New York Bike Style – ein neuer Bildband von Sam Polcer, der Radfahrerinnen und Radfahrer im Big Apple zeigt. Los geht es aber erstmal mit einem Vorwort von Casey Neistat, den wir spätestens seit seinem Aufsehen erregendem Video Bike Lanes kennen, in dem er sich über New Yorks blockierte Radwege aufregt.
Hier schildert er kurz die Vorzüge des Fahrrads in einer verstopften Millionenmetropole, kommt dann aber auch gleich auf die schwierige Situation rund ums Fahrrad – Diebstähle, Vandalismus, Sicherheit. Das hört sich dann gleich nach einem harten Kampf an.
Den wiederum sieht man im Buch überhaupt nicht. Auf 224 werden Radfahrer aus New York mit einem großen Foto und einem kleinen Dreizeiler vorgestellt. Dort erfährt man den Namen des Radlers und Details zum Bike, sowie den genauen Ort der Aufnahme und wohin die Person gerade unterwegs ist.
These are the people I wanted to photograph, to show that riding here can look as wonderful as it feels.
Das wirkt dann allerdings arg konstruiert, ist von Polcer aber wohl gewollt. Über den New Yorker Fahrrad-Alltag erfährt man so allerdings wenig. Die Schnappschüsse wirken nicht wie aus dem Leben gegriffen. Dafür sehen die Radler einfach zu gut aus – als kämen sie gerade frisch aus der Maske einer TV-Produktion. Ebenso die Fahrräder – alle auf Hochglanz poliert.
Sam Polcer hat für New York Bike Style die fünf Stadtteile durchstreift und die stylishsten, tollsten und originellsten Fahrradfahrer für uns gefunden: von Punk-Gangs, über den Puerto Rican Schwinn Club und die Fixies der Brooklyn-Hipster bis hin zu BMX-Freaks und Bahnradfahrern.
Beim Blättern fällt denn auch schnell auf, dass hier kaum „Normalos“ abgelichtet wurden. Zu exzentrisch wirken viele der Personen. Besonders die Mitglieder des Puerto Rican Schwinn Clubs wirken wie gecastet und neben das Rad gestellt. Das ist anfangs nicht weiter tragisch, stört aber ab der Hälfte des Buches schon ein wenig. Denn nicht diese ausgefallenen Radler machen den neuen Fahrrad-Trend in Amerikas Hauptstadt aus, sondern die vielen „normalen“ Menschen, die es satt haben, im Stau oder der stickigen U-Bahn zu stehen – so wie es Neistat im Vorwort anspricht.
Mit Sex-Appeal lassen sich Amerikaner eher dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen.
Die Süddeutsche Zeitung vermutet denn auch eher, dass Polcer mit dem Bildband Werbung fürs Radfahren machen will. Und Werbung bildet ja eher selten die Realität ab. „Die Menschen sind Vehikel, Mittel, die zum Ziel führen sollen. Und das ist: den Amerikanern das Radfahren nahebringen.“ Ob das aber über die Hipster-Schiene gelingt, bleibt erstmal offen. Denn es ist ja nur die halbe Wahrheit, die hier abgelichtet wird…
Keine Frage, New York Bike Style ist ein sehr schicker Bildband. Er könnte aber auch der neue Katalog einer hippen Klamottenmarke sein, die das Fahrrad als Accessoire ins Bild setzt. Die New Yorker Fahrrad-Szene hat Authentischeres zu bieten!
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New York Bike Style
Sam Polcer
224 Seiten mit 200 farbigen Abbildungen
Prestel
Februar 2014
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Bilder: Sam Polcer