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Helmpflicht – dann klappt’s auch mit der Schlagzeile…

Langsam frage ich mich, ob die Helmpflicht nur noch als Vehikel genutzt wird, um in die Medien zu kommen. Inzwischen besteht ja weitgehend Einigkeit, dass eine Helmpflicht dem Radverkehr eher schaden als nutzen würde. Und trotzdem geben manche Politiker einfach nicht auf.

Langsam frage ich mich, ob die Helmpflicht nur noch als Vehikel genutzt wird, um in die Medien zu kommen. Inzwischen besteht ja weitgehend Einigkeit, dass eine Helmpflicht dem Radverkehr eher schaden als nutzen würde. Und trotzdem geben manche Politiker einfach nicht auf. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kokettiert seit Jahren damit. Gerade verzögert sich die Veröffentlichung eines neuen Gutachtens, das er in Auftrag gegeben hat, weil es unlesbar ist.

Und nun wirft auch Martin Burkert (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, die Helmpflicht (für Pedelecs) in die Verlosung. Er gibt zwar zu, dass das „kein populärer Vorschlag“ sei. Dennoch seien Fahrradhelme Lebensretter, da sie rund 80 Prozent aller schweren Hirnverletzungen bei Radfahrern vermeiden würden. Ist das eine Kurzschlussforderung angesichts der gerade veröffentlichten Unfallzahlen bei Pedelecs? Oder will Burkert nur die Schlagzeile, die er mit dem Zitat so oder so bekommt.

Das Ziel muss eine fehlertolerante Infrastruktur sein, die Unfälle von vornherein vermeidet.

Vor- und Nachteile einer Helmpflicht muss ich hier nicht wieder ausbreiten. Fest steht, dass Helme im Einzelfall Leben retten und Verletzungen abmildern können. Fest steht aber auch, dass sie keine Unfälle vermeiden. Im Gegenteil: eine Helmpflicht würde zu weniger Radverkehr insgesamt führen, was wiederum zu einer höheren Unfallrate führt. Safety in numbers ist hier das Stichwort. Platt gesagt: Autofahrer haben Radfahrer eher auf dem Schirm, wenn es möglichst viele davon gibt. Und davon abgesehen sollte eine fehlertolerante Infrastruktur, die Unfälle verhindert, das Ziel sein, nicht das Abmildern von Unfallfolgen.




Der Geschäftsführer des Verbundes Service und Fahrrad g.e.V. (VSF) Albert Herresthal reagiert denn auch mit einem Offenen Brief auf Burkerts Idee:

„Sehr geehrter Herr Burkert,

mit Befremden und Unverständnis haben wir Ihre Äußerungen zum Thema Helmpflicht für Radfahrer zur Kenntnis genommen. Sie räumen selbst ein, dass ein solcher Vorschlag ‚unpopulär‘ sei. Im Falle einer Helmpflicht wäre aber nicht die Frage der Beliebtheit entscheidend, sondern die Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung – und hier sind sich alle Fachleute darüber einig, dass im Hinblick auf die Sicherheit von Radfahrern eine Helmpflicht absolut kontraproduktiv wäre. Vereinfacht ausgedrückt: Dieser Schuss ginge nach Hinten los!

Eine gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer würde zu einem Rückgang der Fahrradnutzung in Deutschland führen. Es ist aber bekannt, dass gerade die Steigerung des Radverkehrsanteils das Radfahren sicherer macht, weil dann die Radfahrer stärker im Bewusstsein anderer Verkehrsteilnehmer sind. Ein Rückgang des Radverkehrs hätte also negative Auswirkungen auf die Unfallhäufigkeit für Radfahrer. Diese Erkenntnis hat sich in den letzten Jahren ja auch im BMVI durchgesetzt und dazu geführt, dass sich auch der Minister klar gegen eine Helmpflicht positioniert hat und stattdessen eine Erhöhung der freiwilligen Helmtragequote anstrebt. Auch im Nationalen Radverkehrsplan (NRVP 2020) ist diese Position aus guten Gründen so definiert. Der VSF e.V. unterstützt diese Haltung und engagiert sich für das freiwillige Tragen von Helmen über seine Mitgliedsunternehmen vor Ort und beispielsweise auch als Kooperationspartner des BMVI und mit der Deutschen Verkehrswacht im Rahmen der Kampagne www.ich-trag-helm.de.

Der VSF e.V. begrüßt es sehr, wenn Sie sich als Vorsitzender des Verkehrsausschusses für die Sicherheit der Radfahrenden stark machen. Wir wünschen uns hier aber ein konstruktives Engagement. Stichworte wären z.B. eine substanziell verbesserte Infrastruktur für den Radverkehr als effektivste Maßnahme für mehr Sicherheit, aber auch Projekte zur nachhaltigen Verbesserung des Verkehrsklimas sowie die Festlegung von Tempo-30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit zur Verringerung der Differenzgeschwindigkeit zwischen Kfz- und Radverkehr. Auch gezielte Maßnahmen zur Vermeidung von Abbiegeunfällen, insbesondere mit LKW, wären zielführend und sind längst überfällig.

In diesem Sinne arbeiten wir gerne weiterhin mit Ihnen zusammen und stehen dem Verkehrsausschuss mit unserer Expertise gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Albert Herresthal
Geschäftsführer VSF e.V.“

9 Antworten auf „Helmpflicht – dann klappt’s auch mit der Schlagzeile…“

Wenn die Helmpflicht kommt, steige ich um aufs Auto, das bisschen Unbequemlichkeit ist mir meine Sicherheit dann Wert.
Mit einer Styropurschale, die mein Gehör und mein Gesichtsfeld einschränkt, und Autofahrer , nach eigener Aussage, zu gefährlichem Verhalten ermutigt, steige ich sicher nicht mehr aufs Fahrrad.

Gähn,
Gurte waren auch unpopulär, Airbags sahen viele auch als mehr bedrohlich als förderlich.

So verschieden sind Radler und Autofahrer halt doch nicht^^

Unpopulär wäre sicher auch eine häufigere Kontrolle der Fahrradbeleuchtung; aber hey, die Tage werden eh grad wieder länger so what….

Und nun frag ich mich ob „Safety in Numbers“ auch für Motorräder gillt, die Saison geht ja auch bald wieder los^^

Nenn mich ruhig einen Troll

Wer ernst genommen werden möchte sollte sich ebenfalls an die Regeln halten.
Diese schwarzen Schafe sind für die Akzeptanz vom Radverkehr einfach Mist.

Ich versteh einfach nicht wieso man wegen Helmen so eine Aufregung hat; da reicht schon „es wird empfohlen“ und schon geht es los?
Für mich ist es einfach so abwegig wie ohne Gurt Autofahren.
Aber das ist halt jedem selbst überlassen; derweil halt.

„Gurte waren auch unpopulär, “
Ja, und erst die sinnvolle Vorschrift das vor Kraftfahrzeugen innerorts ein Fußgänger mit einer roten Fahne vorweggehen muß.
Oder Tempo 30, generell innerorts, obwohl das für die Verkehrssicherheit wirklich was bringen könnte.

Bei dieser Diskussion geht es nach meiner Einschätzung eher ums Diskutieren an sich: Es wird öffentlich über die Frage der Sicherheit von Radfahrer.innen geredet, und das ist schonmal positiv. Sie werden daran erinnert, dass ein Helm durchaus schützen kann, aber die Entscheidung bleibt ihnen überlassen – und Autofahrer.innen werden (hoffentlich) dazu animiert, sich auch mal über die Sicherheit Anderer Gedanken zu machen. Eine Form der Aufklärung durch Bewusstmachung, die auf längere Sicht viel effektiver ist als Ge- oder Verbote.

Ich finde auch Gurtpflicht unnötig. Diese ganzen Pflichten zum Eigenschutz führen weitergesponnen in letzter Konsequenz dazu, dass auch gefährliche Sportarten (Hallo Skisaison!) oder Treppenhäuser verboten werden müssten.

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