Ein Jahr nach der Pilotphase hat sich der Fahrradkurierdienst der Buchhandlung Wenner in Osnabrück als Erfolg herausgestellt – sowohl bei den Kunden als auch bei den Fahrern. Heute sind vier Kuriere an jeweils einem Wochentag unterwegs (Dienstag bis Freitag) und bringen in der Stadt gekaufte oder über die Webseite bestellte Bücher zu Käufern im Stadtgebiet. Ein Aushang für den Montag blieb nicht lange im Schaufenster. Ab März wird auch am ersten Tag der Woche per Fahrrad ausgeliefert. Dabei können aktuell schon über 80 Prozent der Lieferungen beim ersten Versuch zugestellt werden. Bei den übrigen ist entweder der Briefkasten zu klein oder kein Ablageort hinterlegt.

Jonas Wenner, der den Fahrradkurierdienst betreut: „Die Fahrer arbeiten quasi autonom. Kommen zuverlässig zur vereinbarten Zeit rein, holen die Lieferungen ab, buchen die Touren auf ihrem Smartphone, fahren los, liefern aus, buchen die erfolgten Auslieferungen auf dem Smartphone, bringen die Kuriertasche und ggf. Rückläufer wieder zurück. Betreuungsaufwand im Tagesgeschäft besteht im Prinzip nicht. Im Laufe der Zeit haben wir das EDV-Tool etwas verbessert. So wird dem Fahrer eine ideale Route vorgeschlagen, auf der er die einzelnen Punkte abfahren soll. Das ist gerade bei vielen Sendungen hilfreich. Die Fahrer kennen sich auch noch nicht alle perfekt in jedem Winkel aus und wissen aus dem Kopf nicht unbedingt, wo welche Straße liegt.“

Bei den Kunden kommt der Service gut an. Es gebe durchaus einige Kunden, die ausdrücklich die Zusendung mit dem Fahrradkurier nachfragen, so Jonas Wenner. Momentan denkt er über ein Lastenrad nach, das regelmäßige größere Touren möglich machen würde und den PKW weitgehend ersetzen könnte, der momentan noch im Einsatz ist. „Ein gewisser Teil dieser Fahrten lässt sich vom Volumen her mit einem Lastenrad erledigen. Problem ist eher die Frage, wo man das Rad in Ladennähe sicher parken kann. Die sind vom Handling her nichts für Gelegenheitsfahrer. Man braucht schon etwas Übung, um nicht direkt umzukippen. Und die Jungs müssen sicher am Straßenverkehr teilnehmen. Daher ist das eher etwas für Leute, die mehr als einmal pro Woche im Einsatz sind und entsprechend Praxis mit dem Rad sammeln können. Für die Ware Buch ist das klassische Rad aber auch zu 95 Prozent ausreichend.“

Für die Ware Buch ist das klassische Rad zu 95 Prozent ausreichend.

Mit der Abstellmöglichkeit spricht Jonas Wenner einen wichtigen Punkt an. Sichere Abstellplätze gehören eben auch zu einer guten Fahrradinfrastruktur. Schön aber, dass mit der Buchhandlung Wenner ein Einzelhändler der Innenstadt zeigt, wie moderne Citylogisitk aussehen kann. Und Jonas Wenner denkt da längst schon einen Schritt weiter: „Im Sinne einer effizienten Nutzung wäre in Zukunft natürlich gut, wenn sich mehrere Händler zusammentun und gemeinsam Kuriere losschicken. Große Mengen wären sogar von Vorteil, da man dann zum Beispiel einen Fahrer an Tag X nach Westen und einen anderen Fahrer am gleichen Tag nach Osten schickt. Die Quote ‚Pakete pro gefahrenem Kilometer‘ bzw. pro Zeit würde dadurch steigen.“ Probleme sieht Wenner da noch bei potenziellen Partnern. So gebe es wenige Einzelhändler, die handliche, leichte, nicht zerbrechliche oder verderbliche Waren hätten, die dazu auch noch leicht verpackt werden kann. Darüber hinaus müssten teilnehmende Geschäfte entweder inhabergeführt sein oder der entsprechende Filialleiter müsse den nötigen Freiraum haben, eine solche Insellösung anzubieten.

Aber wer weiß, vor fünf Jahren hätte man einen Bücherkurier hier in Osnabrück sicher auch noch für unvorstellbar gehalten. Und heute gibt es praktisch keinen Grund mehr, bei großen Onlinehändlern zu bestellen. Ein weiteres Interview mit Jonas Wenner zum Start des Fahrradkurierdienstes vor einem Jahr gibt es hier.

Bild: Jonas Wenner