Über den Grünpfeil für Radfahrer hatte ich mehrfach berichtet. Unter anderem und insbesondere auch über den Vorstoß, den die SPD-Stadtratsfraktion in München wagt. In einem Antrag spricht sich die Fraktion dafür aus, dass sich die Stadt München zusammen mit dem Deutschen Städtetag beim Bundesverkehrsministerium für die Einführung eines solchen Verkehrsschildes nach dem Vorbild Basels einsetzen möge.
Um den Sachstand beim Deutschen Städtetag dazu zu erfahren, habe ich mal nachgefragt. In einer Antwort vom Städtetag heißt es nun, dass man dort noch nichts von der Initiative wisse und sich auch generell noch nicht mit dem Grünpfeil für Radfahrer beschäftigt habe. Man gehe nach meinem Hinweis nun davon aus, dass „die Vertreterinnen und Vertreter der Landeshauptstadt München den Vorschlag in die Herbstsitzungen unserer Fachgremien einbringen“ würden.
Weiter schreibt Thomas Kiel aus Referat „Verkehr und Tiefbau“ des Deutschen Städtetags:
Über den Ausgang einer Beratung in den Fachgremien des Deutschen Städtetages unter Teilnahme von verschiedenen Kolleginnen und Kollegen der Großstädtischen Straßenverkehrsbehörden, kann ich allerdings keine Prognose abgeben. Zum einen sind für eine Initiative die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Basel zu bewerten. Zum anderen ist zu bedenken, dass wir – möglicherweise anders als in der Schweiz – eine zunehmende Nichtbeachtung des roten Lichtsignals bei Radfahrerinnen und Radfahrern in deutschen Städten verzeichnen. Der von ihnen gewünschte Effekt eines erlaubten Rechtsabbiegens u.a. zur Beschleunigung/Bevorrechtigung des Radverkehrs, entspricht daher einer Legalisierung einer in Teilen bereits gelebten und verbreiteten rechtswidrigen Praxis. Ob eine partielle Gestattung den Effekt hat, die Regeltreue an den nicht mit dem „Grünpfeil“ ausgestatteten Lichtsignalanlagen zu erhöhen, verdient einer genauen Analyse. Ebenso sind mögliche nachteilige Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit zu beachten.
Die Aktion in Osnabrück, bei der Grünpfeile für Radfahrer von Unbekannten an diverse Ampeln geklebt wurden, hält Thomas Kiel für kontraproduktiv:
Die Anbringung von die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer verwirrenden Zeichen an den Lichtsignalanlagen in Osnabrück sind von unserer Seite abzulehnen und werden für eine Beförderung Ihres Anliegens nicht als förderlich angesehen.
Diese Reaktion kann ich nachvollziehen und ist von offizieller Seite her logisch. Trotzdem hat die Aktion für mich den positiven Effekt des Diskussionsantoßes. Den muss es nämlich erst mal geben, bevor sich überhaupt jemand mit der Thematik befasst. Vorerst bleibt abzuwarten, wie die Beratungen um den Münchener SPD-Antrag ausgehen. Und vielleicht springt in der Zwischenzeit ja eine Kommune mit auf und unterstützt das Anliegen beim Deutschen Städtetag im Herbst.
12 Antworten auf „Grünpfeil beim Deutschen Städtetag“
Vorweg: Ich mache es auch.
Voraussetzung: Keine kreuzenden Fußgänger und keine Kinder in Sicht.
Ich halte als Radfahrer aber auch an Zebrastreifen oder als Abbiegender vor querenden Fußgängern und zische nicht um die rum oder mitten durch Fußgängergruppen hindurch.
Wir haben hier in Hamburg den Grünen Pfeil für Kfz-Führer. Er erhöht die Konflikte Kfz vs kreuzende Fußgänger/Radfahrer.
Das Problem am Grünen Abbiegepfeil für Radfahrer: Der Konflikt mit den Fußgängern.
Es gibt dort, wo Rad- und Fußverkehr interferieren, einen ähnlich unausweichlichen Konflikt wie den zwischen Radfahrern und Kfz-Führern im Mischverkehr bzw an Knotenpunkten.
Was der Schnellere und Stärkere als sicher ansieht, knappes Überholen („War doch genug Platz!“), beim Abbiegen noch schnell kurz vorher vorbeizischen bzw doch noch volle Pulle bremsen („Was denn? Ist doch nichts passiert!“), das ist für den Schwächeren oft sehr gefährlich. Wie die vielen Unfälle zeigen, ist das nicht nur ein subjektives Empfinden.
Der Fußverkehr, den ich wie den Radverkehr und den ÖPNV zu den gutartigen Verkehren zähle, ist ohnehin am meisten am A…
Gerade Knotenpunkte sind für Fußgänger ohnehin schon relativ riskant.
Im Ergebnis obliegt es dem Schwächeren, hier dem Fußgänger, dann noch zusätzlich nach den abbiegenden Radfahrern Ausschau zu halten.
Das macht mich skeptisch. Im Verkehrsstress, im Zeitstress, im unterschiedlichen Sicherheitsmodus und in der fehlenden sozialen Kontrolle, die alle jeder Individualmobilität automatisch innewohnen, bleibt die Empathie, bzw die Rücksicht nahezu zwangsläufig auf der Strecke.
Deshalb halte ich es für besser, die unterschiedlich schutzbedürftigen Verkehre mehr zu trennen statt sie noch mehr zu vermischen.
Der Grüne Pfeil für Radfahrer ist wohl eher was für fußgängerlose oder zumindest fußgängerarme Gegenden.
Das Problem am Grünen Abbiegepfeil für Radfahrer: Der Konflikt mit den Fußgängern.
Das Problem schätze ich eben für eher gering ein. Denn der Grünpfeil ist für Radfahrer ja erst mal ein Stoppschild. Und wenn die Bahn dann frei ist, darf er abbiegen. Das ist natürlich die Theorie. Aber dass es in der Praxis sogar auch ohne den Grünpfeil geht, bei roter Ampel, wenn man gar nicht fahren darf, sagst du ja selbst. :-)
Ich denke, dass Radfahrer und Fußgänger da schon gut miteinander kommunizieren können. Auch und gerade nonverbal.
Günther, ich stimme Dir in so fern zu, dass Fußgänger in besonderer Weise Schutz bedürfen, und wenig wäre schlimmer als das ungleiche Kräfteverhältnis Auto/Fahrrad auf Fahrrad/Fußgänger zu verschieben.
Was die Gefahrenlage beim rechts Abbiegen am Grünen Pfeil betrifft, wird es meiner Einschätzung nach selten zu Konflikten kommen, da dieses Sonderrecht genutzt wird, wenn die Ampel rot zeigt. In aller Regel hat der zu kreuzende Fußgängerverkehr in Geradeausrichtung in dieser Situation auch rot.
Aber der in querender Richtung ja nicht. Um den geht es ja. Aber der ist ja auch gut sichtbar.
Was ist eigentlich mit Paris?
Gibt’s da Neuigkeiten? Erfahrungen?
Die wollten doch auch den Grünen Pfeil einführen bzw. haben es schon getan.
“ Aber dass es in der Praxis sogar auch ohne den Grünpfeil geht, bei roter Ampel, wenn man gar nicht fahren darf, sagst du ja selbst.
Naja, ich gehe auch Ampeln bei Rot, wenn da nichts los ist, würde das deshalb aber nicht legalisieren lassen wollen.
In Pedaling Revolution, ein überaus leswenswertes Buch von Jeff Mapes, kommt Jack Wolters zu Wort, Amsterdams oberster Verkehrspolizist.
Der Absatz auf S. 71 geht so:
Wolters was surprisingly adamant in dismissing the notion that the police should target cyclists or pedestrians who violate traffic laws (with the exception of the reqirement that cyclists have lights at night; the police do regard that as important and well worth enforcing).
„The target of the police is not to control cyclists and pedestrians,“ he said. „It is to control the most dangerous part, motorcar drivers.“
So rum wird da ein Schuh draus.
Aus der Praxis.
https://www.google.de/maps/@53.555302,9.926565,3a,75y,180h,85.82t/data=!3m6!1e1!3m4!1s4jw1EGv-Sn1O4GCHN-6H2w!2e0!7i13312!8i6656!6m1!1e1
Da sieht man, hoffe ich, die Kreuzung Behringstr./Friedensallee in Ottensen, Altona mit links dem ampelgesicherten Fußgängerüberweg.
In Altona und besonders in Ottensen haben wir einen sehr hohen Rad-Modal-Split.
Wenn ich meine 9-jährige Enkelin zur Schule bringe, radeln wir da vorbei, Richtung Betrachter.
Es gibt da sone ungewöhnliche Ampelschaltung. Friedensallee, von rechts kommend, hat Auto und Rad Rot, der Fußgängerüberweg (wo der weiße Lieferwagen steht)hat Grün und links der Fußgängerüberweg (unser Weg) hat auch Grün.
Schon mehrfach kam meine Enkelin, auf dem Fußweg unterwegs, da nicht rüber. Die Radfahrer. Fährt ein Radfahrer von links kommend bei Rot, die deutlich abgesetzte Fußgängerampel (Grün) zeigt ihm, dass von dort keine MIV-Gefahr droht, dann fahren alle (morgens, schnell zur Arbeit). Keiner dieser Rotradler hält für die, bei Grün queren wollenden, Fußgänger. Leider hat das Fußgänger-Grün eine kurze Phase …
Inzwischen habe ich gelernt, mich sofort bei Grün entschlossen mit meinem Rad quer in den Pulk der Radler zu schieben, um meiner Enkelin die Querung zu ermöglichen (A la Schülerlotse).
Machen wir uns nichts vor. Bei der Wahl zwischen Rücksicht und Flow gewinnt im Zweifel der Flow.
Bei Radfahrern tendenziell sogar eher als bei Autofahrern. Denn bei Radfahrern bedeutet aus dem Flow kommen mehr persönlichen Arbeits- und Energieaufwand als bei Autofahrern.
Zumindest in einer hektischen Großstadt wie Hamburg halte ich den Grünen Pfeil für eine schlechte Idee.
In einer beschaulicheren Umgebung mag das anders sein.
http://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/Velofahrer-in-Sippenhaft/story/25570952
Danke für den Link!
Übrigens hier noch ein Link! https://www.youtube.com/watch?v=LujWrkYsl64
Das passt nicht wirklich zu dem Thema, aber ich bin vor einer Weile auf dieses Video gestoßen und dabei geht es ja auch sehr wesentlich um die Verbesserung der Lebenssituation in unseren Städten.
Besonders beeindruckend, sehr universell anwendbar und eigentlich ein gutes Lehrstück für jeden Politiker und Verwaltung in Deutschland finde ich das Prinzip nicht gleich Unsummen für Studien auszugeben, die ja auch nur theoretische Ergebnisse liefern können, sondern stattdessen mit kleinem Aufwand einen reversiblen Eingriff durchzuführen und das Ergebnis überzeugen zu lassen!
Jo, kenne ich. In dieser Hinsicht sind uns sogar die Amerikaner voraus. Projekte so testen, dass man sie im Zweifel schnell zurückbauen kann…
Das ist tatsächlich so.
Eigentlich sollte man das Video an jeden Stadtverwaltung in Deutschland schicken! Vielleicht würde sich ja doch der eine oder andere ein Beispiel nehmen.
[…] Zeit das ansonsten unmoeglich scheinende. Und so bin ich nur semiverwundert, dass der vielfach (meist vergeblich) geforderte „Gruenpfeil fuer (rechtsabbiegende) Radler*innen“ ausgerechnet in Ulm […]