Die Woche beginnt aus Radverkehrssicht mal wieder maximal traurig. Heute Morgen wurde ein neunjähriges Mädchen in München von einem abbiegenden LKW getötet. Kurz danach dann in Hamburg auf dieselbe Weise eine 33-jährige Frau. Letzte Woche war es noch Lünen, im April u.a. Köln und Oranienburg. Das ist leider nur ein kleiner Auszug aus den letzten Wochen. Rechtsabbiegende (schlecht ausgestattete) LKW und Radverkehr passen einfach nicht zusammen in die bestehende Infrastruktur unserer Städte.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) fordert Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nun dringend auf, sofort bei der EU-Kommission für die verpflichtende Einführung von elektronischen LKW-Abbiegeassistenten zu intervenieren und eine Task Force „Prävention von Radunfällen durch abbiegende LKW“ ins Leben zu rufen.
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork wählt harte Worte: „Abbiegende LKW sind eine Todesfalle für Radfahrende! 15 durch LKW getötete Radfahrer müssen wir in den ersten Monaten des Jahres beklagen – davon elf Frauen und Mädchen! Der Verkehr auf unseren Straßen ist für Radfahrende knallhart – so hart, dass oft nur Hochleistungs-Radfahrer eine Chance haben, an Kreuzungen schnell genug weg zu kommen, um nicht von LKW niedergemäht zu werden. Gelegenheitsradler, Senioren und Kinder schaffen das oft nicht! Herr Minister Scheuer, machen Sie den Straßenverkehr sicher für alle – handeln Sie, jetzt!“
Der ADFC fordert in einem Brief an das Bundesverkehrsministerium (BMVI) Minister Scheuer auf, zum besseren Schutz von Radfahrern unverzüglich eine Task Force einzurichten. Mit am Tisch sitzen müssten demnach die Verkehrsministerkonferenz der Länder, die Hersteller von LKW und Nachrüstsätzen, Speditionsverbände, die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), die Unfallforschung der Versicherer (UDV), die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Vertreter von Städten und Gemeinden, des ADFC und des BMVI. Neben der verpflichtenden Einführung von LKW-Abbiegeassistenten, die laut Unfallforschung der Versicherer (UDV) 60 Prozent der schweren Unfälle durch abbiegende LKW verhindern könnten, fordert der ADFC, dass alle LKW-Hersteller schnell serienreife Fahrassistenzsysteme zum Schutz von Radfahrern und Fußgängern entwickeln. Gleichzeitig müssten Infrastruktur und Ampelregelungen besser auf die Sicherheit von Radfahrenden abgestimmt werden.
Diese Forderungen gibt es allerdings nicht erst seit heute. Der ADFC hatte bereits 2012 den ‚Runden Tisch LKW-Abbiegeassistent‘ beim Bundesverkehrsministerium initiiert. Passiert ist wenig. Bleibt zu hoffen, dass sich jetzt endlich was bewegt und nicht noch mehr Radfahrerinnen und Radfahrer sterben müssen.
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Teaserbild: ADFC/Jens Lehmkühler
17 Antworten auf „Abbiegender LKW – das Drama nimmt kein Ende“
Bzgl.: „davon elf Frauen und Mädchen!“
Waere es besser, wenn es Maenner und Jungen gewesen waeren? Oder warum betonst du das so?
Sorry, nicht du, sondern der ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sprach „davon elf Frauen und Mädchen!“.
Tote durch Rechtsabbieger sind der Preis, den man für das (falsche) Gefühl der Sicherheit auf Radwegen neben der Fahrbahn zahlen muss. Es konnte bisher nirgends nachgewiesen werden, das Radfahrer auf einem Radweg neben der Fahrbahn sicherer unterwegs sind, als auf der der Fahrbahn. Auch dann nicht, wenn man solche Abbiegeunfälle nicht mit einrechnet, weil sie in einem Kreuzungsbereich liegen.
Radwege führen Radfahrer dorthin, wo KFZ-Führer oft nur mit Hilfsmitteln wie Spiegeln sie sehen können. Und damit wächst die Wahrscheinlichkeit das dabei Fehler gemacht werden erheblich. Es gibt übrigens in Deutschland mehr als 10 mal so viele tote Radwegbenutzer durch Rechtsabbiegerunfälle als Radfahrer die durch falsches Überholen getötet werden.
Ja, nur fährt ohne Radwege kaum noch jemand (gerne) Rad. Deswegen muss die Lösung in sicheren Radwegen, sicheren Kreuzungen (durch Infrastruktur und Ampelschaltungen) und Technik in LKW bestehen.
Wie soll man sich eine „sichere Kreuzung“ mit Radweg aber ohne ohne Ampel vorstellen ? Oder willst du, das an jeder Kreuzung ( und wenn man es konsequent macht : auch an jeder Einfahrt) mit Radweg eine Ampel steht ?
Benutzungspflichtige Radwege sind nicht erfunden worden, um das Radfahren sicherer zu machen.
Um das Radfahren zu fördern, fände ich es sehr viel sinnvoller viel mehr zu propagieren, dass man auch und vor allem auf Fahrbahnen sicher unterwegs sein kann. Denn wer auf dem angeblich sichereren Radweg mit dem Radfahren beginnt und dort feststellt das er trotzdem an jeder zweiten Kreuzung fast umgefahren wird, den wird man kaum von der Sicherheit des Radfahrens überzeungen können.
Kreuzung zum Beispiel so. Geht ohne Ampel. Fahrbahnradeln wird sich nicht durchsetzen. Das subjektive Sicherheitsgefühl steht dem im Wege. Höre ich jeden Tag…
Leider gibt es weder für Fahrbahn noch Radweg benutzung gute Statisiken und perfekte Vergleiche. Dass mehr Unfälle bei Straßen mit Radwegen passieren, ist auch einfach zu erklären, dass große Straßen immer auch Radwege haben. Ich sehe daher also nichts eindeutiges. Aber ein Auto oder LKW hinter sich zu haben, ist leider nicht besonders angenehm, so dass ich persönlich noch häufiger auf Radwegen fahre, wenn ich die Straßen entlang muss.
An Ampeln gibt es genug Lösungen. Rechtsabbiegende KFZ haben Ihre eigene Grün-Phanse oder es gibt eine Grün-Phase für alle Fußgänger und Radfahrer in alle Richtungen. Das wäre eigentlich schon ein guter Anfang, der die meisten Rechtsabbiegeunfälle verhindert. Leider gibt es auch Rechtsabbiegunfälle ohne Ampeln. Wenn es leben rettet, bin ich aber auch gerne dabei, dass LKWs generell nicht rechts abbiegen dürfen.
Eine Sache hatte ich noch vergessen. Wenn man Mischverkehr als die einzige/beste Lösung sieht, sind konsequent 30er Straßen eine Lösung. Mich stört das Auto oder der LKW weit aus weniger, wenn ich Ihn nur um 5 km/h ausbremse und nicht viel mehr. Vielleicht fahren dann mehrere gerne Rad ohne Radweg.
„Radwege“ führen aber nachweislich auch nicht dazu, dass plötzlich alle mit dem Radfahren anfangen.
Und was bringt es bitte den Leuten, auf den Radwegen totgefahren zu werden…!? Ich verstehe einfach nicht, warum man diese falschen Ängste als nicht änderbar akzeptiert? Selbst eine Häufung dieser Meldungen scheint bei den meisten keinen Denkprozess auszulösen – weil man sich in seiner Fahrbahn-Angst (oder ist es in Wahrheit eher Bequemlichkeit) so schön eingerichtet hat.
Menschen haben vor den unterschiedlichsten Dingen Ängste. Die wenigsten davon sind bei objektiver Betrachtung berechtigt (Flugangst, Zahnarztangst, Spinnenangst, Angst vor Dunkelheit usw.). Aber Aufklärung (darüber, dass das Fahrbahnfahren gar nicht so gefährlich ist) kommt bei der Suche nach Lösungen schon von vornherein gar nicht in Betracht. Man doktert lieber weiter ans Symptomen rum – und schickt zynischerweise die Verängstigten auch noch auf Todespisten.
Nach dem Motto: „Der Radweg zur Hölle ist gepflastert mit guten Absichten“!
Nicht LKW-Abbiegeassistenten sind die Lösung sondern Ampelschaltungen, bei denen Rechtsabbieger und Radfahrer nicht gleichzeitig aufeinander losgelassen werden.
Solange allerdings der ungestörte Verkehrsfluss wichtiger ist als die Gesundheit schwächerer Verkehrsteilnehmer, wird das wohl nichts.
Und solange irgendwelche von der Automobilindustrie gesteuerte Pappnasen Verkehrsminister sind – sowieso nicht.
Ach, was reg ich mich überhaupt auf….
Einfach nur traurig. Es liegt doch klar auf der Hand, was Ursache ist und wie man es ändern könnte. Aber die Politik, komunal wie national, tut herzlich wenig. :(
Die Todesfalle heißt Radweg!
Da habe ich erst gestern eine der typischen Erfahrungen gemacht.
Hupt mich eine resolute Dame in ihrem Kleinwagen in Hasbergen an. Ich hol sie ein und stelle sie nett aber bestimmt zur Rede: „Warum hupen Sie mich denn an? Das ist schon gefährlich!“ Sie „ja was wackeln Sie denn da auf der Strasse rum und fahren nicht auf dem Radweg!“ „Das ist leider eine weitläufige Fehlinformation. Das Schild dort heisst: FÜR RADFAHRER FREI! Da muss ich nicht auf dem GEHWEG fahren.“ „Quatsch. Da ist ein Radweg den müssen Sie nehmen. Sie wollen nur da nicht fahren, weil es Ihnen nicht schnell genug geht wenn Sie da fahren.“
Ich: „Warum haben Sie mich denn angehupt?“
Sie: „Weil Sie von der Strasse sollen, das ging mir zu langsam!“ ….. Tja …
Tja, Radfahrer haben Zeit, Autofahrer nicht. Gängiges Vorurteil…
Ja, und wenn schwergewichtige große Menschen auf kleinen Mopeds mit 22 km/h auf der Straße rumgondeln, dann hupt und meckert erstaunlicherweise niemand. LKW überholen großräumig. Radle ich mit 25 die Mindener Str entlang, wird gebrüllt und gehupt. LKW schieben sich mit 50 cm Abstand vorbei. Logik sieht anders aus.
Warum führt man nicht ein, dass ein Lkw, der abbiegen will, vorher seinen Abbiegewunsch durch Hupen kundtun muss? Erst hupen – dann fahren. Alle anderen wären gewarnt.
Es ist doch seltsam, dass die Restriktionen auf Seiten der Opfer erfolgen, nicht auf der der Unfallverursacher. Wenn ich nichts sehe, darf ich eben nicht fahren. Oder muss langsamer sein. Oder einen Warnton von mir geben. Beim Rückwärtsfahren geht das doch auch.
Warum werden Fußgänger und Radfahrer nicht von Müllautos umgefahren? Weil da ein Beifahrer auf dem Sitz rechts sitzt und weil langsam gefahren wird.
Könnte man auch verpflichtend einführen. Außerdem durchgehende Glasscheibe in der Tür, die den Blick neben das Fahrzeug erlaubt. Und Tempolimit innerorts für bestimmte Fahrzeugklassen. Dann kann ich mit einem Betonmischer oder 40-Tonner eben nur noch maximal 20 km/h fahren.
Es fehlt nicht an Ideen, sondern am Willen, diese zu erproben und umzusetzen.
@Todesfalle: Die Todesfalle heißt nicht Radweg, sondern Auto.