Kategorien
Osnabrück Radverkehr

Die Radwegfalle am Goethering

Es ist ja nicht so, als müsste man schlechte Radwege in Osnabrück lange suchen. Aber einen gibt es hier, der ist eine regelrechte Falle. Und in der vergangenen Woche hat sie mal wieder zugeschnappt.

An einem Teil des Goetherings verläuft der Radfahrstreifen zwischen parkenden Autos (links) und einem Bordstein (rechts), der die Begrenzung zum Gehweg marktiert. Man fährt auf Höhe der Hausnummer 17 also praktisch in einen Tunnel, aus dem man in Höhe von Hausnummer 5 hoffentlich unbeschadet wieder herauskommt.

Ein 56-jähriger Radfahrer hat es in der vergangenen Woche nicht geschafft. Ein Beifahrer hat seine Tür unachtsam geöffnet, sodass der Radfahrer nicht mehr bremsen und wegen des Bordstein auch nicht ausweichen konnte. So schnappt sie zu, die Radwegfalle am Goethering. Wieder ist es zu einem Dooring-Unfall gekommen. Übrigens einer von dreien in der vergangenen Woche in Osnabrück.

Ich hatte bereits im April 2014 über diese „radweggewordene Katastrophe“ geschrieben. Es scheint ein Überbleibsel aus Zeiten, in denen man über den Radverkehr nicht weiter nachgedacht hat, wenn man mal ein Streifchen für ihn gefunden hatte. Dass wir sowas aber heute noch immer im Bestand finden, ist wirklich deprimierend. Unfälle sind bei dieser Anlage vorprogrammiert. Und so habe ich die Verwaltung nach dem jüngsten Unfall via Twitter und per Mail gefragt, ob es nicht an der Zeit wäre, den Parkstreifen hier ersatzlos zu streichen, um die Gefahr des Dooring endlich zu bannen. Und um den Radfahrer auch wieder mehr ins Sichtfeld des fließenden Verkehrs zu holen. Direkt hinter diesem Abschnitt, auf dem der Radfahrer von parkenden Autos verdeckt wird, muss der abbiegende KFZ-Verkehr nämlich den Radfahrstreifen kreuzen. Im Oktober 2016 hatte ein abbiegender LKW-Fahrer hier eine 58-jährige Radfahrerin getötet.

Eine Antwort der Stadt habe ich bisher nicht bekommen. Aber gerade fiel mir die Ankündigung einer Vorlage für den kommenden Stadtentwicklungsausschuss auf: „Ad-hoc-Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrssicherheit am Wallring“. Ich habe meine Anfrage erneuert und um die Frage ergänzt, ob die Maßnahmen auf auf den „Tunnel“ am Goethering abzielen. Ich bin gespannt. To be continued…

Update 20. Juni 2022

Laut Auskunft der Verwaltung könnte der Parkstreifen nach der Annahme der Vorlage „Ad-hoc-Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrssicherheit am Wallring“ durch den Rat (voraussichtlich am 5. Juli) entfernt werden. Aber nicht unbedingt. Es gibt drei Vorschläge für kurzfristig durchzuführende Maßnahmen bei schlechten Radfahrstreifen am Wall: Umwandlung des Parkstreifens in einen Radweg, Schaffung eines Sicherheitstrennstreifens durch Markierung und Verschiebung des Parkens Richtung Gehweg, Entwidmung des Parkstreifens.

Im Fall des Goetherings kommt eigentlich nur ersteres infrage. Der Parkstreifen muss in einen geschützten Radweg umgewandelt werden. Würde der Parkstreifen lediglich entwidmet, hätten wir sicher schnell ein Problem mit Falschparkern. Die mögliche Lösung soll nach dem Ratsbeschluss auf jeden Fall „umgehend umgesetzt“ werden, heißt es aus der Pressebteilung der Stadt.

8 Antworten auf „Die Radwegfalle am Goethering“

Wenn hier Fleißkärtchen verteilt werden, möchte ich „vorprogrammiert“ bekritteln. Programmieren ist immer vorher. ;-)

Hmm, da wurde jahrelang der Radverkehr ins Sichtfeld geholt, dann sind nun auf einmal PBL angesagt außerhalb des Sichtfeldes und wenn man einen PBL hat, heißt die Forderung auf einmal, das „P“ solle weg, damit man wieder mehr ins Sichtfeld komme. Wobei dann ein BL ohne „P“ trotzdem seit Jahren als PBL bezeichnet und gefeiert wird.

Kann mir mal jemand erklären, wie das in sich logisch sein soll?

Den Widerspruch hätte ich tatsächlich gerne aufgelöst. Gegen eigenständig geführte Radwege innerorts bzw. Radwege außerorts (so sie nicht den Radverkehr auf längere Strecken zwingen) habe ich nichts. Aber ich finde, es nicht zielführend um den unangetasteten Autoverkehr drumherum Radinfrastruktur zu bauen.

@Bebbi: Irgendwann¹ hat man gemerkt, daß die Hochbordwege nicht das Gelbe vom Ei sind. Man hat die mangelhaften Sichtbeziehungen als Grund gesehen (was nicht ganz falsch ist) und als Lösungen Radfahrstreifen angesehen, um die Radfahrer besser sichtbar zu machen.

Leider sind auch auf den seinerzeit vom ADFC heftig propagierten Radfahrstreifen weiter viele Radfahrer gestorben, so daß der nächste Versuch her mußte.

Blutrot gefärbte Radwege oder PBLs oder beides sollten dann die Heilsbringer sein. Allmählich zeigt sich, daß diese das Todesrisiko nicht verringern (die letzten beiden tödlichen Radunfälle hier in der Stadt haben sich trotz PBLs ereignet.) Also muß etwas Neues her.

Die Generation, die sich noch an die Gefährlichkeit der Hochbords erinnert, ist nicht mehr stark vertreten, so daß diese wieder in Mode kommen.

Daß man versucht, etwas zu ändern, das nicht funktioniert, hat durchaus eine gewisse Logik. Das Problem ist, daß das Konzept „Radweg“ selbst nicht in Frage gestellt wird und stattdessen seit Jahrzehnten nach dem idealen, sicheren Radweg gesucht wird.

Das dahinterstehende grundsätzliche Problem ist, daß viele Leute rein emotional argumentieren und nüchternen sachlichen Argumenten nicht zugänglich sind (was nicht auf den Radverkehr beschränkt ist). Vielleicht würde man hier mit Bildern von getöteten Radfahrern, Blutlachen und verbeulten Fahrrädern auf Radwegen etwas bewirken?

¹Ich finde den Link leider gerade nicht, aber in einem Zeitungsartikel beklagte schon vor über hundert Jahren der Schreiber, daß man die wenigen durch Radwege vermiedenen (Auffahr-)Unfälle durch ein Mehrfaches an Unfällen im Kreuzungsbereich bezahle.

Genau. Das Problem bei den Unfällen dürften aber im Kern gar nicht die „Radwege“ in welcher Form auch immer sein. Nach dem sicheren Radweg innerorts (außerorts würde ich nochmal anders betrachten) zu suchen, ist kein bisschen revolutionär und klammert das Problem von viel und schnellem Kfz aus, wird also nie zu einer Lösung kommen und wäre daher vom Ansatz bei Planungsbüros plausibel, die ja davon leben, zu planen und zu bauen. Bei den ganzen Zivilisationskrankheiten macht es auch mehr Sinn, die Ursachen anzugehen anstatt nur nach Therapien zu suchen, die besser helfen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert