Ich hatte neulich mal einen leicht ironischen Tweet rausgehauen, wonach Ideen, die nicht unmittelbar dem Auto (-verkehr) dienen, überflüssig seien und von den Grünen kämen.
Alles in der Verkehrspolitik, was nicht unmittelbar einem selbst und dem Auto dient, ist erstens völlig überflüssig, zweitens rausgeschmissenes Geld und drittens auf jeden Fall eine Idee der Grünen. Der Stammtisch hat gesprochen!
— Daniel (@SecretCoAuthor) August 15, 2021
Der Tweet altert ganz gut. Nur eine Woche später regt sich der (natürlich) CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak fürchterlich darüber auf, dass die (natürlich) Grünen die Idee einer Lastenradprämie in den Wahlkampf bringen. Demnach soll der private Kauf von Lastenrädern mit insgesamt einer Milliarde Euro gefördert werden. Für Ziemiak (natürlich) ein „abstruser & weltfremder“ Vorschlag. Für mich ja schon seit Jahren ein Vorschlag ausgleichender Gerechtigkeit.
#Grüne Vorschläge im aktuellen Wahlkampf werden immer abstruser & weltfremder. ♂️ Stelle mir gerade Bauarbeiter auf dem Weg zur Baustelle vor. Gibt es auch Tandem-#Lastenrad für Chef & Azubi? Vorne der Presslufthammer verstaut – als Fahrradanhänger ein Betonmischer? https://t.co/55Bqi0J1hl
— Paul Ziemiak (@PaulZiemiak) August 22, 2021
Ich weiß nicht, ob man das schon Shitstorm nennen kann, was Ziemiak daraufhin abbekommt. Aber nach tausenden Antworten auf seinen Tweet und Erklärungen anderer CDU-Politiker, dass auch CDU-Regierungen in Land und Bund bereits Lastenräder fördern, rudert Ziemiak vorischtshalber etwas zurück. Und trotzdem ist er sich nicht zu schade, auch schnell noch den Handwerker im ländlichen Raum zu bemühen, der mit einem Lastenrad ja gar nichts anfangen könne.
Weil hier so viel diskutiert wird: Natürlich ist das #Lastenrad wichtig für die Mobilitätswende. Deshalb gibt es bereits Förderung. Aber für viele Menschen im ländlichen Raum, gerade für Handwerker, ist es eben noch nicht die perfekte Lösung. https://t.co/iVomxlWoxN
— Paul Ziemiak (@PaulZiemiak) August 22, 2021
Ich finde die Aufregung ehrlich gesagt etwas albern. Die Steuerzahler*innen müssen seit Jahren die Zweit- und Drittwagen von Wohlhabenden mit mittlerweile bis zu 9.000 Euro subventionieren, ticken wegen einer Lastenrad-Förderung aber völlig aus. Das soll mal einer verstehen.
Nun meldet sich aber auch der ADFC zu Wort. Er begrüßt den Vorschlag der Grünen, mit Kaufprämien die Verbreitung von Lastenrädern anzukurbeln. Der Bedarf sei groß, regionale Förderprogramme würden nicht ausreichen und seien schnell überbucht (siehe zum Beispiel Osnabrück). Um mehr Lastenrad-Verkehr zu ermöglichen, müsse aber schnellstens die Radinfrastruktur ausgebaut werden.
Lastenräder sind weit davon entfernt, eine Lösung nur für Großstädte zu sein. Auch auf dem Dorf müssen Kinder zur Kita und Getränkekisten nach Hause gebracht werden.
ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider sagt: „Lastenräder haben großes Potenzial für die Verkehrswende. Sie transportieren Kinder, Einkäufe, Pakete, Handwerkskisten und Apothekensendungen – alles Anwendungen, für die sonst Autos oder Transporter genommen werden. Damit entlasten sie Städte und Klima. Der Vorschlag für eine Bundesförderung von Lastenrädern ist also ausgesprochen zeitgemäß, denn sie trägt dazu bei, den Menschen die Alternativen zum Auto schmackhaft zu machen. Dazu gehört natürlich auch eine bessere Fahrrad-Infrastruktur. Guter Lastenrad-Verkehr funktioniert nur mit breiten Radwegen und guten Fahrrad-Parkplätzen – und die sind in Deutschland noch Mangelware.“
Die Steuerzahler*innen müssen seit Jahren die Zweit- und Drittwagen von Wohlhabenden mit mittlerweile bis zu 9.000 Euro subventionieren, ticken wegen einer #Lastenrad-Förderung aber völlig aus. So deutsch…
— Daniel (@SecretCoAuthor) August 22, 2021
Der ADFC bietet in vielen Städten und Regionen auf ehrenamtlicher Basis Cargobikes zum kostenlosen Verleih an. Laut Ausleih-Statistik des sehr erfolgreichen Berliner Angebots „fLotte“ wären 40 Prozent der Lastenrad-Fahrten ohne das Verleihangebot mit dem Auto gemacht worden. Schneider: „Neben der Förderung von Lastenrad-Käufen sollte auch das Lastenrad-Sharing stärker gefördert werden. Der Bedarf ist enorm.“ Und weiter: „Lastenräder sind weit davon entfernt, eine Lösung nur für Großstädte zu sein. Auch auf dem Dorf müssen Kinder zur Kita und Getränkekisten nach Hause gebracht werden.“
Aber was sind schon Kinder und Getränkekisten, wenn wir erst mal den Handwerker mit Presslufthammer und Betonmischer auf die Baustelle kriegen müssen…
4 Antworten auf „Hilfe, die Lastenräder kommen…“
Als Handwerksmeister werfe ich mal ein das der Nutzen von Lastenrädern zwar durchaus vorhanden , aber halt eingeschränkt ist . ( Volumen/ Gewichte ) Ohne Transporter wird es nicht gehen- aber man kann einige Fahrten ersetzen- und jedes bisschen hilft schließlich.
Generell sind Lastenräder aber auch im ländlichen Raum gut einzusetzen- ich sehe daher keinen Grund hier nicht fördern zu wollen. Viele Fahrten sind ohnehin nur innerörtlich oder ins nächste Dorf. Daher immer in Reichweite eines Fahrrades.
@ Uwe Trettin
Zustimmung. Handwerk und Co sind immer noch auf Transportkapazitäten mit Transportern angewiesen.
Im ländlichn Raum wären Lastenräder durchaus eine Alternative zum Auto, denn dann kann ist auch der Großeinkauf im nächst größeren Ort nicht unbedingt die Ausrede warum man nun wieder Auto fahren muss ;-)
In der Stadt sehe ich Lastenräder kritisch. Es fehlt einfach Infrastruktur.
Lastenräder ergeben nur Sinn, wenn sie auch abgestellt und geladen werden können. Außerdem brauchen sie auch Wege wo dsie einsetzbar sind. Hier in München gibt es kaum Radwege die breit genut sind, damit man auch als Radfahrer einen anderen radfahrer sicher (mit ausreichend Abstand!) überholen kann.
Wenn ich mir aktuell die Verkehrsplanung in München anschaue…. da hilft die Förderung leider nicht bei einer Verkehrswende. Da müssten schon einschneidende Maßnahmen her (Wegfall von min 30% aller Parkplätze für KFZ, Park + Haltezonen in JEDER Straße für Handwerker Lieferdienste, Parken auf der öffentlichen Straße nur mit Anwohnerausweis mit maximal 1 KfZ pro Haushalt mit Kosten die sich am Haushaltseinkommen berechnen, usw….) Wenn man dann noch überall Tempo 30 auf allen Straßen innerorts hätte…. Hach, wie schön ist die Träumerei :)
Na ja…. ein Trost bleibt : beim Lastenrad lassen die Autofahrer ca 50 cm mehr Abstand- da ist die Angst um’s heilige Blechle wohl größer…..
Hallo zusammen, weiß denn jemand was die maximal Belastung für ein Lastenrad ist? Ich finde auch, dass es eine Alternative zum Auto sein könnte, vor allem wenn man keine weiten Strecken fahren muss. Nur frage ich mich, wie man es am besten mit der Belastung regelt. Ich habe derzeit eine Bodenwaage von Waagen Friedrichs in meinem Lager. Die kann man bestimmt auch für das Wiegen verwenden. Ich möchte wirklich ausprobieren, ob ich ein Lastenrad auch das Gewicht von meinem Werkzeug aushält. Wenn ja, finde ich es eine super Idee und Alternative, um ehrlich zu sein.