Nachdem wir uns aus der Metropole Havanna mit ihrem wahnsinnigen Verkehr rausgekämpft und auf dem Land eine entspanntere Situation vorgefunden hatten, wollte ich natürlich auch mal eine kleine Erkundungstour mit dem Fahrrad starten. Landschaftlich hielt ich das Valle de Viñales für optimal. Die Region, bzw. die Kleinstadt Viñales im Westen der Insel, ist touristisch recht gut erschlossen und schildert denn auch mehrere Verleihmöglichkeiten für Fahrräder aus.
Taxi amigo? Cheap price anyway.
Nachdem wir am Vortag einen ersten Versuch aufgrund unmenschlicher Hitze erst mal abgesagt hatten, soll es dieses Mal klappen mit dem kurzen Rundtrip durchs Valle de Viñales und Valle de La Guasasa – einmal um den Mogote del Valle und den Mogote Dos Hermanas, zwei ziemlich beeindruckende Klötze aus Kalk- und Karstgestein mitten in der Landschaft.
Hat man sich durch die Dutzenden Schlepper „gekämpft“, die einem andauernd eine Taxifahrt andrehen wollen – „Taxi amigo? Cheap price anyway.“ – steht man in der Tourist Info und kratzt sich erst mal am Kopf. Ob die Räder wirklich eine gute Idee sind? Naja, bessere bekommt man sowieso nicht. Also los – mit nur einer funktionierenden Bremse und Geklapper überall.
Wenn man aus der Kleinstadt raus ist, wird es auch schon ziemlich schnell stiller. Endlich mal. Und schon ist man mitten in der Natur. Obwohl wir ja Mountainbikes haben, erweisen sich die Feldwege in der üppigen Natur schnell als recht anspruchsvoll. Gerade auch weil neben der hinteren Bremse auch die Gangschaltung nur in ziemlich abgeschwächter Form funktioniert. Erst mal tut sich gar nichts, weshalb der erste kleine Anstieg schiebend bewältigt werden muss. Danach geht’s bergab – dafür umso schneller. Und die verschiedenen Gänge klicken plötzlich ohne eigenes Zutun rein – und wieder raus.
Egal, wenn’s erst mal läuft, dann läuft’s. Und macht vor allem Spaß. Eine Beschilderung der Wege gibt es zwar nicht, weshalb man relativ oft anhalten und kurz abschätzen muss, welche wohl die richtige Abzweigung ist. Die riesigen Mogotes, um die es herum geht, dienen aber ganz gut als Orientierungspunkt. Und so geht’s dann erst mal flott voran. Manchmal sogar zu flott. Denn hier könnte man auch alle zehn Meter Fotos von Pflanzen, Tieren und den sich ständig ändernden Panoramen machen.
Aber wir wollen ja in die Pedalen treten. Damit ist dann aber plötzlich Schluss, als wir vor einer großen Wasserfläche stehen. Dass der Weg hier mitten durch die Reisfelder führt, wo es naturgemäß recht feucht zugeht, hatte uns natürlich niemand gesagt. Und bei dem ganzen Matsch, an dem wir schon vorbeigekommen sind, erscheint die Variante „absteigen, Schuhe aus und schieben“ doch sicherer. Auch und gerade in Anbetracht des Zustandes unserer Räder. Gesagt getan. Die nächsten Hunderte Meter geht’s zu Fuß weiter. Sicher gut für die Haut, der rote Schlamm…
Als das „Delta“ dann durchschritten ist, geht’s mit dem Fahrrad auch wieder einigermaßen. Schön barfuß auf der Buckelpiste bis zum Mural de la Prehistoria – das so prähistorisch gar nicht ist. Das 120 Meter lange und 80 Meter hohe Wandgemälde wurde in den 1960er Jahren von Leovigildo González an eine Felswand gepinselt und soll die Evolution darstellen. Große Touristenattraktion. Na ja…
Wir haben da wenigstens unsere Füße sauber bekommen und konnten nach kurzer Pause wieder Gas geben – auf zwei für kubanische Verhältnisse recht ordentlichen Straßen. Die bildeten dann auch schon die letzte Etappe auf dem Rundkurs. Was allerdings nicht weniger spannend war. Denn was die wenigen kubanischen Auto- und Busfahrer von anderen Verkehrsteilnehmern halten, lässt sich sehr kurz zusammenfassen: nichts. Radfahrer, Rollerfahrer, Fußgänger, Pferdekutschen, Ochsengespanne, Kinder, Hühner, Hunde – alles wird gnadenlos weggehupt und haarscharf überholt. Nicht auszumalen, was hier bei mitteleuropäischem Verkehrsaufkommen los wäre!
Wir schaffen es dann zum Glück unbeschadet zurück nach Viñales und die nicht mehr ganz so sauberen Räder gehen mit einem Augenzwinkern zurück an den Verleih. Eigentlich hatten wir schon wieder mit einer dieser schnell ausgedachten Gebühren gerechnet, aber der Angestellte in der Tourist Info hing gerade am Telefon und konnte die Bikes draußen nicht so recht erkennen. :-)
Insgesamt war es ein richtig netter Ausflug, der mit vernünftigen Rädern – eine Federung wäre zum Beispiel auch nicht schlecht – noch deutlich länger hätte ausfallen können. Wenn Kuba in dieser Hinsicht irgendwann moderner wird, dann könnte hier richtig was gehen – für Radfahrer im Valle de Viñales.