PEDALPILOT-COVERGerade im Briefkasten und pünktlich zum Weihnachtsgeschäft neu aufgelegt: Pedalpilot Doppel-Zwo – ein echter Fahrradkurier-Roman aus Hamburg. Hört sich schwer nach dem perfekten Buch für die Weihnachtsfeiertage an. Oft sind es eher Sachbücher oder Bildbände, die das Fahrrad als Thema haben. Umso gespannter bin ich, was dieser Roman so zu bieten hat. Die Voraussetzungen sind auf jeden Fall gegeben: Hamburg, Fahrradkuriere, Vater-Sohn-Verhältnis…

Pedalpilot Doppel-Zwo ist ein unangepasster Entwicklungsroman, der die Leser mitnimmt zu den schönsten Rastplätzen und Aussichtspunkten der Elbe-Stadt.

Autor Wolf Schmid sollte auf jeden Fall wissen, worüber er schreibt. Immerhin hat er selbst mehrere Jahre als Fahrradkurier gearbeitet.

Der spontane Besuch des gerade pensionierten Paketwagenfahrers Walter bei seinem Sohn Johannes in Hamburg bringt die sicheren Mauern ins Wanken, hinter denen die beiden sich schon seit Langem zurückgezogen haben. Als sich Johannes alias Fahrradkurier »Doppel-Zwo« bei einem Radunfall das Schlüsselbein verletzt, springt der Vater kurzerhand als »Doppel-Zwo Senior« für ihn ein. So lernt Walter die Kurierszene Hamburgs, die dort geltenden Regeln und die eigenwilligen Menschen hinter den Funkgeräten kennen. Nebenbei holt er noch das eine oder andere Versäumnis seinem Sohn gegenüber nach – ein Coming of Age im Rentenalter.

Wer also noch ein Geschenk für eine Radfahrerin oder einen Radfahrer sucht, der könnte hier genau richtig liegen. Und nebenbei ist es übrigens das erste Buch im gerade neu gegründeten Liesmich Verlag aus Leipzig.

Pedalpilot Doppel-Zwo
Wolf Schmid
288 Seiten, inkl. 10 Seiten literarischem Glossar
Liesmich Verlag
2014

Update 5. Januar 2015

So, fertig! Nachdem ich das Buch bei Seite 50 schon weglegen wollte, hat die Geschichte danach endlich Fahrt aufgenommen. Allerdings kommen dann auch ziemlich schnell ziemlich viele Dinge zusammen, die dem Protagonisten Johannes passieren – Vaterbesuch, Schlüsselbeinbruch, Schwangerschaft seines One-Night-Stands. Die Fahrradkurier-Geschichte wird in Teilen zu einem Coming-Of-Age-Roman.

Und auch Johannes‘ Vater Walter, der ihn aufgrund des Schlüsselbeinbruchs als Fahrradkurier vertreten muss, holen recht viele Zufälle ein. Kaum ist er drei Tage bei den Pedalpiloten und stellt sich eher schlecht als recht an, ist er plötzlich Hamburgs berühmtester Kurier, weil erst ein Print-Journalist und dann auch noch der NDR über ihn berichten wollen.

Eigentlich soll der Roman die Leser „zu den schönsten Rastplätzen und Aussichtspunkten der Elbe-Stadt“ mitnehmen. Das gelingt aber nur bedingt. Das Kopf-Kino zündet nicht in jeder Szene – zumindest bei mir.

Da nimmt einen das Buch schon eher in die eigenen Zwanziger mit, wenn die Charaktere sich mit ihren Alltags- und Zukunftssorgen rumplagen. Der Job als Fahrradkurier ist zwar Johannes‘ Arbeit, andererseits aber auch wieder nicht. Ist es noch Arbeit, wenn es einem Spaß macht und nebenbei auch noch Geld abwirft? Vielmehr steht der Kurierjob hier stellvertretend für die Freiheit, die schnell in Gefahr geraten kann, wenn das Leben Ungeplantes bereit hält. Der beste Satz kommt denn auch von Johannes und spricht vielleicht für eine ganze Generation: „Das höchste in meinem Leben? Auf jeden Fall nicht meine Arbeit. Frei verfügbare Zeit. Freundschaft. Liebe und Träume meinetwegen.“

Und so ist es doch ein Buch, das eine bestimmte Stimmung einfängt. Auch wenn das Familienverhältnis der Schmecks hier zuweilen ein wenig extrem erscheint. Ich schließe mich am Ende dem Klappentext des Buches an. Denn besser kann man es nicht schreiben:

Manchmal holt die Vergangenheit uns ein, während die Zukunft als Schnellzug auf uns zu rast und die Gegenwart uns gerade noch rechtzeitig aus der Bahn wirft.

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