.

Seit dem Aufstellen der Quader parken nun vermehrt Autos auf den Grundstücken und nur noch vereinzelt auf dem Bürgersteig. Auch bietet die Rossdörfer Straße genügend legale Parkplätze am Fahrbahnrand. Damit könnte die Geschichte an dieser Stelle enden. Dennoch wird nun zwischen den Quadern munter weiter geparkt. Fahrtechnisch bestimmt eine Herausforderung: Sehr hoher Bürgersteig verbunden mit Steinquadern. Nun erhielt ich aber unvermittelt ein anonymes Schreiben – an mein Fahrrad geheftet.

Der Verfasser oder die Verfasserin beklagt sich über Anzeigen gegen Falschparker, wobei Falschparker in Anführungszeichen gesetzt wird. Parken ist auf dem Gehweg aber grundsätzlich verboten und kostet ab 55 Euro Bußgeld, bei Behinderungen oder länger als einer Stunde fallen 70 Euro und ein Punkt in Flensburg an. Scheinbar besteht überhaupt kein Unrechtsbewusstsein, obwohl die StVO hier völlig eindeutig ist. So sieht es auch die Kommunalpolizei, die in den vergangenen Wochen mehrfach Autos vom Gehweg abschleppte.

Jedem ÖPNV-Nutzer wird ein 500 Meter langer Fußweg zur Bushaltestelle zugemutet – der Autobesitzer ist sich aber zu schade 500 Meter zum Auto zu laufen.

Weiterhin wird in den anonymen Brief davon gesprochen, ich sei nicht bereit zu meiner Initiative zu stehen und man müsse sich deshalb selbst auch anonym halten. Dabei schreibe ich auf Facebook und Twitter stets mit offenem Visier und mache nie ein Geheimnis daraus, mich schon in zahlreichen Initiativen für die Verkehrswende engagieren zu haben. Ich poste auch in dieser Sache fortlaufend und bin für Kommentare ansprechbar.

Ich würde mir wünschen, offen mit allen Beteiligten zu sprechen und dass sich nicht hinter anonymen Schreiben versteckt wird. Kinder bis 9 Jahren müssen auf dem Gehweg radeln, dürfen sogar von den Eltern dort begleitet werden. Wie soll das möglich sein? Jedem ÖPNV-Nutzer wird ein 500 Meter langer Fußweg zur Bushaltestelle zugemutet – der Autobesitzer ist sich aber zu schade 500 Meter zum Auto zu laufen. Direkt vor dem Haus muss es schon sein. Auch ist es für Autofahrer völlig normal, mit dem Beifahrer im Auto nebeneinander zu sitzen und zu reden – dem zu Fuß Gehenden wird das unmöglich gemacht. Familien müssen immer hintereinander im Gänsemarsch laufen. Kommunikation wird so unmöglich gemacht. Hier wünsche ich mir mehr Miteinander und Rücksicht.