Heute stand die Critical Mass in Osnabrück unter einem traurigen Stern. Im Vorfeld wurde bereits vereinbart, eine Schweigeminute für den Anfang des Monats tödlich verunglückten 20-jährigen Radfahrer abzuhalten. Einige der insgesamt knapp 50 Fahrer hatten zusätzlich Trauerlichter dabei, die an der Unglücksstelle entzündet wurden. Ein bewegender Moment an der Kreuzung Kommenderiestraße / Johannistorwall, der gezeigt hat, dass Zeitungsartikel eben doch mehr sind, als nur Meldungen in der Presse. Und vielleicht ein weiteres Mosaik auf dem Weg zu mehr Aufmerksamkeit für den Radverkehr.
Während der Schweigeminute kam es allerdings fast zum nächsten Unfall gleichen Musters an derselben Stelle. Ein rechts abbiegender Autofahrer missachtete einen nicht zur Critical Mass gehörenden Radfahrer, der einen Zusammenstoß nur durch scharfes Bremsen verhindern konnte. Ein weiteres Zeichen, dass an dieser Stelle dringend etwas passieren muss.
Sonst bleibt nur zu sagen, dass die Polizei wieder nicht dabei war, dafür aber viele neue Gesichter, u.a. hatten sich Mitglieder des ADFC der CM angeschlossen. Und so ging es dann insgesamt eine gute Stunde über Wall und Neumarkt (11,3 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 12 km/h, wie CM-Veteran Norbert mal wieder enttäuscht feststellen musste…). Schwierigkeiten gab es wieder keine. Der eine oder andere Autofahrer kannte die Regel des „Korken“ zwar noch nicht und ließ seinen Frust per Hupe raus. Aber das spielt sich schon noch ein. Die Radler haben das mit dem „Korken“auf jeden Fall schon drauf. Einer findet sich immer, der die Seite „dicht macht“.
Critical Mass ist, wenn viele Radfahrer wild klingeln und Passanten ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Und dann ist mir noch Folgendes aufgefallen: dichter Fahrradverkehr, sprich eine Critical Mass ist, wenn viele Radfahrer wild klingeln und Passanten ein Lächeln ins Gesicht zaubern. (Und ein kleiner Junge am Straßenrand seinen Mund gar nicht wieder zu bekommt. Wär super, wenn er das nächste Mal dabei ist!) Dichter motorisierter Verkehr ist, wenn viele Autofahrer hupen und alle einfach nur genervt sind. Wieder mal klarer Vorteil Fahrrad!
In diesem Sinne – bis zum 25. April!
6 Antworten auf „Critical Mass März“
Ich bin ein Freund der CM Idee und denke dabei an eine einigermaßen zügige Gruppe, also einem Verband von Rad Fahrenden (komisches Wort) , der die Tatsache, dass, das Fahrrad ein Verkehrsmittel ist, klarstellen möchte. Übrigens gern auch als “Korken”.
„… wenn viele Radfahrer wild klingeln und Passanten ein Lächeln ins Gesicht zaubern“ ist das maximal ein Fahrradkorso, den kennen viele von Hochzeiten und Fußballweltmeisterschaften (dann allerdings mit PKW&Hupe). Ein Fahrradkorso ist sicherlich auch eine schöne Veranstaltung, aber ob Rad Fahrende so mit ihrem Auftreten auf die Belange und Rechte von Radfahrern gegenüber dem motorisierten Individualverkehr aufmerksam machen? Ich melde Zweifel an!
Eine dauerklingelnde 12 km/h Wanderschikane, zeigt eher ihre Gleichberechtigung gegenüber einem Autokorso als gegenüber motorisierten Verkehr.
Gruß
Christoph
Das mit dem Tempo ist so eine Sache. Wir können natürlich nur so schnell fahren, wie die Langsamsten. Und in Anbetracht der Größe Osnabrücks, ist die Geschwindigkeit gar nciht so schlecht. Dann schafft man zwei Achten um den Wall und war eine Stunde unterwegs. In größeren Städten ist eine schnellere Durchschnittsgeschwindigkeit sicher was anderes.
Bei uns kann man sich bei 12 km/h auf jeden Fall gut unterhalten. Hat mal wieder Spaß gemacht…
Kleiner Hinweis vom Datenaufzeichnenden: „12km/h Wanderschikane“ trifft es nicht ganz, denn das ist, wie Daniel ja schon im Artikel schrieb, die Durchschnittsgeschwindigkeit, bei der lediglich die Standpausen an Ampeln u.Ä. rausgerechnet wurden. Alles andere, also das Bremsen und Anfahren der ganzen Gruppe, sind da mit drin. Die „Reisegeschwindigkeit“ war also durchaus höher und betrug maximal 19,6km/h, was für Fahrräder im Stadtverkehr an sich wohl in Ordnung und auch weitestgehend normal ist. In Hamburg und anderswo ist man bei der CM übrigens auch nicht viel schneller. Ja, das geht ganz sicher noch ein kleines Bisschen flotter (und noch genauso gemütlich, aber ist wohl auch eher ein Frage der Gruppengröße und der Erfahrung, gerade bzgl des gemeinsamen Anfahrens), aber im Zweifelsfall richtet man sich eben nach den Langsamsten. Eine geschlossene Gruppe ist wesentlich sicherer, als eine, die mit Lücken zum Reinquetschten einlädt. Und im Übrigen gilt für Radfahrende leider immer noch, dass sie nur so schnell fahren dürfen, wie andere Verkehrsteilnehmer es von ihnen erwarten: „Auch einschlägige Urteile setzen der Geschwindigkeit von Fahrrädern innerorts Grenzen. So muss beispielsweise niemand damit rechnen, dass ein Fahrrad mit Geschwindigkeiten fährt, die sonst nur von Kraftfahrzeugen erreicht werden. Fahrräder dürfen nur so schnell fahren, wie es allgemein von ihnen erwartet wird (BGH, AZ VI ZR 73/90 und OLG Karlsruhe, AZ VRS 78, 329).“ (http://de.fahrrad.wikia.com/wiki/Geschwindigkeitsbegrenzung) Außerdem, das C in CM steht ja nicht für Critérium. ;)
Da werd ich jetzt nicht Gegenreden. Lieber fahre ich mal mit. :-)
Ach ja: außerhalb des Rad-weg-s muss sich wegen der „fahrradtypischen Geschwindigkeit“ kaum jemand Gedanken machen: Für die vom BGH bestätigte 50-prozentige Mithaftung des Rennradfahrers, der innerstädtisch mit einem die Straße überquerenden Fußgänger zusammengestoßen war, musste er immerhin 45 km/h fahren.
Hallo,
als Vater von Simon, dem ums Leben gekommenen Radfahrer, möchte ich mich ganz herzlich für das Gedenken an unseren Sohn bedanken.
Ich werde versuchen in der nächsten Zeit mit der Stadt in Verbindung zu treten, um die Notwendigkeiten und Möglichkeiten von Veränderungen im Radverkehrsnetz in OS zu erörtern.
Das war für uns wirklich selbstverständlich. Und wir werden weiter dafür „kampfen“, dass so etwas nicht mehr passiert!