Wie ich gerade bei den Kollegen vom Radspannerei-Blog aus Berlin lesen musste, rügt der Bund der Steuerzahler (BdSt) in seinem gerade veröffentlichen Schwarzbuch zwei Städte für die Errichtung von automatischen Fahrradzählern.

Gleich in zwei Bundesländern wird der Bau von automatischen Fahrradzählern gerügt. In Düsseldorf ist das teurer Schnickschnack, den “die Welt nicht braucht”. In Hamburg hat der BdSt investigativ die Kosten eines Fahrradbarometers ermittelt und kommt auf exakt 31.384,39 Euro. Urteil des Vereins: Überflüssiges Spielzeug.

Die Arbeit vom Bund der Steuerzahler hat sicher ihre Berechtigung und weist auch durchaus immer wieder auf krasse Beispiele von Fehlplanung und damit verbundener „Steuerverschwendung“ hin. Radverkehrsexperten scheint der BdSt allerdings nicht in seinen Reihen zu haben. Für den Laien mag so eine Zählstelle vielleicht ein „Spielzeug“ sein. Aber selbst in diesem Fall kann sie bereits einen Zweck erfüllen. Nämlich den der Motivation. Ich habe das kürzlich selber erfahren. Am Radfernweg Berlin – Kopenhagen steht in Rostock so eine Zählstelle. Und sie motiviert in der Tat, genau dort mit dem Fahrrad entlang zu fahren. Und eben nicht mit dem Auto auf der Straße nebenan.

Und noch viel wichtiger ist so eine Zählstelle für die Verkehrsplaner einer Stadt. Durch das Datenmaterial und die „harten“ Zahlen wird nämlich deutlich, wie viele Radfahrer unterwegs sind. Und dass es eventuell doch eine nicht zu unterschätzende Masse ist – für den Handel, Parteien, den Tourismus-Verband usw.

Bei der Radlhauptstadt München klingt das wie folgt:

Die Daten der Dauerzählstellen sind einerseits eine wichtige Planungsgrundlage für den Radverkehr. Aus den Zählungen an verschiedenen Tagen der Woche können Rückschlüsse auf die Fahrzwecke und Ziele im Radverkehr gezogen werden. So deuten hohe Aufkommen morgens und abends auf einen hohen Anteil an Berufsverkehr hin, Mittagsspitzen sind typisch für den Schülerverkehr. Zum anderen sind die Dauerzählstellen ein wesentlicher Bestandteil des Evaluierungskonzepts für die städtische Radverkehrsförderung.

Der WDR nennt wichtige Gründe für Zählstellen in Bonn:

Radverkehrszählungen sind im Bereich der Verkehrsplanung genauso wichtig wie die Erfassung des Autoverkehrs: Um Engpässe auf den Rad- und den Fußwegen zu ermitteln. Um die Entwicklung des Radverkehrs – gerade auch für den Radtourismus – an wichtigen Routen darzustellen. Um langfristig Verbesserung für den Radverkehr zu planen und das Thema Verkehrssicherheit sinnvoll zu bearbeiten. Um Serviceleistungen wie den Winterdienst auf Radwegen zu planen. (…) Die durch die Dauerzählstellen ermittelten Daten sind viel aussagekräftiger als einmalige Zählungen, die leicht verzerrte Ergebnisse erbringen können.

Das Fazit des BdSt zur Zählstelle an der Alster in Hamburg: „Der Bund der Steuerzahler meint: Das Geld für den Fahrradzähler hätte man besser in die Sanierung und den Ausbau der Radwege investieren sollen. Hierdurch wäre den Radfahrern mit Sicherheit mehr geholfen.“

Mein Fazit: Fahrradzählstellen sind alles andere als Steuerverschwendung und helfen dem Radverkehr. Mit Sicherheit!

Update 6. Oktober 2015
Kleines Update zur Motivation bezüglich der Zählstellen – und danke an Marius für den Hinweis: Gamification.

Als Gamification oder Gamifizierung bezeichnet man die Anwendung spieltypischer Elemente und Prozesse in spielfremdem Kontext. Zu diesen spieltypischen Elementen gehören unter anderem Erfahrungspunkte, Highscores, Fortschrittsbalken, Ranglisten, virtuelle Güter oder Auszeichnungen. Durch die Integration dieser spielerischen Elemente soll im Wesentlichen eine Motivationssteigerung der Personen erreicht werden, die ansonsten wenig herausfordernde, als zu monoton empfundene oder zu komplexe Aufgaben erfüllen müssen. Erste Datenanalysen von gamifizierten Anwendungen zeigen teilweise signifikante Verbesserungen in Bereichen wie Benutzermotivation, Lernerfolg, Kundenbindung, ROI oder Datenqualität. – wikipedia