Kürzlich lag bei mir das Buch „Vier fürs Klima“ der ZEIT-Redakteurin Petra Pinzler und ihrem Mann Günther Wessel im Briefkasten. Beide beschreiben darin das Familienexperiment, klimafreundlicher zu leben. Den Anstoß dazu gaben ihre Kinder, die einfach mal wissen wollten, was sie als Familie so zum Klimawandel beitragen und wie sich das – ob des Ergebnisses – ändern ließe.

Diese grundlegende Frage, was man selbst fürs Klima tun kann, zieht viele weitere nach sich. Im Mittelpunkt steht dann meist das Wort Verzicht. Denn dass zum Beispiel zu viele Flugreisen und Autofahrten dem Klima schaden, dürften die wenigsten bestreiten. Ist es aber gleich Verzicht, wenn man beides weniger tut. Oder können die Alternativen auch eine Bereicherung sein? Das ist eine ziemlich entscheidende Frage, die gleich im ersten Kapitel in Bezug auf das Autofahren so beantwortet wird: „Es ist es tatsächlich [ein Gewinn], selbst wenn man es vorher kaum glauben kann und dabei ab und an fies nass wird.“

Allein die Einleitung gibt viele Denkanstöße und bringt einen zum Grübeln. Es lässt mich oft nicken und zustimmen. Und trotzdem setzt im nächsten Moment wieder der Verdrängungsmechanismus ein, wenn man an die gerade gebuchte Flugreise denkt. Das ist eben das Problem: der Klimawandel ist so unglaublich groß und kaum zu überblicken, man selbst aber so wahnsinnig klein und damit vermeintlich nicht ausschlaggebend. Trotzdem bedingt das eine natürlich das andere.

Wollen wir den Temperaturanstieg auf zwei Grad beschränken, müssen wir unseren CO2-Verbrauch reduzieren. Wie lebt es sich damit? Ist der eingelagerte Bioapfel klimafreundlicher als der aus Chile? Schwein oder Rind? Bahn oder Fernbus? Oder sind alle Mühen vergeblich, weil eine Familie gar nicht viel bewirken kann?

Es folgen dann zwölf Kapitel, die nach Monaten aufgeteilt sind und in denen man die Familie bei ihren Bemühungen nach einem klimafreundlicheren Lebensstil begleitet. Wie einfach es sein kann, zeigt beispielsweise der April. Ein Fahrradanhänger ist schnell gekauft und am Fahrrad montiert. Damit darf man dann „direkt vor dem Eingang des Ladens parken, und nach dem Großeinkauf passt tatsächlich der Inhalt eines kompletten Einkaufswagens problemlos in den Hänger“. Und zu Hause kann man dann auch direkt bis vor die Haustür fahren und muss keinen Parkplatz suchen. Zur Wahrheit gehört hier zwar auch, dass die Supermärkte der Familie nur rund zwei Kilometer entfernt liegen. Aber diese zwei Kilometer fahren sehr viele Menschen eben doch mit dem Auto, obwohl es ideale Fahrraddistanz ist.

Und so ziehen sich die Themen durch die Monate. Urlaub im Juli, Hobbys im September und der Energieverbrauch im November. Da braucht es schon großes Durchhaltevermögen, wenn man auf allen Gebieten vorbidlich sein will. Dass das ob der Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und möglichen Bequemlichkeiten nicht immer funkioniert, ist menschlich und logisch. Mut macht letztlich dennoch, dass man im Kleinen anfangen kann – Bewusstsein schaffen und Verhaltensweisen so ändern kann, dass sie eben nicht Verzicht bedeuten. Dass Kompromisse überhaupt erst mal möglich werden. Und wichtig ist auch, dass das Buch nicht wie ein Oberlehrer daherkommt und sagt, was zu tun ist. Es sagt und zeigt, was getan werden kann. Denn es kommt eben doch auf jeden Einzelnen an.

Hier kann man im Buch digital blättern.

Vier fürs Klima
Petra Pinzler & Günther Wessel
304 Seiten
Droemer HC
März 2018