Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen-Bremen (BdSt) lehnt die geplante Aufstockung von Landesmitteln für den Neubau von Radwegen in Niedersachsen ab. „Wir sehen die akute Gefahr, dass Steuergelder fehlgeleitet werden“, erklärt der Landesvorsitzende Bernhard Zentgraf. Die Fördertöpfe für den Bau von Radwegen seien prall gefüllt. Das führe zu falscher Prioritätensetzung und damit zu Verschwendung.
Weiter heißt es in der Pressemitteilung: „Schon jetzt werde entlang von Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen der Bau von Radwegen betrieben, obwohl häufig Alternativstrecken bereits vorhanden seien.“ Wieso gibt es diese PM nicht jährlich auf den motorisierten Verkehr bezogen? Vielleicht so: Schon jetzt wird der Bau von Autobahnen und Umgehungsstraßen betrieben, obwohl praktisch immer Alternativstrecken bereits vorhanden sind.
Die verkehrspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Susanne Menge weist die Kritik des BdSt zurück: „Die Kritik ist nicht gerechtfertigt. Fakt ist, dass unsere Radwege sich in einem vergleichsweise schlechten Zustand befinden und dringend ausreichend saniert werden müssen. Wir haben deshalb erstmals einen eigenen Haushaltstitel mit 5 Millionen Euro pro Jahr eingestellt. Fakt ist auch, dass zum Glück immer mehr Menschen das Fahrrad als Alternative zum Auto nutzen. Für diesen wachsenden Anteil der Bevölkerung brauchen wir eine Infrastruktur, z.B. Radschnellwege. Diese sind ein wichtiges Angebot, um dem Fahrradberufsverkehr von morgen gerecht zu werden.“
Der Steuerzahlerbund muss für sich entscheiden, ob er weiterhin den Eindruck erwecken will, dass ihm gesellschaftspolitische Veränderungen suspekt sind. (Susanne Menge)
Kritik am BdSt gibt es auch vom ADFC-Landesverband Niedersachsen. „Investitionen in den Radverkehr sind keine Steuerverschwendung. Ganz im Gegenteil: Sie nützen sogar allen Steuerzahlern“, erklärt der ADFC-Landesvorsitzende Dieter Schulz. Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigten, dass Investitionen für den Radverkehr in Höhe von einem Euro einen volkswirtschaftlichen Gewinn von drei bis vier Euro ergäben.
Schulz sei „schwer enttäuscht“ vom BdSt. Die Vorverurteilung von sinnvollen Investitionen in den Radverkehr passe nicht in die Lebenswirklichkeit vieler Menschen in Niedersachsen und sei absolut nicht zukunftstauglich.
Ohnehin scheint es der Bund der Steuerzahler nicht so mit dem Radverkehr zu haben. Schon im vergangenen Jahr rügte der Bundesverband die Städte Düsseldorf und Hamburg in seinem Schwarzbuch für die Errichtung von automatischen Fahrradzählern. Diese seien überflüssiges Spielzeug.
Hintergrund
In Niedersachsen werden in den nächsten beiden Jahren 32,5 Millionen Euro in die Radverkehrspolitik fließen. Im Einzelnen heißt das: für den Neubau von Radwege je 5 Millionen Euro für 2017 und 2018, für den Erhalt von Radwegen jeweils 5 Millionen Euro für 2017 und 2018, für das Fahrradmobilitätskonzept einmalig 200.000 Euro und für das Sonderprogramm Radschnellwege 12.350.000 Euro insgesamt für 2017 und 2018.
2 Antworten auf „Steuerzahlerbund kritisiert Investitionen in den Radverkehr“
Es ist für mich nur schwer nachvollziehbar, wie man vom Bund der Steuerzahler enttäuscht sein kann.
Das ist die gängige Vorgehensweise dieses Vereins, dessen Bedeutung sich einzig mit seinem clever gewählten Namen erklären lässt.
Man nehme eine staatliche Ausgabe, die durch ein demokratisch gewähltes Gremium mehr oder weniger direkt beschlossen worden ist und nenne sie Steuerverschwendung, indem man so tut, als gäbe es die eine Wahrheit bzgl. der Frage welche Ausgabe sinnvoll ist und welche nicht.
Von wenigen Ausnahmen bei denen es wirklich um Verschwendung geht (in Teilen z.B. die Vorgänge beim BER), kritisiert der Verein eigentlich nur Ausgaben als Verschwendung, die ihm nicht in seine politische Agenda passen.
Da gehört schon eine Menge Dreistigkeit zu, als Verein der gerade mal 300.000 Mitglieder hat, dem Rest der Republik definieren zu wollen, welche staatlichen Ausgaben gut und welche Verschwendung sind.
Der Bund der Steuerzahler stellt lediglich in Frage, ob eine Ausgabe gerechtfertigt ist – so ähnlich wie ein Staatsanwalt, dessen Aufgabe es ist, die Anklage zu führen. Die Antwort auf die jeweilige Frage muss der geneigte Leser quasi als Richter selbst finden. Natürlich ist es im Interesse des BdSt, möglichst viele Posten anzuprangern, genauso wie es im Interesse der öffentlichen Hand ist, so viele Posten wie möglich so gut zu begründen, dass diese „Anklage“ schnell abgewiesen wird – wie in diesem Fall.
Was der BdSt dabei nämlich nicht macht: den in Frage gestellten Ausgaben den jeweiligen Nutzen entgegenzustellen. So hat eine holländische Agentur errechnet, dass für jeden Euro, der in Fahrradinfrastruktur investiert wird, den öffentlichen Kassen eine Ersparnis von ca. 16 Euro entsteht, durch den positiven Effekt auf die Gesundheit der Nutzer, die geringere Abnutzung der Straßeninfrastruktur, wenn mehr Leute vom Auto aufs Fahrrad umsteigen, die reduzierte Umweltbelastung (die auch den Beton von öffentlichen Gebäuden angreift) und nicht zuletzt die steuerlichen Mehreinnahmen durch Fahrradtourismus.