Die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) hat am Wochenende über anstehende Sanierungsmaßnahmen der Kreisstraße 305 in Hasbergen im Landkreis Osnabrück berichtet. Das dürfte viele von euch erst mal nicht weiter interessieren, weil es eine sehr lokale Sache ist. Die Problematik dabei ist aber symptomatisch. Es ist nämlich kein Platz für durchgehende Fahrradinfrastruktur. Auf weiten Teilen soll es zwar 1,5 Meter breite Schutzstreifen geben, geschützte Radwege sind aber nicht vorgesehen. Und ausgerechnet im Bereich der „Neuen Mitte“ – also da, wo viele Ziele im Hasberger Verkehr liegen – sei gar kein Platz für eigene Radwege.
Daraufhin habe ich eine Anwohnermail aus Hasbergen bekommen, ob ich irgendwie weiterhelfen könne, da man sich eine kindersichere Infrastruktur wünsche. Ich kann natürlich nicht viel tun, außer Aufmerksamkeit auf die Pläne zu richten. Der Teufel liegt hier nämlich gleich mehrfach im Detail, was mal wieder an deutschem Verkehrsrecht liegt.
Der Landkreis teilt mir auf Anfrage mit, dass die aktuellen Verkehrsmengen einschließlich ÖPNV mit kürzeren Takten als früher eine Verbreiterung der Fahrbahn erfordern, um sicheren Begegnungsverkehr zu gewährleisten. Aus eigener Erfahrung bedeuten breitere Fahrbahnen für mich aber immer erstmal höhere Geschwindigkeiten und weniger Überholabstand, weil sich Autofahrer im Zweifel auch bei Gegenverkehr an Radfahrern vorbeidrängeln und dabei eben nicht auf die Radfahrer, sondern auf die gestrichelte Linie des Schutzstreifens achten.
Die NOZ berichtet weiter, dass der Verkehrsfluss verbessert werden muss, damit es für die Sanierung Landeszuschüsse gibt. Als Maßstab gelte, wie viele Autos die Strecke in welcher Zeit passieren können. Da zeigt sich schon mal wieder, dass es in erster Linie um den Autoverkehr geht – nicht etwa um Verkehrssicherheit.
Wirklich deprimierend ist dann aber die Antwort des Landkreises auf meine Frage, ob man auf den rund 600 Metern der „Neuen Mitte“ nicht wenigstens Tempo 30 anordnen kann (was den Verkehrsfluss auch gar nicht verschlechtern muss), wenn schon kein Platz für Radwege vorhanden ist. „Sollte sich nach Realisierung der Maßnahme später ein Unfallschwerpunkt entwickeln, kann im Nachgang durch die hier zuständige Verkehrsbehörde (Fachdienst Ordnung) des Landkreises (nicht Fachdienst Straßen als Straßenbaulastträger) lokal eine Geschwindigkeitsbegrenzung erwogen werden, sofern es sich dabei um eine hilfreiche Maßnahme gegen ein konkretes Unfallgeschehen handeln sollte.“ Das mag formal alles richtig sein, aber dann sind die rechtlichen Voraussetzungen eben ungenügend. Denn wie viele Personen müssen zu Schaden kommen, bevor Tempo 30 angeordnet wird? Mal davon abgesehen, dass Tempo 30 den Verkehrsfluss sogar verbessern kann.
Letztlich müsste es hier neben reinen Sicherheitsaspekten doch auch und vor allem um Radverkehrsförderung gehen. Es muss darum gehen, eine Infrastruktur zu schaffen, auf der sich möglichst viele Verkehrsteilnehmer sicher fühlen und sicher sind. Werden die Sanierungsmaßnahmen so umgesetzt wie geplant, kann ich genau sagen, was passiert: Eine kleine Minderheit von Radfahrern hat keine Probleme und fährt in der „Neuen Mitte“ einfach auf der Fahrbahn. Viele andere aber werden zu Gehwegradlern, weil sie sich auf der Fahrbahn unsicher fühlen. Und eine dritte Gruppe fährt erst gar nicht mit dem Fahrrad. So wird auch die Verkehrswende durch viel zu starre rechtliche Vorgaben weiter ausgebremst.
Fotos: privat
4 Antworten auf „Geld gibt es nur für autozentrierte Sanierungen“
Ich hätte mir hier mehr Mut und Kreativität von der Gemeinde gewünscht.
Eine Lösung wäre zB eine Teilung des Verkehrs gewesen. Beispiel ist zB die B1 in Salzkotten , hier hat man in der Ortsmitte die Bundesstraße auf 2 Straßen mit Einbahnstraßenregelung aufgeteilt. Der Verkehr läuft weitaus flüssiger als vorher , es ist ausreichend Platz für alle , und ein überqueren der Straßen ist für Fußgänger und Radfahrer weitaus einfacher und sicherer geworden. Da das Ganze auch auf einem relativ kurzem Stück stattfindet , sind die Umwege für die motorisierten Anwohner kurz , und sie kommen auch im Gegensatz zu vorher aus ihren Einfahrten raus , bzw auch wieder auf die Grundstücke , da der Gegenverkehr ja nun entfällt.
Insgesamt hat sich dadurch auch die Lebensqualität im Ort verbessert. Und nebenbei sind noch brauchbare Radwege und zusätzliche Parkplätze möglich geworden.
Tja, so ist das, wenn alle Beteiligten dasjenige das tatäschlich eine reale Verkehrswende mit inklusivem Umweltverbund für alle bringen würde prinzipiell nicht auf die Optionsliste setzen wollen:
Die drastische Verringerung des Autoverkehrs.
Stattdessen dann RADWEGE für NOCH mehr Autoverkehr!
Es geht *immer* nur ums Geld, um Parkplätze, um fließenden Kfz-Verkehr. ÖPNV wird notfalls noch als Scheinargument für breitere Fahrbahnen mit aufgenommen. So hirnerweichend.
Am meisten erschreckt hat mich in dem Artikel in der NOZ die Bemerkung, dass Insider meinen, dass das Ändern dieser autozentrierten Förderrichtlinien wohl 20 Jahre benötigen würde. D.h. wir vertagen die angebliche Verkehrswende auf den St. Nimmerleinstag.
Solche Regelungen sind doch der Knackpunkt. Erst muss ausreichend Breite für Autos da sein, den kümmerlichen Rest müssen sich dann alle anderen Verkehrsteilnehmer teilen.
Eine echte Verkehrswende dreht das um: Erst plant man Fuß- und Radwege und den Rest bekommen dann die Autos (ggfs. eben nur eine Einbahnstraße oder shared space mit Tempo 10!)