Endlich wird mal richtig an Fahrräder gedacht! Am Nöldnerplatz in Berlin entsteht gerade ein sehr interessantes Bau-Objekt: das Fahrradloft. Eine Baugemeinschaft hat sich zusammen getan und ein Grundstück gekauft, die beiden Architekten Paul Wichert und Lars Göhring haben Planungen vorangetrieben und stehen nun kurz vor der Fertigstellung zweier Häuser, die für den radfahrenden Stadtbewohner entworfen wurden.
Wer sein Fahrrad liebt, lässt es in der Nacht nicht auf der Straße stehen. Oft ist das Treppenhaus aber zu eng, der Keller zu klein und die Lust, den Kinderanhänger jeden Tag in die Wohnung zu tragen, hat auch Grenzen. Was also tun? Am Besten ein neues Haus bauen, welches diese Probleme lösen kann.
„Das Fahrradloft besteht aus zwei Wohnhäusern, zwischen denen ein großer Gemeinschaftsgarten entsteht. Die Wohnungen haben jeweils großzügige Balkonflächen und sind barrierefrei.“ Mit dem Fahrstuhl, der Platz für Fahrrad, Anhänger oder Kinderwagen bietet und auf beiden Seiten Türen hat, geht es direkt bis auf die Etage. „So kann man sein Rad vorwärts hinein schieben und gelangt auch vorwärts wieder hinaus auf den eigenen Fahrradbalkon. Unsere Wohnungen werden je zwei Balkone haben. Jeweils einen direkt am Aufzug mit Blick auf die Straße, wo die Räder abgestellt werden können, und einen zweiten mit Blick auf den Garten, zur Erholung“, so Lars Göhring. Ein Transponder macht die Sache noch benutzerfreundlicher: nähert man sich der Eingangstür oder dem Fahrstuhl, öffnen sich beide automatisch, bzw. wird automatisch angefordert.
Auto-Garagen gibt es nicht. Hier profitieren die Bauherren von der Abschaffung der Berliner Stellplatzpflicht in den 1990er Jahren. Jedes Haus wird im Erdgeschoss Flächen zur gemeinsamen Nutzung bekommen. Das schließt auch einen Fahrradraum für Gästeräder ein. Die eigenen werden nämlich mit auf den Balkon vor der eigenen Wohnung genommen.
Die ersten Familien wohnen bereits am Nöldnerplatz. Dass bereits alle Wohnungen vergeben sind, dürfte niemanden überraschen. Gerne würden Wichert und Göhring nach Feritgstellung noch weitere Projekte in Angriff nehmen. Daran sei bei den aktuellen Grundstückspreisen in Berlin aber nicht mehr zu denken. Sehr schade!
10 Antworten auf „Fahrradloft“
Vielleicht habe ich ja zu hohe Ansprüche an mein Fahrrad, aber das wäre mir zu sehr unter freiem Himmel um das Rad da abzustellen.
Räder die sich ordentlich fahren sind generell nicht dafür geeignet dauerhaft draußen zu stehen, das sieht man den meisten Rädern auch an und ist glaube ich auch ein Grund warum viele Leute Fahrradfahren für so anstrengend halten.
„Hinter Gittern – der Fahrradknast“
war meine erste Assoziation. Aber wollen Leute die in ein „Fahrradloft“ ziehen nicht ihr Rad auch im trockenen stehen haben? So ist das Rad vielleicht vor Diebstahl, aber nicht vor Wetter geschützt.
Grüße von den Nebenkosten wenn sich zwei Wohnungen pro Etage einen Aufzug teilen…
Hi, die Fahrräder sind eigentlich gut vor Wetter geschützt, für ganz empfindliche Räder gibt es auch den hinteren Loggienbereich.
Die Gitter sollten es weniger chic und luxuriös machen, wir wollten es innen hell und mehr das Luftige betonen, ohne Komplettverglasung. Die Kritik kam schon öfter, es ist wahrscheinlich Geschmackssache.
Ja, ein Fahrstuhl ist sehr teuer, der frisst hier bei uns auch einen großen Teil der Nebenkosten auf. Ich würde mein Fahrrad auch lieber nach drinnen stellen, ich trage es immer mit in die Wohnung, habe aber mittlerweile auch nur noch ein Faltrad.
Die Idee hinter dem Projekt ist mit Sicherheit ganz toll, aber nicht so ganz zu Ende gedacht. Ich würde mir dann auf den Balkon zumindest eine Garage aus Holz bauen, in die man das Rad schieben kann.
Hi, ein Aufzug ist ohnehin Pflicht für solche Häuser, wir haben ihn lediglich mit 2 Türen je Etage ausgestattet und eine Zugangssteuerung eingebaut, so dass man die Räder nicht anschließen muss. Der Aufzug erschließt 2-3 Wohnungen je Etage, insgesamt mind 12. Es sind 2 Häuser im Projekt, eines mit 1, eines mit 2 Aufzügen.
Bei Letzterem sind die Loggienbalkone verglast (nicht abgebildet), beim Abgebildeten hilft die Windrichtung, dass die FAhrräder nicht direkt beregnet werden, selbst wenn sie im auskragenden Teil stehen. Im hinteren Loggiabereich ist sowieso alles trocken, da stehen auch Kinderwagen.
Ich sehe das wie Mathias. All der Aufwand und trotzdem der Witterung ausgesetzt-was ein Unsinn.
Aber gut, dann bin ich kein Fahrradmessi mehr-sondern wohne in einem Fahrradloft-aktuell stehen 4 Stück und ein Hänger in der Wohnung verteilt-2 oder 3. Stock, kein Aufzug ^^
Berlin und solche Metropolen sind doch alle verbrannt; wer kann sollte versuchen diese zu meiden, was da preislich im Immobilienbereich abgeht ist doch schon krank…. da rettet auch keine Mietpreisbremse mehr.
Hi, die auskragenden Balkone haben fast immer eine Überdachung. In die Tiefe des Hauses hinein gibt es immer eine große Loggia-Zone, da passen mind. 3 Räder und ein Kinderanhänger hin.
Die 2 Räder (rot/schwarz)auf dem großen Foto stehen immer da und bleiben trocken – der Windrichtung sei Dank.
Es gibt sicher weiterhin Verbesserungsmöglichkeiten, aber wir wollten auch die Kosten nicht überstrapazieren.
Die Kritik am Gitter kann ich nicht so richtig nachvollziehen, wir wollten es luftig und ein bisschen „infrastruktureller“ und weniger „high end“, hinter Glas z.B. sieht es schnell recht exklusiv aus. Und hey: Die weißen und grauen Rundrohre aus Alu sind aus der Fahrradindustrie abgeschaut.
Zum Aufzug: Die B-Kosten sind ganz im Rahmen, ein Aufzug für mind. 12 Parteien ist doch völlig ok.
Das war unser Prototyp, wir planen und bauen auch gern ein weiteres Fahrradloft mit den Erkenntnissen aus dem ersten.
Ich finde die Diskussion sinnvoll, gerne weiter…
Trotz der eher ablehnenden Kommentare hier: Wir danken dem Blog sehr für die VÖ! Im Übrigen haben wir beim Deutschen Fahrradpreis den 3. Platz in der Kategorie Infrastruktur gewonnen. Das ehrt uns sehr und wir freuen uns, dass auch die Fachseite „Fahrrad“ es so sieht, dass unser Projektthema nicht nur Deko ist, sondern dass wir wirklich versucht haben, die Nutzbarkeit des Fahrrads im Alltag zu erleichtern und zu verbessern.
Änderungsmöglichkeiten gibt es immer, man sollte aber auch die strengen Rahmenbedingungen aus Bauordnungen, Brandschutzauflagen und anderen Behördenregeln nicht unterschätzen.
Hi,
um mal ein bisschen gegen die allgemeine Stimmung anzugehen:
Ich finde das Projekt ziemlich gut und für Berlin wirklich wahnsinnig günstig.
Alleine der Gedanke, mein Lastenrad, meine Karren und meinen Einkauf direkt bis an die die Wohnung schieben zu können, empfinde ich als echte Entlastung im Alltag mit dem Rad – Viele kennen vielleicht das Problem, Baby, Einkauf, Post und Tasche gleichzeitig eine Treppe hochzubalancieren.
Für die Fahrräder, die nicht ins Freie gehören, bieten aber die sehr großzügigen Wohnungeinheiten mit frei-gestaltbaren Grundrissen sicherlich genug Platz. Da muss ja gute Planung nicht an der Wohnungstür aufhören. Und wir alle sehen unsere Schmuckstücke doch gerne an der Wand oder in einem entsprechend gestalteten Flur.
Dem Laubengang muss man vielleicht auch die Chance geben, zu zuwachsen. Das Projekt – und vor allem die Projektphotos sind ja noch sehr neu. Nach den ersten zwei Sommern, werden sicherlich auch ein paar Balkonpflanzen Einzug erhalten haben. Und die Freiraumgestaltung des Hofes tut ihr Übriges. Ich finde es ganz angenehm, dass hier nicht noch ein „Cremetörtchen“ entstanden ist, wie man sie im Prenzlauer Berg und in Mitte zu Hauf findet.
Also. Ich würde mir mehr Projekte dieser Art wünschen – Erfahrungswerte inklusive.
Ist einfach eine wunderbare Idee.