Ein Gastbeitrag von Andreas Lenzing
Wer hat noch ein altes Rennrad im Keller stehen?
Rennräder aus dem vorigen Jahrhundert sind momentan sehr gesucht. Sie werden zum Fixie oder Singlespeed umgebaut oder mehr oder weniger instandgesetzt und im Stadtverkehr genutzt. Zunehmend wird aber auch erkannt, dass es sich dabei teilweise um hochwertige Sportgeräte handelt, die den Stand der Technik zu ihrer Zeit dokumentieren und ausgesprochen ästhetisch sein können.
Gianluca Zaghi hat sich entschlossen, die Restauration von Klassikern zum Beruf zu machen und arbeitet nun in seiner Werkstatt im Tessin hauptsächlich an italienischen Rennrädern, aber auch an französischen Randonneuren und gelegentlich an Alltagsrädern. Er lässt den Leser teilhaben an seinen Überlegungen, Entscheidungsprozessen und an handwerklichen Vorgängen – von der Sichtung des Ausgangszustandes über die Aufstellung und Beschaffung der erforderlichen Ersatzteile, Reinigung, Zerlegung bis zum Wiederaufbau. Dabei werden im Wesentlichen drei mögliche Wege beschritten, die konservative Restaurierung zur Erhaltung des Originalzustandes mit Alters- und Gebrauchsspuren, die Vollrestaurierung und die von ihm so genannte Kreativ-Restaurierung.
Zaghi beschreibt ausführlich die Werkstattausrüstung und die Arbeitsmittel, die zu diesem Zweck beschafft werden müssen. Er gibt Tipps zu den verschiedenen Arbeitsschritten und den verwendeten Materialien, ohne jedoch wie in einer Reparaturanleitung jeden Schritt im Einzelnen zu erklären und ohne sich in technischen Details wie verschiedene Abmessungen, Gewindemaßen und dergleichen zu verlieren. Dafür gibt es zahlreiche hervorragende Fotos, in denen Ausgangszustand, Restaurationsfortschritt und Endergebnis dokumentiert werden.
Angereichert wird das Buch mit Gastbeiträgen von Autoren, die in der Klassikerszene aktiv sind, zum Beispiel Sammlern und Organisatoren von Klassikerevents, die die Entwicklung der Szene beleuchten.
Für wen ist das Buch lesenswert?
Wer sich für mehr oder weniger alte Fahrräder interessiert, selbst ein solches Fahrrad besitzt oder besitzen möchte, und sich Gedanken darüber macht, die Restaurierung solcher Räder für sich zum Hobby zu machen, findet hier ein Buch, das dieses Thema strukturiert behandelt. Auch für die Weiterbildung von Fans älterer Fahrräder, die sich systematischer mit dem Hobby beschäftigen möchten, ist das Buch eine gute Anleitung. Nicht zuletzt ist das Buch auch durch seine ansprechende Aufmachung und die vielen sehenswerten Fotos eine Leseempfehlung.
Was bietet das Buch nicht?
Es ist keine detaillierte Reparaturanleitung, keine Sammlung von technischen Details und auch kein Werkstatthandbuch, das handwerkliche Kenntnisse vermittelt. Man darf nicht alles wörtlich nehmen, was der Autor dort schreibt. So empfiehlt er zum Beispiel die Verwendung von Handschuhen beim Arbeiten mit rotierenden Werkzeugen (Schleif- und Polierscheiben, Drahtbürsten), was gefährlich ist und überhaupt nicht geht. Auch einige wenige technische Empfehlungen sollte man noch einmal bewerten, bevor man sie übernimmt, zum Beispiel das Fixieren von Lagerschalen durch Einklemmen im Schraubstock.
Fazit
VINTAGE-RÄDER ist ein gelungenes Buch für Menschen, die Anregungen suchen und systematisch und strukturiert ein erstes Projekt angehen möchten. Und es ist ein Lesestoff, der Lust auf einen italienischen Klassiker macht!
Eine Leseprobe gibt es hier.
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Vintage-Räder – Wie Sie alte Fahrradschätze aufspüren und restaurieren
Gianluca Zaghi
Hardcover; 208 Seiten mit zahlr. Abbildungen, komplett in Farbe
Covadonga-Verlag 2018