Kurze Gedanken zum Beitrag „Umstrittener Freiheitswahn: Radfahrerlobby gegen Helmpflicht“ bei Kontraste in der ARD.
Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass es ein sehr schwacher Beitrag war, den „Kontraste“ da gebracht hat. Verknüpft man die fast völlig einseitige Berichterstattung mit dem Hinweis nach dem Beitrag im „Kontraste“-Blog mit anderen diskutieren zu können, so könnte man meinen, der Beitrag sollte für ein bisschen traffic auf dem Blog sorgen…
Bei der Argumentation folgt der Beitrag keinem roten Faden. Zunächst geht es um die schweren Verletzungen bei Unfällen. Natürlich würde ein Fahrradhelm bei bestimmten Stürzen das Verletzungsrisiko mindern. Bei vielen Fällen würde aber auch ein Helm nicht mehr helfen. So zum Beispiel bei dem gezeigten Crash-Test (Min. 2:18), bei dem der Radfahrer frontal vom Auto angefahren wird. Hier würde ein Helm mit Sicherheit nichts nützen!
Auch der Test mit den zwei nebenher fahrenden Radlern ist nicht sehr realitätsnah, da die Puppen einfach unbeweglich umfallen und keinerlei Abrollaktion ausführen.
Dann vermischt der Beitrag auf einmal Sachverhalte. Wieso wird gefragt, ob eine radfreundliche Verkehrsführung zu sinkenden Unfallzahlen führt? Egal ob das der Fall ist, eine Helmpflicht führt mit Sicherheit nicht zu sinkenden Unfallzahlen.
Und was ist das überhaupt für eine Ausdrucksweise? „Das aber will in die Köpfe der meisten Fahrradfahrer nicht hinein. Nur jeder zehnte schützt seinen Schädel.“ „Schockierende Unfallbilder, Aufklärungskampagnen, Appelle an die Vernunft, dies alles hilft offensichtlich nicht gegen Eitelkeit und Ignoranz.“
Verzerrend auch die Auswahl der Antworten: Bei der Frage, ob man bei einer Helmpflicht auf das Fahrrad verzichten würde, werden nur Leute gezeigt, die dies nicht täten. Und bei der Frage, warum nur 10 Prozent der Radler einen Helm tragen und die restlichen 90 Prozent ihren „Schädel“ nicht schützen, werden die objektiv sinnlosesten, aber immerhin ehrlichen Antworten gezeigt.
Immerhin fängt der Beitrag mit einer typischen Szene an. Es wird ein plötzlicher Unfall beschrieben, und gezeigt wird ein auf dem Schutzstreifen parkendes Auto. Wieso aber wird hier nicht nach dem offensichtlichen Fehler des Autofahrers gefragt, sondern eine Mitschuld des Radfahrers suggeriert?
In der Folge wird der Beitrag nicht besser, sondern zeugt eher von mangelnder Recherchearbeit des Redakteurs: „Statt für die Helmpflicht zu werben, entwirft der ADFC bemerkenswerte Szenarien.“ Dass die Anzahl an Radfahrern bei einer Helmpflicht sinkt, ist ein kein bemerkenswertes Szenario. Es ist die Erfahrung aus Beispielen wie Australien und somit ein Argument GEGEN die Helmpflicht!
Ganz über wird es dann am Ende: „So bleibt dem Fahrradfahrer auch weiterhin die Freiheit, sich seinen Schädel kaputt schlagen zu lassen. Hauptsache die Frisur sitzt.“ Dieser Schlusssatz ist einer Sendung wie Kontraste absolut unwürdig und auch der Moderatorin scheint das am Ende etwas unangenehm zu sein.
10 Antworten auf „Helmpflicht bei „Kontraste““
Zwar OT, aber ich muss sagen ich habe mich mittlerweile in vielen Fällen für den Helm entschieden:
a) ich fahre recht offensiv / sportlich und im Straßenverkehr muss man halt nichtmal selber einen Fehler machen um angefahren zu werden –> da probiere ich mich bestmöglich zu „schützen“
b) Lieber sehe ich mit Helm *etwas* dumm aus, als nach einer Hirnblutung möglicherweise richtig dumm zu *sein*!
c) Ich hab kurze Haare, die Frise sitzt auch mit Helm ;)
Ja, so sieht für mich der Idealfall aus. Jeder kann sich für den Helm entscheiden, muss es aber nicht.
Nach deiner Zusammenfassung werde ich mir den Beitrag nicht anschauen. Sonst rege ich mich nur das komplette Wochenende darüber auf.
Bin in den letzten Jahren einmal mit dem Rad gefallen. Dabei habe ich mir das Handgelenk gestaucht und die Wange aufgeschürft und vor dieser Verletzung hätte mich auch ein Fahrradhelm nicht geschützt.
Wenn man mit dem BMX-Rad in der Halfpipe ist, gehört der Helm zur Grundausstattung, aber selbst damals hat man sich meist an Armen und Beinen verletzt. Ich selbst kann mich an keine Kopfverletzung erinnern. Helm war zwar Pflicht aber nur Ellbogen- und Knieschützer wirklich notwendig und würde ich mich aktiv schützen wollen, würde ich beim Fahrradfahren auch eher Ellbogen- und Knieschützer als einen Helm tragen.
Beim Inlineskaten macht ein Helm weitaus mehr Sinn, insbesondere wenn man sportlich fährt.
Aber eine Verletzung an Knie oder Hand bringt dich nicht um, am Kopf is das schon wahrscheinlicher.
Hab erst letzte Woche einen beobachtet der sportlich um die Kurve wollte – dummerweise lag dort Sand und ihn hat es seitlich weggefegt. Ergebnis: seitlich mit dem Kopf auf den Asphalt geknallt. Alsu nur weil es noch nicht passiert ist, heißt das nicht dass es nicht passieren kann (oder wird ;) )
Was für ein demagogischer Beitrag!
Von objektiver Berichterstattung kann hier nicht die rede sein!
In Dänemark oder Holland wird weitaus mehr geradelt als in Deutschland,es geschehen aber viel weniger Unfälle!!!Der Autofahrer ansich,in seiner Blechkiste muß möglicherweise zu mehr Respekt gegenüber dem Schwächeren Verkehrsteilnehmer gebracht werden;damit wäre schon vielen Fußgängern und Radlern geholfen.
Ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit schwere Kopfverletzungen zu erleiden,als Autofahrer 2,6 mal so hoch pro gefahrenem Kilometer wie beim Radler!!!
Total sinnloser Beitrag wie mir scheint von Kontraste. All das Gerede im Helmpflicht ist doch total am Thema vorbei. Solange in Deutschland noch bis Tempo 300 gerast werden kann und in Innenstädten mit 50 durch Spielstraßen gefahren wird, können die Helme noch so groß werden – er wird nicht helfen.
„Angepaßtes“ Fahren in gefährlichen Situationen seitens der Autofahrer wäre mal gefragt. Außerdem werden viel zuwenig Anreize gegeben, daß man endlich auch mal das Auto stehen lässt und sich auf das Fahrrad setzt.
Wenn ich dann diese Debatten über „Helmpflicht“ lese, fällt mir auf, dass es den Radfahrern möglichst schwer gemacht werden soll. Warum kann nicht jeder erwachsene Mensch das selber entscheiden. Aber die Helmpflicht passt irgendwie auch zum „Bevormundungsstaat“ Deutschland mit sein „Staats-„Bürgern.
Ein interessanter Artikel in der TAZ. Hier werden Fakten genannt, die einiges klarstellen.
https://www.taz.de/Debatte-Helmpflicht-fuer-Radfahrer/!119980/
Ja, den Artikel habe ich hier aufgegriffen: http://itstartedwithafight.de/2013/07/16/gefahrlicher-helm/
Die ganze Diskussion geht völlig am eigentlichen Punkt vorbei! Schon die Grundaussage „Wer mit dem Rad fährt, setzt sich einem hohen Risiko aus.“ ist absolut falsch! Klar kann ich vom Rad fallen, gegen einen Baum fahren, in einem Schlagloch hängenbleiben usw. Aber gemeint ist ja, dass ICH als Radfahrer MICH SELBST (freiwillig) dem autodominierten Straßenverkehr aussetze und mich deshalb schützen muss, weil ich selber für mein Leben verantwortlich bin. Das ist ein so widerlicher Auswuchs dieser ekelhaften Auto-Ideologie, dass ich stundenlang nur kotzen könnte! Es wird so getan, als wäre der Straßenverkehr eine naturgegebene Tatsache, der ich mich gefälligst anzupassen habe wie dem Wetter. Dabei weiß eigentlich jeder, dass ein Radfahrer – ob mit oder ohne Helm – gegen einen tonnenschweren Klimakillerpanzer immer den kürzeren zieht. Was da von den Befürwortern einer Helmpflicht meiner Meinung nach TATSÄCHLICH gefordert wird, ist die komplette Unterordnung aller nicht-Motorisierten unter die totale Dominanz der Autos. Das ist für mich nichts anderes als wenn Frauen unterstellt wird, sie wären selbst dafür verantwortlich nicht vergewaltigt zu werden, sollten sich gefälligst am ganzen Körper verhüllen oder besser noch das Haus nicht verlassen, weil sie sich sonst strafbar machen könnten indem sie eine Vergewaltigung provozieren. Leider ist auch letztere Sicht hierzulande noch ziemlich weit verbreitet…
PS: Ich fahre immer mit Helm Rad, weil ich von Kollegen mehrfach gehört habe, dass bei einem überlebten „Unfall“ der Helm zumindest vor einem schweren Schädel-Hirn-Trauma mit entsprechenden neurologischen Folgeschäden schützen kann.