Ich war gestern in Münster. Mehr indoor als auf dem Fahrrad, aber zu einer kleinen Fahrt durch die Stadt hat es dann doch gereicht. Und natürlich für einen Besuch bei Uwe von Studio Brisant. Nur mal so nebenbei. Immer sehr lohnenswert! Hier nur wenige Dinge, die mir aufgefallen sind – neben der unschlagbaren Promenade natürlich, die für Münsters Radverkehr ein einzigartiger und historisch glücklicher Zufall ist:
Erstmal mal natürlich die Ankunft. Klar, an jedem Bahnhof stehen Fahrräder. Aber in Münster wird sofort klar, auf welches Verkehrsmittel die Menschen hier im Alltag setzen.
Das setzt sich dann unterirdisch und auf den ersten Blick nicht sichtbar fort. 3.300 Stellplätze hat die Radstation am Hauptbahnhof – inklusive einer Servicestation. Schon beeindruckend.
Fahrradfreundlich zeigt sich die Innenstadt an ihren äußeren Rändern. hier sind die Fußgängerzonen noch für Radfahrer freigegeben. Dafür gibt es noch erstaunlich viele Radwegebenutzungspflichten. Zum Teil auch auf Radwegen, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen. Da war ich schon ein bisschen überrascht.
Überrascht war ich auch, als ich an diesem Schild vorbeikam. Der Hochbordradweg endet hier an der Ampel, Radfahrer müssen/dürfen auf die Straßen wechseln. Und das sogar bei roter Ampel. Im Prinzip also eine individuelle Lösung für den Grünpfeil für Radfahrer.
An der nächsten Ampel gibt es dann aber gleich den Hinweis, dass Ampel generell dann doch auch für den Radverkehr gelten. :-)
Soweit meine wenigen Eindrücke von dem kurzen Besuch…
Fotos: dd
8 Antworten auf „Kurz durch Münster“
Hi Daniel
Melde dich demnächst mal, dann zeige ich dir mal ein paar zusätzliche Netze Ahlen für Fahrradfahrer.
Grüße, Jens
Oh ja, der Straßenzug von der Münzstraße runter zum Buddenturm und wieder rauf zum Mauritztor. Vor Allem die Bushaltestelle Bült ist ganz großes Kino – und mein Lieblingsbeispiel, dass in der Straßenverkehrsbehörde Münster einige Leute eine leicht problematische Einstellung zu ihrem Job haben.
Hey Daniel,
ein paar resignierte Ergänzungen:
– Viele stehende Fahrräder ist nicht unbedingt ein gutes Zeichen. MS hat 600 Tsd. Räder bei 300 Tsd. Einwohnern. Warum haben Münsteraner im Schnitt 2 Räder? Erst mal wird viel geklaut, d.h. es gibt häufig ein gutes und ein Kneipenrad – die vergessenen oder im Suff von anderen für den Heimweg gestohlenen Räder verstopfen also öffentlichen Raum. Die Politik und Polizei scheint das eher als Kavaliersdelikte zu sehen – ernsthaft thematisiert wird das nicht. Problematisch sind Radleichen vor allem auch für Behinderte und Ältere, die an manchen Stellen sehr beeinträchtigt werden (denn Straßen schmaler machen ist in MS keine Option). Ein anderer Grund für zusätzliche Räder sind Gästeräder. Klar, in MS fährt man viel Rad, und wenn man die Wege kennt, die nicht durch Benutzungspflicht und sinnfreie Geradeaus-Ampeln behindern, dann kommt man schnell durch; Freunde von auswärts aber nicht ohne Rad. In Münster gibt es aber kein vernünftiges Leihradsystem (vergleichbar Metroradruhr).
– Die Radstation hat Öffnungszeiten, die schon bei Kinofilmen mit Überlänge nicht mehr passen (von Menschen, die wirklich in der Nacht -und nicht nur nach 23 Uhr- ein Rad abholen oder sicher verwahren wollen, ganz abgesehen). 24 Stunden und sicher gibt es in Münster nur, wenn man eine Garage o.ä. hat.
– Kurz noch zur Promenade: Das sollte man etwas entmystifizieren – denn beispielsweise überall, wo die Promenade mit anderen Straßen zusammentrifft, hat grundsätzlich die Promenade Nachrang. Es gibt nur eine Unterführung, ansonsten heißt es alle paar Hundert Meter: Anhalten, Autos haben Vorfahrt. Kein Vergleich zu den alten Bahntrassen im Ruhrgebiet!
– Es gibt in Münster wirklich an der großen Mehrheit von Straßen mit Radwegen eine Benutzungspflicht, an vielen Ampel stark nachteilige Schaltungen (Linksabbiegen mit 3 nacheinander zu passierenden Ampeln ist keine Seltenheit).
– Münsteraner Medien verbreiten teilweise Meinungsmache gegen Fahrräder / Radfahrer, die man eher in einer Stadt vermutet, die sich nicht als Fahrradstadt rühmt. Konkretes Beispiel: Schild „Rücksicht statt Klingel“ an der Bahnhofsunterführung (wer das Schild formuliert hat, setzt die Hupe im Auto mit der Klingel an einem Fahrrad gleich). In MS wird man halt auch mal gerne auf einer Fahrradstraße von Autos geschnitten. Oder bekommt von einem Polizisten erklärt, dass der auf dem Radweg parkende Autofahrer ja nicht für die eigene Ungeschicklichkeit könne, nachdem man sich wegen eben jenem Fahrer auf die Schnauze gelegt hat :)
Radleichen, Diebstähle, fehlende Leihräder, fehlender Fahrradparkraum, schlechte Wege, benachteiligende Verkehrsführung und dazu die absurde Vorstellung, man hätte bestmögliche Verhältnisse – Fahrradhauptstadt Münster.
(Sorry, dass es so lang wurde. Mobil funktionieren Kommentare immer noch nicht)
Total interessant, wie die Situation aus zwei Perspektiven gesehen wird. Wenn man von außerhalb kommt, fallen viele Sachen positiv auf. Und wie man an deinem Kommentar sieht, ist der Blick eines Münsteraners ein ganz anderer – ein leicht verwöhnter vielleicht. Denn klar, die Promenade ist immer wieder unterbrochen. Und trotzdem ist es für Außenstehende erstmal richtig angenehm dort zu fahren, weil sie das sonst nciht kennen.
Für mich zeichnet sich hier ein Phänomen am Beispiel MS ab: Radfahrer haben es hier offenbar deutlich besser als im Bundesdurchschnitt, aber dennoch ist die Situation eigentlich furchtbar. Man kann ja nach Kopenhagen schauen, wo es noch viel besser sein soll (disclaimer: ich war bisher weder in MS noch in Kopenhagen), und vielleicht meckern dort auch einige.
In Frankfurt kann man ein ähnliches Problem aus der anderen Richtung beobachten: obwohl die Stadt dafür viel zu eng ist, und zu viel los ist, wird auf’s Auto gesetzt, und es ist eine Autofreundliche Stadt. Dennoch meckern offenbar Autofahrer darüber wie schlimm es doch ist, dass an manchen Stellen die Geschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt ist, und dass sich manche Verkehrshindernisse ähhh, Verkehrsteilnehmer auch noch an das Tempolimit halten!
Kurzum: niemand ist zufrieden, weil es keinem weit genug geht, bzw. es zu weit in die „falsche“ Richtung geht.
PS: MS sollte mehr für Radfahrer tun, nicht weniger.
Vergiß bitte alles, aber wirklich alles, was Du je in die Richtung gehört hast, die Stadt Münster sei fahrradfreundlich. Es stimmt, hier fahren viele Meschen Fahrrad – aber das haben wir hier nicht der Stadtverwaltung zu verdanken, sondern den Menschen, die in dieser Stadt leben.
In Münster ist eigentlich alles, was gerne als Radverkehrsförderung tituliert wird, aus der Motivation heraus entstanden, den Radverkehr zu reglementieren und zu regulieren. Diese Stadt hat eines der gefährlichsten Radwegenetze der Bundesrepublik, und die Stadtverwaltung glaubt noch immer, man müsse das so beibehalten, damit der „richtige Verkehr“ nicht durch die Radfahrer ausgebremst wird.
Nur mal so als Beispiel: Der Chef des Ordnungsamtes hat mir in einer Antowort wortwörtlich geschrieben, dass er 30 cm fehlenden Sicherheitsabstand für marginal halte – und zwar nicht an irgendeinem x-beliebigen Radweg, sondern dem vermutlich unfallträchtigsten Radweg in der Bundesrepublik Deutschland: Der Todespiste an der Wolbecker Straße.
Die Zustände an der Wolbecker waren seinerzeit übrigens einer der Gründe, warum der Bundesrat die Benutzungspflicht aus der StVO gekegelt hat. Trotz mehrerer alarmierender Studien hält die Verkehrsbehörde Münster seit über 15 Jahren rechtswidrig an der Radwegebenutzungspflicht fest und weigert sich gleichzeitig vehement, hier Parkplätze zurückzunehmen und ausreichende Fahrradspuren einzurichten.
Ich bin mal so frei und verlinke hier auf meinen eigenen Blog, wo ich die Zustände an der Wolbecker Straße etwas ausführlicher beschreibe:
http://razzi.hadar.uberspace.de/wordpress/2015/07/19/wolbecker-strasse-muensters-gefaehrlichster-radweg/
Erster Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht ist am Donnerstag
@Daniel: Als ich einmal mit einem Rad beim Umsteigen warten musste, bin ich mal eine Runde um den Bahnhof gefahren. Schlimmer als in den Ruhrpottstädten, wo die Lokalpolitiker beim Label „Fahrradstadt“ Klagen wegen Rufschädigung in Betracht ziehen würden. *leicht sarkastisch sei*
[…] Radpirat Daniel Doerk schrieb‘ 2015 übers Münstermeer: Kurz durch Münster. […]