Auf noz.de ist am 1. Oktober eine Pressemitteilung erschienen, die völlig an mir vorbeigegangen ist – bis ich jetzt zufällig durch eine Suche drauf gestoßen bin. Überschrift: Minister übergibt Logistikpreis – Verkehrssicherheit in Osnabrück ausgezeichnet. Merkwürdig daran war für mich zunächst der Satz im Teaser „Der niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Olaf Lies, hat das Sponsorenprogramm „Verkehrssicherheit in Osnabrück“ mit dem neuen Logistikpreis ausgezeichnet“.
Nach kurzer Recherche hat sich herausgestellt, dass das von der NOZ einfach falsch geschrieben wurde. Der Minister hat diesen Preis lediglich übergeben, weil er gerade vor Ort war. Die Original-PM (Die mir leider nicht vorliegt, deren Inhalt mir vom KNI aber bestätigt wurde.) wurde hier auf der einen Seite einfach übernommen, auf der anderen aber inhaltlich leicht verfälscht.
Ausgezeichnet wurde jedenfalls das Sponsorenprogramm „Verkehrssicherheit in Osnabrück“, das u.a. mit finanzieller Hilfe von 15 regionalen Unternehmen 70 Konvexspiegel an Osnabrücker Kreuzungen anbringen konnte. Diese Spiegel sollen Radfahrer sichtbar machen und schwere Unfälle mit LKW verhindern.
Innovationgeist bewiesen die Preisträger des erstmals vom Kompetenznetz Individuallogistik (KNI) ausgelobten „KNI Logistik Team Award“, den Lies in der Caprivi-Lounge der Hochschule überreichte. – gvn.de
Ehrlich gesagt halte ich diese Aktion insgesamt für eine Alibi-Maßnahme und alles andere als Innovationsgeist, da auch nach der Montage dieser Spiegel ein Radfahrer ums Leben kam und andere verletzt wurden. Sie ist ein Alibi, weil Speditionen auch effektiver für Sicherheit sorgen könnten. Zum Beispiel durch technische Hilfsmittel am LKW – die je nach Meinung bereits serienreif sind oder noch eben noch nicht. (Bei ein wenig ernsthafter Nachfrage wäre es sie aber sicher lange. Fahrassistenzsysteme für die Autobahn sind es ja auch.) Oder indem sie Osnabrück auf der Autobahn umfahren. Beides kostet aber natürlich mehr als 70 Spiegel. (Zu dem Projekt gehört zwar auch eine Selbstverpflichtung der Speditionen, die Stadt zu umfahren. Aber bei der Frage nach Selbstverpflichtungen bin ich Realist…)
Interessant ist jetzt aber, wer den „KNI Logistik Team Award“ verliehen und wer ihn bekommen hat. Denn das lässt die NOZ völlig unkommentiert. Die Empfänger, IHK Osnabrück-Emsland Grafschaft Bentheim und Gesamtverband Verkehrsgewerbe Osnabrück (mit einzelnen Mitgliedern), sind nämlich selber Mitglieder im Kompetenznetz Individuallogistik, das den Preis kürzlich (Und extra dafür? Ob und wie viele andere Bewerber es gab, mochte man mir noch nicht sagen.) ins Leben gerufen hatte.
Rolf Meyer, Vorstandsvorsitzender des KNI und Initiator des Projektes: „Wir sind stolz darauf, diesen Kooperationspreis auf die Beine gestellt zu haben.“ – gvn.de
Man feiert sich also selbst, ist stolz darauf und spannt noch schnell den niedersächsischen Verkehrsminister Olaf Lies ein, der „zufällig“ vor Ort war und den Preis übergeben konnte – was die Selbstbeweihräucherung dann auch im besten Fall unkommentiert in die Presse bringt. Und alle denken „Toll!“.
Das ist zwar branchenübergreifend üblich und mir geht es auch nicht darum, jegliches Engagement schlecht zu reden. Für miserable Infrastruktur, die zu solchen Unfällen entscheidend beiträgt, können Spedition ja auch nichts. Aber so ganz ohne Hinweis auf diese Tatsachen und in Verbindung mit dem extrem aufwertenden Fehler der NOZ, war mir das dann doch ein bisschen zu viel…
(Und mitten in die Recherche platzte dann gestern noch diese traurige Nachricht…)
Eine Antwort auf „Wie man sich selbst einen Preis verleiht“
Da sieht man wie unreflektiert die NOZ arbeitet und wie wichtig ein lokales Korrektiv wie dein Blog ist!
Ich halte diese ganze Initiative auch für Alibi. Mehr noch: lokale Speditionen wie z.B. Koch wollen damit in einer Art vorauseilenden Gehorsams ein LKW Durchfahrtsverbot für den Wall verhindern. Mit der Fahrt über den Wall sparen sie viele KM und Maut gegenüber der (möglichen!) Autobahnumfahrung. Es geht also mehr um Geld als um den Schutz von Radfahrern.