Bertz FahrradPhilosophie des Fahrrads von Eduard Bertz ist schon ein recht altes Buch, wenn man die Geschichte des Fahrrads betrachtet. Ursprünglich erschien es 1900, 112 Jahre später hat Wulfhard Stahl eine erweiterte Neuausgabe herausgegeben, die zahlreiche Anmerkungen zum Text und ein umfangreiches, kommentiertes Namenregister, beides inklusive weiterführender Quellenangaben, umfassen.

Vor über 100 Jahren hat Eduard Bertz (1853-1931) das gesellschaftliche Umfeld untersucht, in dem das Fahrrad als erstes individuell nutzbares, massenproduziertes Verkehrsmittel so erfolgreich unter das Volk gebracht und von diesem gebraucht wurde.

Das Buch umfasst zehn Kapitel (plus Anhänge), in denen es weniger um die Technik eines Fahrrades geht. Wie der Titel schon sagt, geht Bertz die Sache philosophischer an. So sind die Kapitel überschrieben mit „Das Rad im Dienste der Volksgesundheit„, „Das Fahrrad und die Frauenfrage“ und „Das Rad als Bildungsmittel„.

Schon am Kapitel „Das Rad im Dienste der Volksgesundheit“ sieht man, dass das über 100 Jahre alte Buch aktueller sein könnte, als man zunächst annimmt. Denn wie oft wird der volkswirtschaftliche Nutzen des Radfahrens heute in die Diskussionen geworfen?!

Dass sich seit 1900 allerdings so gut wie gar nichts getan zu haben scheint, wird am Anfang von Kapitel 9, „Die Feinde des Fahrrads„, deutlich. Da weiß ich gar nicht, ob ich mich bestätigt oder völlig desillusioniert fühlen soll:

Die Radfahrer unserer Zeit sind noch immer Pioniere. Sie erkämpfen der kommenden Generation die Anerkennung, die ihr gewiß ist, sobald die Erkenntnis durchdringt, daß das Recht des Fahrrads mit dem wohlverstandenen Interesse der Gesamtheit zusammenfällt.

Sind wir also zwischenzeitlich in alte Zeiten zurückgefallen? War es schon mal besser? Oder hat sich seit Bertz so gut wie nichts getan?
Immerhin scheint die Frauenfrage endgültig geklärt zu sein. Sie fahren Rad. Ganz selbstverständlich und ohne Aufsehen zu erregen.

Philosophie des Fahrrads
Eduard Bertz
306 Seiten
Georg Olms Verlag
2012