Ein Gastbeitrag von Jan Wittenbrink

An einem Samstag im Juli dieses Jahres stand ich an einer abgelegenen Bergstraße in den Vogesen mit dem schönen Namen Col du Platzerwasel. Schon mittags bevölkerten unzählige Menschen in rot gepunkteten Shirts den Pass. Viele hatten am Straßenrand in Zelten übernachtet, um sich die besten Plätze zu sichern. Und ganze Scharen erklommen den Anstieg mit dem Fahrrad, um dann stundenlang auf das größte Radrennen der Welt zu warten: die Tour de France. Bis schließlich keuchend und unter gewaltigem Jubel der erste Fahrer um die Ecke bog. Es war ein großes Fest des Radsports.

Um sich über den Stellenwert des Fahrrads bewusst zu werden, muss man aber gar nicht zur Tour de France reisen. Es ist das Bild der Städte, das sich verändert. Wagten sich früher nur Einzelne auf die Straßen, sind es heute selbst bei Regenwetter ganze Karawanen. Es sind die immer ausgebuchten Fahrradstellplätze im ICE. Es sind die Fahrradwerkstätten, wo man schon mal Monate auf einen Termin warten muss. Das Fahrrad ist modern, ohne neu zu sein. Und ein Schlüssel für lebenswerte Städte der Zukunft. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich unsere Welt fundamental verändert – doch die Begeisterung fürs Radfahren ist noch immer da.

Denn es sorgt für ein unvergleichliches Gefühl der Freiheit und macht den Kopf frei für neue Ideen. Das merke ich selbst immer wieder: ob auf den fünf Kilometern vom Büro nach Hause im Kölner Stadtverkehr oder auf den höchsten Alpenpässen.

Im vergangenen Jahr entwickelten der Hamburger Verlag Marmota Maps und ich die Idee, dem Fahrrad ein umfangreiches infografisches Buch zu widmen. Infografiken sind eine spannende Darstellungsform: Sie können komplexes Wissen oder Zahlensammlungen anschaulich darstellen und auf einen Blick verständlich machen. Und sie erlauben neue Perspektiven auf Zusammenhänge. Bei der Recherche zeigte sich schnell, dass das Fahrrad nahezu unendliches Material für solche Grafiken liefert. Schließlich ist es sowohl Verkehrsmittel als auch Sportgerät und Lifestyle-Objekt – und blickt zudem auf eine über 200-jährige Geschichte zurück.

Fahrrad und Auto im infografischen Vergleich
Bilder: Marmota Maps

Wir haben über ein Jahr lang recherchiert, geschrieben und gestaltet. „Das Fahrradbuch“ erzählt von der Laufmaschine, dem ultraleichten Carbon-Rennrad oder dem E-Lastenrad. Vom Glücksgefühl auf zwei Rädern und dem gefürchteten Hungerast. Von den schönsten Radreisen und legendären Rennen. Von autofreier Mobilität, wachsender Fahrradkultur und den schönsten Songs und Filmen übers Radfahren. Es soll ein Buch zum Stöbern, Staunen und Entdecken sein – für alle, die ihr Fahrrad lieben.

Das Fahrradbuch
Jan Wittenbrink
Gebunden, 330 Seiten im Format 21 cm x 27 cm
Marmota Maps
Oktober 2023