Am Dienstagabend kam die Nachricht, dass die Änderungen der neuen Straßenverkehrsordnung mitsamt einiger Bußgelder unwirksam sein könnten. Ein einfacher Formfehler soll dafür verantwortlich sein. Die Beamten im Bundesverkehrsministerium hätten den Hinweis auf Paragraph 26a Abs.1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vergessen und damit das Zitiergebot des Grundgesetzes verletzt, wie t-online berichtete. Der ADAC meldete einen Tag später ziemlich sicher, dass die neuen Fahrverbotsregeln „wegen eines Formfehlers im Gesetzestext unwirksam“ seien und Vergehen nach altem Recht geahndet werden müssten.

Für Verkehrsminister Scheuer dürfte das ein willkomener Anlass sein, der neuen StVO nicht nur den Hinweis hinzuzufügen, sondern diese gleich ganz zu überarbeiten – und dabei die härteren Strafen für Raser wieder zu kassieren. Wie der Spiegel berichtet, fordert er dafür bereits in einem Brief Unterstützung von den Bundesländern.




Stefan Gelbhaar, Obmann im Verkehrsausschuss und Sprecher für städtische Mobilität und Radverkehr der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, sieht ebenfalls einen Formfehler: „Die von der Bundesregierung am 27. April 2020 verkündete Änderungsverordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung, der Bußgeldkatalog-Verordnung und weiterer Verordnungen weist zweifelsfrei einen Formfehler auf. Dies führt zu Rechtsunsicherheit. Verkehrsminister Scheuer muss umgehend darüber aufklären, wie nun die Rechtslage ist. Sollte die gesamte Änderungsverordnung oder ein Teil der Verordnung aufgrund des Zitierfehlers verfassungswidrig sein, muss die Verordnung umgehend ohne Formfehler neu verkündet werden.

Scheuer muss jetzt unverzüglich handeln.

Bis zur rechtlichen Klarstellung bzw. ordentlichen Verkündung der StVO- und Bußgeld-Änderungen wissen 83 Millionen Bürgerinnen und Bürger nicht sicher, welche Regeln nun im Straßenverkehr gelten. Zehntausende Bußgeldbescheide könnten rechtswidrig sein. So lange dieser Zustand anhält, behindert der Formfehler die Arbeit von Polizei und Ordnungsbehörden im ganzen Land. Scheuer muss jetzt unverzüglich handeln.“

Bleibt die Frage, wie Scheuer handeln wird. Schnell wohl eher nicht, wie der ganze Prozess um die StVO-Novelle gezeigt hat. Es sieht eher danach aus, als würde Scheuer die ungeklärte rechtliche Lage als Druckmittel gegenüber den Bundesländern nutzen, um die Rücknahme der Verschärfungen der Bußgeldnovelle durchzudrücken. (Update: Die Länder hat er bereits aufgefordert, die neuen Bußgeldbestimmungen nicht anzuwenden.) Für den Deutschen Verkehrssicherheitsrat würde das allerdings einen „Rückschritt für die Verkehrssicherheit“ bedeuten.