Georg Koeniger - Autotür

Nach einer kurzen Einführung und Hintergrundinformationen zum Autor Georg Kiesinger beginnt die „Radbiographie“ Bis dass die Autotür uns scheidet – Ein Leben in 12 Fahrrädern in Kapitel 1 mit einer kleinen Anekdote aus Schottland. Bei einem Fahrradurlaub bahnt sich die erste Dooring-Situation für Koeniger an. Doch zunächst wird erstmal über die Schwierigkeiten bei Radurlauben mit mehr als zwei Personen aufgeklärt. Fazit: Am besten vorher einen genauen Plan erarbeiten. Und dann vor allem auch dran halten. Sonst geht es einem wie Koeniger, der im Streit um den Ablauf einfach davonfahren will und nur dieses eine Mal nicht voll konzentriert ist. Der Linksverkehr tut sein Übriges und schon fliegt man über eine Beifahrertür!

Dann beginnt das Buch so, wie es im Untertitel heißt – ein Leben in 12 Fahrrädern. Los geht’s mit einem alten Miele-Rad, das dem kleinen Georg in Münster die Freiheit der Kindheit verleiht. Endlich nicht mehr beim großen Bruder auf dem Gepäckträger mitfahren müssen. Endlich selber zum Tischtennistraining fahren. Endlich mal ein bisschen unabhängig sein.

Weiter geht’s mit einem für Münster typischen Hollandrad, das der nun jugendliche Koeniger nur kauft, weil man ihm auf einer Fahrradauktion die coolen Bikes alle vor der Nase wegschnappt. Und das er wegen seiner Behäbigkeit eigentlich gar nicht ausstehen kann…

 

„Naja, sie wissen doch, wie Italiener so sind, verspielt und alles, und die verzieren doch ihre Muffen immer so…“

 

Ein Highlight gibt es im nächsten Kapitel, wo man als Liebhaber alter Stahlrenner ein bisschen neidisch wird. Denn jetzt bekommt Koeniger endlich das langersehnte „coole“ Rennrad. Überraschend zwar, weil als Geschenk von der Tante, aber gleich eins der Marke Colnago. Und wenn er es so in seinen Einzelheiten beschreibt, will man gleich wieder in den Internet-Kleinanzeigen stöbern, ob man nicht doch noch ein viertes oder fünftes Fahrrad findet, das mit eben solchen schicken kleinen Details aufwarten kann.
Die Geschichte, in die das Rennrad eingebettet ist, ist allerdings nicht so schön. Es wurde Koeniger geklaut und er zeigt den Diebstahl bei der Polizei an, was in Münster anscheinend so erfolgversprechend ist, wie „auf dem Mond Rosen zu züchten“.

Es folgen weitere Stationen in Koenigers Leben, immer markiert von Fahrrädern wie dem Wheeler für die Stadt, einem Tandem („Nach diesem Tag war klar, dass wir zwei separate Fahrräder brauchten, wenn wir weiter zusammenbleiben wollten.“), einem E-Bike („…kommt nicht mehr infrage.“) und zu guter Letzt einem Fixie („Wie hatte ich nur annehmen können, dass so ein radelndes Rotkäppchen […] sich für jemanden interessieren würde, der mit Fixie und hipper Kleidung die Tatsache zu vertuschen suchte, dass er ungefähr doppelt so alt war wie sie!“).

An vielen Stellen erkennt man sich wohl selbst wieder. Denn Radfahrer und „Radbiographien“ haben vieles gemeinsam. Und trotzdem wollte ich mit dem Buch beim Lesen nicht so recht warm werden. Obwohl es sich vom Prinzip her gar nicht so sehr von Kai Schächteles „Ich lenke, also bin ich“ unterscheidet, das mir sehr gut gefallen hat, hat sich hier bei mir der Leseflow nicht so wirklich eingestellt. Trotzdem, als echter Fahrradliebhaber kann man mit dem Buch nichts falsch machen. Interessant ist auf jeden Fall die Sicht eines Münsteraners aufs Radfahren und die eigene Stadt als Fahrradstadt. Und für den besten Satz des Buches greife ich mal auf eine Kurzrezension bei ZEITonline zurück:

“Niemand erlebt dich so unverstellt wie deine Räder, sie hören dich gotteslästerlich fluchen,
sie spüren deine Schwäche, sie müssen deine Nachlässigkeit erdulden,
wenn du mal wieder die einfachsten Pflegearbeiten vergisst.”

Da hat er recht, der Georg Koeniger!

Bis dass die Autotür uns scheidet – Ein Leben in 12 Fahrrädern
Georg Koeniger
272 Seiten, Klappenbroschur mit 16 Abbildungen
April 2013