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Osnabrück

Helfen gegen LKW nur eigene Ampelphasen?

Nachdem am Montag schon wieder eine Radfahrerin von einem rechtsabbiegenden LKW getötet wurde, zeige ich hier noch mal kurz, wie man Kreuzungen (an mehrspurigen Straßen) wirksam entschärfen kann. Die Stadt Osnabrück hat das nämlich nach dem dritten tödlichen Unfall an der Kreuzung Kommenderiestraße/Johannistorwall gemacht.

Nachdem am Montag schon wieder eine Radfahrerin von einem rechtsabbiegenden LKW getötet wurde, zeige ich hier noch mal kurz, wie man Kreuzungen (an mehrspurigen Straßen) wirksam entschärfen kann. Die Stadt Osnabrück hat das nämlich nach dem dritten tödlichen Unfall an der Kreuzung Kommenderiestraße/Johannistorwall gemacht.

Klare Verhältnisse: Rechtsabbieger haben Grün, während Radfahrer Rot haben.
Ich habe schon mehrfach über diese Kreuzung geschrieben. Die Unfälle ereigneten sich immer auf dieselbe Art: ein vom Wall rechts abbiegender LKW missachtete die Vorfahrt eines geradeaus fahrenden Radfahrers, überfuhr und tötete ihn dabei. Der Konfliktpunkt war mehr als deutlich. Nach dem dritten tödlichen Unfall und verschiedener kleinerer (Warnschilder für Radfahrer) und größerer Maßnahmen (Verlegung des Radweges an die Fahrbahn) konnte sich eine Mehrheit im Stadtrat endlich dazu entschließen, den rechten der beiden Fahrstreifen auf dem Wall zu einem reinen Rechtsabbiegestreifen umzuwandeln – inklusive eigener Grünphase.

Seitdem haben rechtsabbiegende Autos einen Grünpfeil. Radfahrer haben – egal ob rechtsabbiegend oder geradeausfahrend – eine eigene Fahrradampel und zusammen mit den geradeausfahrenden Autos auf der linken Spur grünes Licht. Wenn sich hier jeder an die Ampelphase hält, kann es nicht mehr zu Unfällen kommen. Der von einigen Ratsmitgliedern befürchtete Rückstau tritt übrigens nicht wirklich häufiger auf. Schon vor dem Umbau gab es immer wieder leichte Staubildung, da die abbiegenden Autos und LKW geradeausfahrenden Radfahrern bei gemeinsamer Ampelphase Vorfahrt gewähren und warten mussten. Die meisten tun das ja auch. Aber die seltenen Fälle, in denen es eben nicht passiert, enden leider immer wieder tragisch. Insofern können Ampelschaltungen einiges bewirken.

Hier noch mal die alte Situation vor dem Umbau des Radweges und der geänderten Ampelschaltung.
Fotos: dd

35 Antworten auf „Helfen gegen LKW nur eigene Ampelphasen?“

Jo, der verhindert aber auch mehr Radverkehr. Dann fahren nämlich nur noch die mutigen jungen Männer. Höre ich bei jedem Gespräch über das alltägliche Radfahren mit Leuten in Osnabrück.

Natürlich fahren auch ganz viele andere, nur schrieben die keine Webseiten voll, schreiben nicht an Ämter, melden sich nicht bei den Medien. Vor einigen Monaten habe ich dazu mal einen interessanten Artikel gelesen (aus den USA meine ich), in dem genau das reflektiert wird, dass es neben der City-Akademikern, die auch andere Möglichkeiten haben, eben auch viele Menschen am Rande der Gesellschaft gibt, die keine andere Möglichkeit haben als Rad zu fahren, nur werden die nicht wahr genommen. Wer interessiert sich schon für nächtliche Zeitungsboten und Co.

Apropos „mutige junge Männer“:

Millionen von Menschen in Deutschland leiden an „Fahrangst“ (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrangst). Der stark überwiegende Teil der Betroffenen ist in der Tat weiblich. Die Grenze zwischen klinisch manifester Phobie und gemäßigter latenter Aversion ist unscharf und das Spektrum der Symptome damit sehr breit. Im Trend führt die Fahrangst jedoch mit all ihren Facetten dazu, dass die Betroffenen ihre Alltagsmobilität autofrei bestreiten. Infolgedessen finden sich unter den Nutzern des Verkehrsmittels Fahrrad verstärkt auch Personen, die unter irgendeiner Form der Fahrangst leiden. Das Auftreten von Fahrängsten auf das Verkehrsmittel Fahrrad zu reduzieren, hieße aber Ursache und Wirkung zu verwechseln.

Gegen die Fahrangst am Autolenkrad empfehlen die Experten entweder Gesprächskreise, besondere Fahrschulen oder eine psychotherapeutische Verhaltenstherapie. Was den Experten gar nicht erst in den Sinn kommt, wäre die Anregung für eine geschützte Infrastruktur, auf der sich die unter Fahrangst leidenden Kraftfahrerinnen mit ihrem Auto abseits der von vermeintlich normalen (männlichen) Autofahrern benutzten Fahrbahnen verkriechen könnten. Da heißt es also nur mitleidlos: sieh zu, wie du klarkommst – oder lass es halt bleiben!

Aber auch ohne aktive Nutzung eines eigenen KFZ bleiben die äußeren Auslöser für die Ängste unverändert weiter bestehen. Dies sorgt dafür, dass auch und gerade die Benutzung eines Fahrrades auf einer Fahrbahn inmitten des Autoverkehrs zur massiven psychischen Herausforderung gerät. Die vorhandenen latenten Ängste werden darüber hinaus von außen massiv positiv verstärkt, weil sich vermeintliche Fahrradfreunde allerorten darüber auslassen, wie gefährlich der Verkehr geworden sei, und dass die empfundenen Ängste reale Ursachen hätten und insoweit vollkommen gerechtfertigt seien. Ein Beispiel für diese bestärkende Unterstützung der Fahrangst ist auch diese Webseite.

In Umfragen werden die Betroffenen sich infolgedessen also regelmäßig ausdrücklich dafür aussprechen, dass die Rad-Infrastrukturangebote so beschaffen sein mögen, dass sie das Ausweichverhalten möglichst maximal unterstützen.

Die Kardinalfrage lautet: wollen wir die Straße weiterhin und immer mehr so aufteilen, dass die „Harten Kerle“ beiderlei Geschlechts mit ihren KFZ noch ungehemmter auf der Fahrbahn Angst und Schrecken verbreiten können? Und wollen wir, dass „Weicheier“ bzw. „Weibchen“ insoweit vom Verkehr ausgrenzt werden, dass sie uns auf der Straße nur noch dann willkommen sind, wenn sie sich mit einem Fahrrad an den Straßenrand verkriechen können? Oder wollen wir einen Verkehr, der die volle Inklusion aller Menschen gewährleistet, unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel?

Wir wollen geschützte Radwege an mehrspurigen und Hauptstraßen. In verkehrsberuhigten Wohngebieten können sich gerne alle die Straße teilen. Du weißt genau, dass es auch andere Radwege gibt als die am Straßenrand, auf die man sich momentan „verkriechen“ muss. Man muss es so deutlich sagen: Auf einer Straße mit 50 km/h wird es keine Inklusion von 8 bis 88 geben.

Nein.
Thomas fragte nach überreifendem inklusivem ‚wir‘ quasi als Menschen oder Radfahrende, während Du mit ‚wir‘ offenbar eine spezielle Teilgruppe meinst.
Das sind nun mal ganz verschiedene ‚Wir‘, weshalb sich die Frage bei Thomas nicht stellt (allgemeines wir) bei Dir aber schon (spezielles wir als nicht näher definierte Teilgruppe).

Ist nicht eher das um den Faktor 2 verzerrte Tempo 25 als Höchstgeschwindigkeit eins der Grundprobleme, das man lösen sollte … ? Am besten die Energie darein stecken, finde ich.

Hallo Alfi,

jetzt muss aber auch hinterfragt werden, welche Teilgruppe reifer ist: Das inklusive Wir oder das spezielle Wir. Leiten wir das spezielle vom allgemeinen Wir ab, dann kann es durchaus verschiedene Reifegrade des abgeleiteten Wir geben.
Zieht man dann noch ein dezidiertes Wir in Betracht, kann es durchaus Abweichungen von der Reifegradambivalenz der inherenten Wirgruppe im Spezialbereich geben, was dann indirekt zum der von Dir erwähnten „überreifenden“ Wirgruppe führen kann. Das sollte uns zu denken geben!

Jaaa, ist ja gut, mea culpa!
Ich habe ein „g“ vergessen.
Also natürlich über“g“reifend statt überreifend.
Wobei reifere Wir’s natürlich auch nicht schlecht wären und ein ‚wir‘ ja eh besser ist als ein ‚wirr‘.

Das erzählen die Leute nicht nur in Osnabrück, sondern bundesweit. Im April wurde eine Studie des Umweltbundesamtes dazu vorgestellt. Aus dem SPON-Artikel darüber::

| So sind der Studie zufolge rund drei Viertel der regelmäßigen
| Autofahrer bereit, häufiger zu Fuß zu gehen. Einen Umstieg aufs
| Rad können sich etwa zwei Drittel vorstellen.

| Hendricks betonte, die Menschen seien bereit, auf das Auto zu
| verzichten, aber sie bräuchten gute Alternativen. „Das bestärkt
| uns in unserem Einsatz für die nachhaltige Stadt der kurzen
| Wege. Wir brauchen dringend mehr Mittel für den öffentlichen
| Personennahverkehr und neue, bessere Radwege in den
| Städten.“
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/autofahrer-wuerden-lieber-rad-oder-bahn-fahren-a-1142981.html

Zwei Drittel der Autofahrer würden also umsteigen, wenn es mehr und bessere Radwege gäbe! Was Hendricks nicht erwähnt, ist, daß wir mehr Gehwege brauchen, dann würden sogar drei Viertel der Autofahrer das Auto stehenlassen.

Auch EU-weite Zahlen bestätigen den Trend eindeutig:
75% der nicht Schwimmenden und über 90% der selten Schwimmenden gaben an, dass sie zu 4/5teln öfter schwämmen, wenn es nur endlich bessere Badehosen gäbe.

Äh, wir reden hier über notwendige Alltagswege, die täglich zurückgelegt werden müssen – und nicht über freizeitlichen Badespaß. Fährüberquerungen, die mit Schwimmen ersetzt werden könnten habe ich ca. 0,5 im Jahr.
Dir fehlt bei dem Thema anscheinend ein klein wenig Distanz, sonst würdest du dir solche vernagelten Pseudo-Agumentationen klemmen können.

Es hilft auch, wenn Geradeausradler nicht mehr rechts von Rechtsabbiegern geführt werden, sondern zwischen Geradeausverkehr und Rechtsabbiegern. Damit wird die Begegnungszone vor die Ampel verlagert, außerdem kann den KFZ besser signalisiert werden, dass sie sich unterzuordnen haben. Ganz auflösen lässt sich der kreuzende Verlauf der beiden Ströme aber nicht (außer durch Brücken oder Tunnel).

Das ist hier der Fall und scheint nicht geholfen zu haben. Der Konfliktbereich verlagert sich ja einfach nur etwas nach hinten. Hilfreicher wäre da, wenn sich die Wege gar nicht mehr kreuzen…

In Dortmund gibt es sogar ein Schild an so einer Stelle und rate mal, wo regelmäßig jemand steht?

https://goo.gl/maps/qNTMzPYj78o

Dann steht man da auf vielleicht 1,50 zwischen 2 Lastern, von denen der rechte den Blick auf die Radampel versperrt. Mich stören da mehr die Abgase als das ich Angst habe, dass die LKW plötzlich zu Seite hoppeln, aber auf 1,50 fühlt sich das nicht sehr angenehm an.

So was haben wir hier stellenweise. Das Ergebnis sind dann so mit KFZ voll gestellte „Begegnungszonen“ dass man als Fahrradfahrer mit im Stau steht und reichlich (Diesel) Abgase inhalieren kann.

Fehlerhafter Artikel?
„Seitdem haben rechtsabbiegende Autos einen Grünpfeil.“
Ein Grünpfeil ist doch das genaue Gegenteil von konfliktfreier Schaltung. Ich kann aber auf den Fotos ohnehin überhaupt nirgendwo einen Grünpfeil erkennen. Wär doch auch hahnebüchener (und unzulässiger) Unsinn.

Ich bin auch für sprachliche Präzision, aber hier war das hinreichend eindeutig, was gemeint war. Wenn man von Richtungspfeilen in den Leuchtfeldern des Signalgebers spricht wie RiLSA (S. 64) versteht das außer ein paar beruflich damit befassten Ingenieuren keiner. Also hier würde es sich um eine gsonderte Signalisierung des Radverkehrs handeln, bei der …

die Signalgeber für den Radverkehr vor dem zu sichernden Konfliktbereich aufzustellen [… sind]. In jedem Leuchtfeld in Standardgröße, muss das Sinnbild eines Fahrrads (leuchtend auf dunklem Grund) gezeigt werden […] Gelten die Signale nur für bestimmte Fahrtrichtungen, so sind in allen drei Leuchtfeldern zusätzlich zu dem Fahrradsinnbild leuchtende Richtungspfeile zu zeigen.

(S. 65 f.).

Ohne gute Radwege wird es in einer Stadt nie einen nennenswerten Radfahreranteil geben. 80 Prozent der Radfahrenden haben Angst vor dem Autoverkehr (der von hinten kommende und nah vorbeifahrende). Klar, jetzt kommt das Argument, der ist aber nicht gefährlich. Kann sein, interessiert aber die 80 Prozent nicht.
Sogar die Radstreifen sind für viele Leute schon angsteinflößend. Insbesondere wenn er zwischen zwei Fahrstreifen langführt.
Bei uns in München gibts wahnsinnig viele, grottenschlechte Bürgersteigradwege, trotzdem einen gefühlt hohen Radverkehrsanteil. Letztens war ich in Darmstadt, dort gabs viele schöne Radstreifen, allerdings gabs dort recht wenig Radfahrer. Ist jetzt nicht statistisch erwiesen, ok….

Ich glaube, dass man Kreuzungen für Radfahrer nur sicher machen kann, indem man Kfz verbietet (dann brauch ich aber keine LSA mehr) oder dem Radfahrer eine eigene Grünphase gibt, die dann natürlich kürzer ist als heute….

80 % der PKW-Fahrer interessieren sich auch nicht für Parkverbote auf Gehwegen, wenn kein Parkplatz frei ist. Nehmt ihr das auch hin und baut drauf eure Planung auf und fordert die Ausweisung legalen Gehwegparkens?

80 % der PKW-Fahrer fährt im verkehrsberuhigten Bereich nicht nur mir Schritttempo. Soll ich das auch naturgesetzlich hinnehmen und dann halt abgezäunte Spielfelder dort bauen?

Ja, man muss sich damit auseinandersetzen, dass 80 % keinerlei Ambitionen haben auf dem Fahrrad Kräftemessen mit SUV zu veranstalten. Naja, vermutlich eher 99 %, aber das 80 % wird hier ja wohl eher im Sinne von „Gefühlte deutliche Mehrheit“ verwendet. Aber ich finde es resignativ und visionslos – ja rückwärts gewandt statt vorwärtsgewandt (auf Veränderung hin), dass einfach hin zu nehmen und damit in der Deutung gleichzeitig das auslösende Moment dahin gehend zu verschieben, dass aus dem Ausweichverhalten ein gewolltes Verhalten wird. 80 % wollen nicht primär auf dem Gehweg Fußgänger*innen und sich selber gefährden.

Mit etwas Druck ändert sich der Mensch erstaunlich schnell. Vor 15 Jahren gab es in jedem Zug Raucherabteile. Ein paar Jahre lang gab es nach dem Rauchverbot regelmäßig noch Rauch zu riechen in Wagons. Das ist heute die absolute Ausnahme.

Entscheidend für die Zukunft der Städte ist ein geringer Autoverkehrsanteil, nicht ein hoher Radanteil. Das muss auch nicht zusammen fallen. Städtebaulich optimal ist ein hoher Fußverkehrsanteil. Und deutlich weniger Autoverkehr bekomme ich nur durch Einschränkungen (repressiver Ansatz) und nicht durch Werbung, Alternativangebote wie Radwege im Grünen, …

Wobei allerdings die entscheidende Funktion Deines „Gründpfeils“ bzw. Deiner „Ampel mit Grünpfeilsignal“ grad eben nicht die Grünphase, sondern stattdessen die Rotphase bzw. ein „Rotpfeilsignal(?)“ ist.
Schreib doch einfach Richtungsampel, dann sucht man auch nicht vergebens auf den Fotos nach einem (nicht vorhandenen) Grünpfeil.
Übrigens: unfallfrei ist die Kreuzung auch bei LSA Regeltreue aller VT nicht automatisch.
Dazu müssen dann die Linksabbieger des gegenläufigen Verkehrs ebenfalls konfliktfrei signalisiert werden.

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