Am Donnerstag berät der Verkehrsgerichtstag über Maßnahmen gegen zunehmende Aggression auf den Straßen. Auch nach Wahrnehmung des Fahrradclubs ADFC wird das Auto immer häufiger als Druckmittel gegen Radfahrende eingesetzt. Er fordert die konsequentere Verfolgung von gefährlichem Verhalten, mehr Polizeistaffeln auf dem Fahrrad und kommunale Bauprogramme für physisch geschützte Radwege.
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Ein aggressives Verkehrsklima ist Gift für den Radverkehr. Es führt dazu, dass die Menschen sich lieber in Auto-Trutzburgen verschanzen anstatt, wie politisch erwünscht, gern und häufig auf das Rad zu steigen. Rücksicht-Kampagnen reichen nicht. Wir brauchen Infrastruktur, die schützt, und Sanktionen, die richtig wehtun!“
Aus Studien ist bekannt, dass Radfahrende regelmäßig zu eng von Kraftfahrzeugen überholt und dadurch in Stress und Gefahr gebracht werden. ADFC-Mitglieder berichten außerdem, dass sie von Autofahrenden auf der Fahrbahn gezielt abgedrängt, angehupt oder durch aufheulende Motoren genötigt werden. Ursachen sind nach Auffassung des ADFC eine überkommene Autokultur, schlechte oder fehlende Fahrradwege und die wachsende Enge in den Städten, durch zunehmenden Autoverkehr und immer größere Autos.
Deutschen Autofahrern wurde über Jahrzehnte signalisiert, dass die Straßen nur für sie und für eine möglichst hohe Geschwindigkeit gemacht sind. Damit muss endlich Schluss sein!
Der ADFC kritisiert in diesem Zusammenhang die gängige Praxis der Kommunen, den Radverkehr ohne physischen Schutz gemeinsam mit dem schnellen Auto- und Schwerlastverkehr auf die Fahrbahn zu schicken. Stork: „Deutschen Autofahrern wurde über Jahrzehnte signalisiert, dass die Straßen nur für sie und für eine möglichst hohe Geschwindigkeit gemacht sind. Damit muss endlich Schluss sein! Die Kommunen müssen jetzt loslegen, breite, vom Autoverkehr weitgehend getrennte Radwege zu bauen! Dafür stellt der Bund ab diesem Jahr Rekordmittel aus dem Klimapaket zur Verfügung, jetzt muss es auch auf die Straße kommen!“
Auch bei der Polizei herrscht nach Auffassung des ADFC eine Windschutzscheibenperspektive vor. Polizisten sind in der Regel selbst im Auto unterwegs und ahnden zu selten gefährliches Verhalten gegenüber Radfahrerinnen und Radfahrern. Den speziellen Blick für die Probleme des Radverkehrs kann nur ein Perspektivwechsel schärfen. Der ADFC fordert deshalb bundesweit Fahrradstaffeln der Polizei, wie sie in Berlin, Frankfurt und anderen Städten bereits erfolgreich etabliert wurden.
Pressemitteilung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs e.V.
Und ein passender Beitrag des SWR dazu.
15 Antworten auf „Zunehmende Aggression im Straßenverkehr“
Ich halte nachwievor das Radeln auf der Fahrbahn für die sicherste Option. Was es jedoch zunehmend gefährlicher macht, sind die nunmehr überall aufgepinselten „Empfehlungsstreifen“ für Radler am rechten Fahrbahnrand. Hier in Hannover bilden sie meist akkurat die Dooring-Zone ab, weshalb ich auf der Linie oder links davon fahre, um nicht (wieder) getürt zu werden.
In meiner Beobachtung anderer Radler, die AUF dem Empfehlungsstreifen fahren, führt dieser dazu, dass Autofahrer dort KOMPLETT auf jeglichen Sicherheitsabstand beim Überholen verzichten. Mit hohem Tempo und nicht einmal einer Handbreit Platz wurde so die massenhafte Gefährdung zum Volkssport gemacht - Danke für nichts, Hannover!
> Ich halte nachwievor das Radeln auf der Fahrbahn für die
> sicherste Option.
Das ist zwar objektiv die risikoärmste Methode, aber beim ADFC und dem Großteil der Radfahrer steht die gefühlte Sicherheit an erster Stelle. Bei weniger erfahrenen Radfahrern sieht es da mit dem Fahren auf der Fahrbahn schlecht aus. Die fühlen sich am sichersten auf dem Gehweg, was jedoch vermutlich noch gefährlicher als das Fahren auf dem Radweg sein dürte. Verrückte Welt.
https://nerdpol.ch/posts/e53976a024b60138055152540039b762 dazu:
Wow! Um so viel Binnenunlogik in eine einzige Aussage zu packen, müßte ich wohl erstmal ein paar Semester Theologie studieren. Was sollte stärker dazu geeignet sein, Autofahrer/inne/n zu signalisieren, daß die Straßen nur für sie und eine möglichst hohe Geschwindigkeit gemacht sind, als getrennte Radwege? Dafür wurden sie schließlich erfunden!
Gegenvorschlag: Getrennte Radwege im Regelfall abschaffen, die “möglichst hohe Geschwindigkeit” auf Tempo 30 reduzieren und den Autler/innen signalisieren, daß die Straßen allen Verkehrsteilnehmer/inne/n gehören!
„BINNENUNLOGIK“ triffts ganz gut:
https://nerdpol.ch/p/7448727
Ob jetzt Abschaffung von getrennten Radwegen als Regelfall zielführend Ist?
Bei dem im Link vorgeschlagenen T30 dürfte das jedenfalls realistischer zu einer „Verkehrswende“ beitragen, als der ADFC-NL Trend mit komplett Rad-befreitem (Auto-)Fahrbahnnetz zur Verflüssigung des immer weiter und weiter steigenden Autoverkehrs.
Die allermeisten real existierenden Radwege sind so indiskutabel, daß die Frage nur sein kann, ob sie einfach weg können oder komplett neu geplant und gebaut werden müssen. Wenn Tempo 30 gilt, darf meines Wissens sowieso kein neuer Radweg gebaut werden (oder so ähnlich). Radwege haben, glaube ich, nur Bestandsschutz in diesem Fall. Insofern ist die Abschaffung der meisten Radwege vielleicht nicht zielführend, aber unvermeidlich.
Das Autofahrbahnnetz läßt sich von Radfahrern genauso wenig befreien wie das Randverkehrsnetz von Kraftfahrzeugen. Das ist in zwei Dimensionen einfach nicht möglich, solange man nicht eine Verkehrsart verbietet.
Man kann natürlich den Radverkehr an den Rand drängen, um den Kraftverkehr zu beschleunigen, aber an der nächsten Einfahrt oder Kreuzung sieht (oder trifft?) man sich wieder.
Der ADFC hat in 40 Jahren seines Bestehens ca 35 Jahre lang behauptet, Radfahren auf der Fahrbahn sei sicherer, Radfahrer sollen selbstbewusster auf der Fahrbahn radeln.
Nun liest man überall genau das Gegenteil, Radfahrer sollen breite Radwege haben, die Kommunen werden kritisiert Radfahrer ohne Schutz auf die Fahrbahn zu schicken!
Kann man den Herrschaften beim ADFC mal sagen, dass nicht wenige Kommunen ja angefangen haben die ewigen Forderungen des AFDC umzusetzen und einzelne ADFC-Ortsverbände immernoch Beifall klatschen, wenn ein sicherer Radweg an einer stark befahrenen Straße durch einen Schutzstreifen ersetzt wird? Eigentlich sollte der ADFC mit den selbst verursachten Problemen leben oder zugeben, dass er für derartige Probleme mitverantwortlich ist.
die Aggressionen im Straßenverkehr steigen u.a. wegen dem steigenden Stress im ganzen Umfeld, Berufsleben, aber auch wegen der Übermotorisierung, dem Egoismus und dem Angeberverhalten einiger Mitmenschen. Die Menschen stehen unter Zeitdruck, müssen pünktlich bei der Arbeit oder anderen Terminen sein, alles ist irgendweie „durchorganisert“, da kann schon ein kleiner Stau oder eine rote Ampel den Zeitplan durcheinander bringen.
Hier ist heute ein PKW-Unfall passiert, weil ein Autofahrer auf einer vierspurigen Straße verbotenerweise in die Gegenfahrspur gefahren ist, ging ihm wohl zu langsam voran. Und gestern oder vorgestern haben Autos wegen unfallbedingtem Stau auf der Autobahn gewendet, sind entgegen der Fahrtrichtung u.a. auf dem Standstreifen zurück zur Anschlussstelle. Es wird immer schlimmer.
@bser
„Kann man den Herrschaften beim ADFC mal sagen, dass nicht wenige Kommunen ja angefangen haben die ewigen Forderungen des AFDC umzusetzen und einzelne ADFC-Ortsverbände immernoch Beifall klatschen, wenn ein sicherer Radweg an einer stark befahrenen Straße durch einen Schutzstreifen ersetzt wird?“
Welche Ortsverbände sind denn das?
„Wir brauchen Infrastruktur, die schützt,“
Es war noch nie klug, zu versuchen soziale Probleme mit technischen Mitteln zu lösen.
Und „schützende Infrastruktur“ ist sicherlich nicht das, was der ADFC propagiert. Der ADFC ignoriert völlig, daß Kreuzungen Unfallschwerpunkte sind. Und ausgerechnet dort wird die Trennung von Rad- und Kraftverkehr aufgehoben. Auch in den Modellen der „sicheren Infrastruktur“ des ADFC.
Willst du echt bestreiten, dass sich die Sicherheit im Verkehr durch die Gestaltung der Infrastruktur beeinflussen lässt?
Nein, natürlich nicht. Mit Randverkehrsanlagen zum Beispiel läßt sich das Risiko für Radfahrer fast beliebig erhöhen.
Ich halte es jedoch nicht für sinnvoll, verhaltensauffälligen Kraftfahrern freie Bahn zu verschaffen. Das löst das Problem nicht.
Was wäre denn aus deiner Sicht eine sinnvolle Radverkehrsführung auf Straßen mit viel motorisiertem Verkehr?
Weniger motorisierter Verkehr. Der Umfang des Kfz-Verkehrs ist tatsächlich keine Naturgesetzlichkeit. Vor wenigen Jahrzehnten war der noch gar nicht da. Nur da lebten die meisten von B. S. auf Twitter aufgestachelten Radaktivisten noch nicht …
Die beste Radverkehrsführung ist die, die nicht existiert. Radfahren ist immer dann am angenehmsten und sichersten, wenn man die Radfahrer in Ruhe läßt.
Und wieder zum Thema: Wenn man sich allgemein auf die Gefährder im Straßenverkehr konzentriert, dann profitieren alle davon und nicht nur eine Handvoll Radfahrer.
Oha, dann rede mal mit Menschen.