Dino Buzzati - Beim Giro d'ItaliaMal eine etwas andere „Rezension“. Eigentlich mehr eine Ankündigung, denn auf absehbare Zeit werde ich nicht dazu kommen, Beim Giro d’Italia von Dino Buzzati komplett zu lesen, das ich letzte Woche im Briefkasten hatte – ein Buch über die Italien-Rundfahrt 1949. Eigentlich sind diese Radsportbücher auch nicht so mein Ding. Der Radsport im Allgemeinen lockt mich nicht so richtig aus der Reserve. Das liegt einerseits daran, dass ich das Radfahren mehr als tägliche Beschäftigung denn als Sport sehe. (Anders ist es beim Bahnsport. Den direkten und kraftvollen Wettbewerb auf der Bahn schaue ich ab und zu sehr gern.)

Und andererseits hat er seit den großen Doping-Fällen seine Glaubwürdigkeit praktisch völlig verloren. Und das bestätigt sich auch gleich im Vorwort von Michael Reinsch (FAZ-Sportreporter). Denn auch Dino Buzzati, ein Journalist, der mit dem Radsport zunächst nichts zu tun hat, bemerkt, dass die Sportler bereits 1949 neben Glücksbringern und Kalorien auch „dynamische Gebräue“ aus dem Arsenal der Betreuer bekommen.

Reinsch kommentiert: „Auch wir Deutsche jagen im Sport Illusionen nach. Das beweist auch die schmerzhafte Enttäuschung, die uns der Radsport bereitet hat. Die Konsequenz, mit der wir uns von seinen großen Abenteuern abgewandt haben, bezeugt das Dilemma, das unseren Umgang mit dem Spitzensport bestimmt.“

Aber weiter heißt es – und das macht das Buch für die Enttäuschten doch wieder interessant: „Wie zum Trost bekommen wir Buzzati. Er glaubt, nicht an die Unschuld des Metiers. Seine Meisterschaft besteht darin, dass er Geheimnisse nicht lüftet, sondern sie beschreibt.“

Als ich heute auf dem schrecklichen Anstieg des Col d’Izoard Bartali sah, wie er ganz allein zornig vor sich hin trat, schlammbedeckt, die Mundwinkel nach unten gezogen in seelischem und körperlichem Schmerz – und Coppi war schon seit einer Weile durch, er kletterte bereits die letzten Steilstücke des Passes hoch –, da stieg in mir ein in dreißig Jahren nie vergessenes Gefühl auf. Vor dreißig Jahren, das war, als ich erfuhr, dass Hektor von Achill getötet worden war.

Beim Giro d’Italia ist eine Reportagensammlung eines „Ausnahme-Literaten“ und erscheint aus Anlass des 100. Geburtstages der Radsport-Legende Gino Bartali in deutscher Erstübersetzung. Eine komplette Rezension wird es von mir nicht geben. Wie schon erwähnt, ist der Radsport nicht mein ganz großes Thema. Aber ich bin Fan von Reportagen. Und da könnte das Buch dann doch wieder etwas für mich sein. Und wenn die Presseinformation aus dem Covadonga Verlag sich bestätigt, könnte es sogar ein wahrer „Schmöker“ werden:

Es war ein Glücksfall für Freunde des Sports und der Literatur: 1949 entschied sich die Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera, Dino Buzzati als Korrespondent zum Giro d’Italia zu entsenden. Und was sich in den folgenden Wochen auf den Straßen seines Landes vor den Augen des gefeierten Romanciers („Die Tatarenwüste“) abspielte, geriet zu einer Sternstunde in der Geschichte des Radsports. Das Duell zwischen den ungleichen Nationalhelden Fausto Coppi und Gino Bartali gipfelte in einer endgültigen Machtübernahme, die Buzzati in seinen täglichen Reportagen vom Rennen kunstvoll zur Schlacht zwischen Achill und Hektor verdichtete.

Beim Giro d’Italia
Dino Buzzati
192 Seiten
Covadonga Verlag
Mai 2014

Foto: Covadonga Verlag