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Radverkehr

Schulterblick kann Leben retten

Die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern e.V. startet eine kleine Kampagne gegen Dooring-Unfälle. Diese richtet sich in erster Linie an Autofahrer und deren Beifahrer. Aber auch für Radfahrer gibt es einen kleinen Hinweis, wie man neben parkenden Autos sicher unterwegs ist.

Umso mehr Bürger Rad und Pedelec als alltägliches Fortbewegungsmittel nutzen, desto wichtiger ist es, im begrenzten Straßenraum die schwächeren Verkehrsteilnehmer zu schützen. Eine große Unfallgefahr geht von parkenden Autos aus – insbesondere, wenn Auto- oder Beifahrer unachtsam die Autotüre öffnen. Mehr als jeder dritte Radfahrer fürchtet sich vor Dooring-Unfällen, denn fast die Hälfte aller Verkehrsunfälle geschieht im ruhenden Verkehr. Rund 45 Prozent der Radfahrer haben Erfahrung mit Dooring-Unfällen.

Dabei gibt es kaum eine andere Unfallursache, die so leicht vermeidbar wäre: Schon Fahrschüler lernen den Schulterblick als Verkehrsverhalten kennen, das weder Zeit noch Kraft kostet und schlicht eine Frage der Gewöhnung ist. Ein hilfreicher Schulterblick-Trick ist dabei der „Holländische-Griff“, der in den Niederlanden selbst Kindern bekannt ist: Öffnet der Autofahrer die Fahrertür mit der rechten statt mit der linken Hand, drehen sich Oberkörper und Kopf automatisch zum Schulterblick und hat den Radfahrer direkt im Blick – Dooring-Unfälle können hierdurch verhindert werden. Entgegengesetzt kann der „Holländische Griff“ auch vom Beifahrer angewandt werden.

§ 14 StVO: Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist.

Eine Forsa-Umfrage von 2019 verdeutlicht, dass viele Autofahrer ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen oder sich ihrer nicht bewusst sind: 16 Prozent der Autofahrer machen den Schulterblick selten oder nie. Dabei ist diese Sorgfaltpflicht rechtlich sogar in Paragraf 14 der Straßenverkehrsordnung (StVO) festgeschrieben. Beim Ein- und Aussteigen aus dem Auto muss dafür gesorgt werden, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet und Unfälle vermieden werden.

Doch auch der Radfahrer trägt dafür Verantwortung, sich und andere zu schützen. Er darf und soll den zulässige Sicherheitsabstand von rund einem Meter zu parkenden Autos einhalten. Sie dürfen also deutlich mittiger auf der Fahrbahn fahren, als sie es oft tun. Das ist sowohl bei handtuchschmalen Schutzstreifen, die einen direkt in die Dooring-Zone leiten, und drängelnden sowie ohne Sicherheitsabstand überholenden Autos natürlich leicht gesagt.

Für eine selbstbewusste Fahrweise braucht man als Radfahrer leider immer noch eine Portion Mut und ein dickes Fell (oder einen guten Radweg). Hier kann immer wieder nur auf Paragraph 1 der StVO verwiesen werden. Und wenn Rücksicht und der Schulterblick zusammenkommen, wird es vielleicht auch sicherer auf unseren Straßen.

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11 Antworten auf „Schulterblick kann Leben retten“

Wenn es einen „Schutzstreifen“ gibt und einen Parkstreifen daneben, markiert er genau die „Dooring zone“. D.h. als Radfahrer muss ich dann links vom weißen Streifen fahren!
„Drängelnde“ Autos hinter mir sehe ich doch nicht und kann die ignorieren.

Prinzipiell richtiger Ansatz !
Hilft allerdings nur in Pkw- also natürlich auch alle anderen auf besondere Aufmerksamkeit ansprechen.
Sollte allerdings Allgemeinwissen sein ….

They wish. Ich bin diese ständigen Appelle an Helme, Vorsicht, Umsicht, Rücksicht und Miteinander satt. Solange die Bußen sogenannte Kavaliersdelikte sind (war auf den Hintern patschen früher eigentlich auch ein Kavaliersdelikt?) und 15 Euro kosten, gibt es für Autofahrer (und von mir aus auch: Radfahrer) keinen Anreiz, sich weiterzubilden und umzutrainieren. Irgendwann wird die Scheuer-Novelle ja wohl mal in Kraft treten, dann läuft die Erziehung übers Portemonnaie. Sagt ruhig, dass ich ein negatives Menschenbild habe, aber das halte ich diesen WEg erfolgsversprechender, nicht diese Kampagnen aus dem BMVI.

Hallo LRC,

ja, Du hast ein negatives Menschenbild, wie ich übrigens auch. Je älter ich werde, um so unsympatischer werden mir die Menschen….
Was die Erziehung durch das Portemonnaie betrifft: Full Ack von meiner Seite, um in der Sprache der Biker (sprich beaker) zu bleiben. Die Sache hat allerdings mehrere Haken:
1) Falls die Scheuer-Novelle irgendwann wirksam wird, sind die Strafen noch bei weitem zu gering bemessen, was dazu führt, dass Besserverdienende und Möchtegernbesserverdienende sich daraus wohl wenig machen werden.
2) Höhere Strafen sind eine Sache. Die Durchsetzung ist eine andere. Wenn ich mir die diesbezügliche Situation in den Kommunen derzeit so ansehe, bleibt da wenig Hoffnung. Die Ordnungsamtmitarbeiter sind eben auch nur Autofahrer…

Ansonsten hoffe ich, dass Du mehr ein Prince-Fan denn ein Corvette-Fan bist.

Viele Grüße
atze

@Litte Red Corvette: Unsere Gesellschaft basiert ganz wesentlich darauf, daß die Leute sich aus Einsicht an die Regeln des Zusammenlebens halten. Anderernfalls müßtest Du vor jede Wohnungstür einen Polizisten stellen, damit sich die Nachbarn nicht gegenseitig umbringen.

Das gilt auch für das Verhalten im Verkehr. Wäre der Großteil der Kraftfahrer nicht rücksichtsvoll, könntest Du nicht einen Kilometer mit dem Rad in der Stadt zurücklegen.

Strafen sind für den Rest der Uneinsichtigen, Aggressiven und Gedankenlosen. Daß diese verhältnismäßig sein sollten (was sie aktuell oft nicht sind), da stimme ich Dir voll und ganz zu. Nur mit Strafen allein, wird man Regeln kaum durchsetzen können. Es sei denn, sie wären drakonisch, und man hätte an jeder Ecke einen Polizisten oder Blockwart stehen, was mir aber nicht erstrebenswert scheint.

Würde man Radwege rechts der Parkbuchten anlegen, wie hier früher, wäre die Dooring-Gefahr minimiert. Es steigen rechts in der Regel seltener Personen aus, der Abstand ist deutlich größer, oft ist noch ein kleiner Streifen zwischen Radweg und Parkplatz.

Dafür wäre die Gefahr, an Kreuzungen, Einmündungen und Einfahrten „übersehen“ zu werden, umso höher. Uns man muß auch damit rechnen, das Personen, die auf die „sichere Seite“ aussteigen noch weniger auf den Verkehr achten als die Linksaussteiger.

hach… ich habe das häufiger lang und breit erklärt….

Gerade an Kreuzungen steht man bei einer Verschwenkung an die Fußgängerfurt eben nicht im toten Winkel, sondern immer im Sichtbereich, sofern es nicht ein Radfahrer darauf anlegt in die rechte Seite von fahrenden LKWs rein zu fahren um sein Ableben zu erzwingen. Aber Dank 40 Jahren ADFC und deren „Radfahren auf der Fahrbahn ist sicherer“ stehen wir nun vermehrt direkt neben LKWs auf dem Radfahrstreifen und „Schutzstreifen“ neben der Kraftfahrspur unterhalb der Beifahrertür, adamit direkt im toten Winkel.

@BSER: Das Fahren auf der Fahrbahn ist schließlich die risikoärmste Option, aber wenn man dann anfängt, auch dort wieder Laufställchen für Radfahrer zu bauen, ist der Vorteil dahin.

Das Grundübel ist die Trennung von Rad- und Kraftverkehr. Egal in welcher Gestalt, ob nun Hochbordradwege, Schutzstreifen, Radfahrstreifen oder PBLs – es kommt immer Mist dabei heraus. Das kann man schon daran sehen, daß der neueste Schrei alle paar Jahre wechselt, weil man gemerkt hat, daß die letzte tolle Idee doch wieder Tote provoziert.

Und so dreht sich das Karussell immer weiter …

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