Ein Gastbeitrag von Andreas Lenzing aus Osnabrück
Peter Sagan ist dreimaliger UCI-Straßenweltmeister und legt hier eine Autobiografie vor. Dabei ist Sagan erst 28 Jahre jung.
Zur Einordnung:
Die UCI-Straßenweltmeisterschaft wird jährlich ausgetragen und ist so etwas wie die größte Individualleistung der Saison. Während andere Rennrad-Straßenrennen wie Eintagesrennen und große Rundfahrten eine Teamleistung darstellen und (siehe die letzten Austragungen der Tour de France) häufig von den insgesamt am besten aufgestellten Teams gewonnen werden, tritt bei der UCI Weltmeisterschaft jeder Fahrer im Rahmen eines Nationalteams an, das man nicht unbedingt so nach den im Rennen benötigten Qualitäten der einzelnen Mitglieder zusammenstellen kann. Die teilnehmenden Spitzenfahrer treten also praktisch auf sich allein gestellt an. Um dort zu gewinnen, muss man nicht nur in der Ebene schnell sein, klettern können, schnell und sicher abfahren und sprinten können, sondern auch sein Rad fahrtechnisch sehr gut beherrschen und vor allem taktisch geschickt fahren. All das macht einen „kompletten Fahrer“ aus.
Peter Sagan ist so ein Fahrer. Er hat als erster diese Weltmeisterschaft dreimal hintereinander gewonnen, nämlich 2015, 2016 und 2017. Die geradezu spielerische Beherrschung seines Arbeitsgeräts hat er vor dem Umstieg auf das Rennrad bei BMX- und vor allem bei Mountainbikewettbewerben gelernt. Bei allen Erfolgen auf der Straße wird häufig vergessen, dass er 2007 und 2008 die Mountainbike-Weltmeisterschaft im Cross-Country gewonnen hat.
Was bringt also dieses Buch?
Sagan beschreibt den Aufstieg des jungen slowakischen Fahrers, der mit Unterstützung seines Vaters und seines ebenfalls recht erfolgreichen Bruders nach und nach in die Welt des internationalen Straßenrennsports hineingewachsen ist und dort ohne Skandale erfolgreich wurde. Seine Darstellung ist dabei oft von der Innenansicht des Individuums geprägt, das eigentlich gar nicht recht glauben kann, dass es diese Leistungen aus sich heraus bringen kann und im Wettbewerb mit anderen großen Sportlern so gut dasteht. Er beschreibt Siege, bei denen er sich krank gefühlt hat und am Start nicht sicher war, ob er überhaupt die Distanz durchstehen würde. Vor allem werden aber akribische, disziplinierte Vorbereitungen vor den Wettbewerben und taktische Überlegungen während der Rennen dargelegt.
Einen besonderen Reiz gewinnt das Buch aus der Diskrepanz zwischen der oftmals etwas lapidaren Darstellung des Trainings und des Wettbewerbs einerseits und den daraus resultierenden herausragenden sportlichen Leistungen andererseits.
Wer sollte dieses Buch lesen?
Rennradfans, Hobbyfahrer mit Ambitionen, jeder, der sich für die oftmals nicht leicht zu durchschauenden Ereignisse eines Radrennens interessiert.
Wer sollte dieses Buch nicht lesen?
Diejenigen, die ein weises Alterswerk eines Sporlers nach Karriereende erwarten (Sagan hat noch einige Jahre vor sich) und Menschen, die besonders großen Wert auf literarische Qualitäten legen. Sprachlich ist das Buch zwar streckenweise recht witzig geschrieben, aber ansonsten doch eher schlicht gehalten.
Wer es noch nicht gemerkt haben sollte: Ich bin ein Fan von Peter.
—
Meine Welt
Peter Sagan
320 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
Malik Verlag
November 2018