Der Leser Thorsten hat mich auf die Initiative Cycleride und ihren jährlich verliehenen Preis „Pannenflicken“ hingewiesen. Aber der Reihe nach: Cycleride ist eine bundesweite Initiative von Radfahrern, die sich für mehr Sicherheit, Toleranz und Verständnis im deutschen Radfahreralltag einsetzt. Das Ziel: eine deutliche Verbesserung des Stellenwerts des Fahrrades als Verkehrsmittel, ohne dabei andere Verkehrsteilnehmer über Gebühr zu benachteiligen.
Die größten Feinde der Initiative sind die Radwegbenutzungspflicht und das undurchdachte Anlegen von Radverkehrsanlagen. Womit wir dann auch gleich beim „Pannenflicken„-Award wären. Der wird nämlich jährlich in Gold, Silber und Bronze an Städte, Gemeinden und Landkreise verliehen, die sich offensichtlich und zum Teil grob fahrlässig nicht an die Gesetze, Vorschriften und Empfehlungen in Bezug auf Radverkehr und Radverkehrsanlagen halten und damit die Gesundheit von Radfahrern und deren Rechtssicherheit gefährden. „Hierbei geht es nicht nur um überwucherte oder permanent zugeparkte Radwege, sondern vor allem um Radwege, die nie benutzungspflichtig ausgeschildert werden hätten dürfen, da sie nicht den Bestimmungen entsprechen oder keine konkrete Gefahr auf der Fahrbahn vorliegt. Gefährliche Kreuzungen, verwirrende Verkehrssituationen, inakzeptable Radverbotsschilder, schikanöse Ampelschaltungen, unnötige Streckensperrungen und dergleichen werden mit aufgenommen.“*
Interessant wird es für mich beim letztjährigen Preis. Denn da hat Osnabrück die Bronzemedaille „gewonnen“. Anhand der Bilder, die mir Leser Thorsten geschickt hat, muss ich wirklich sagen, dass dieser Radweg an der Eversburger Straße seinen Namen nicht verdient. (Was genau dort im Argen liegt/lag, kann ich nicht sagen, da ich dort nie gefahren bin. Aber vielleicht ergänzt Thorsten das im Kommentarbereich.)
Doch nachdem der Preis verliehen wurde, hat sich etwas getan. Der Rat der Stadt hat sich mit dem Thema beschäftigt und erklärt, sie sei nur Abschnittweise zuständig. Hauptverantwortliche ist die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV), die dann auch gleich oberflächliche Ausbesserungen vorgenommen hat (Einwuchs beseitigt). Allerdings seien „punktuelle Ausbesserungen des Radweges dort nicht möglich, da die Pflasterflächen durch den nach außen abwandernden Bordstein in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine grundlegende Sanierung, evtl. Ersatz des Pflasters durch Asphalt, ist notwendig und vorgesehen. Wann genau die Sanierung erfolgt, kann die NLStBV momentan leider noch nicht genau sagen.“**
Das kommt einem bekannt vor. Man ist sich bewusst, kann aber noch nicht sagen, wann sich etwas ändert. Der Initiative Cycleride muss man allerdings zugute halten, dass sie Aufmerksamkeit im Rat der Stadt (obwohl die NOZ nicht mal berichtete) und eine erste Ausbesserung erreicht hat. Insofern ist der „Pannenflicken„-Award eine gute Sache. Wer eigene Beispiele hat und sie einschicken will, findet hier genauere Infos!
Vorher:
Nachher:
Fotos: Thorsten Beckemeyer
* http://cycleride.de/index.php/aktionen/pannenflicken
** https://ris.osnabrueck.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1002498&options=4
2 Antworten auf „„Pannenflicken“-Award“
Sehr gute Idee. Das Prinzip sollte auch in Münster funktionieren. Durch die immer größere „Verdichtung“ im Zentrum kommt es mittlerweile zu Staus zwischen Fußgängern und Radfahrern im Bereich der Promenade. Hier könnte man einiges noch optimieren.
Danke, Daniel. Dann werd ich mich als „Schuldiger“ mal zu der konkreten Lokalität äußern.
Dieser Radweg ist pro Straßenseite ca. 400m lang, dann hört er wieder auf. Keine Ahnung, warum der überhaupt da ist. Aus dem Ratsdokument geht klar hervor, dass da nur ganz wenige Alltagsradler mal langkommen. Freizeitler etc. nutzen eine ausgeschilderte (Umweg-)Route durch die Natur.
Der erste Knackpunkt ist die Breite und Oberfläche. Minimum 2m darf eigentlich nur an Engstellen unterschritten werden. Dieses Maß erreicht er auf 2x400m bestenfalls auf 100m. Der Rest sind 1,20m – und da ist der Wildwuchs, der sicher bald wieder zurückkehren wird, mit eingerechnet. Man hat auf dem Radweg nicht mal sog. „Lichte Breite“, weil direkt die Fahrbahn angrenzt und unter der Brücke unter der BAB eben auch direkt die Betonwand zur Rechten. Man kann es auf den Fotos nur erahnen, wie holprig und wellig das Pflaster ist. Solch Pfützen gibts dann auf ganzer Länge, sobald es auch nur etwas geregnet hat. Der „abwandernde Bordstein“ an der Außenseite sorgt safür, dass die äußere Radwegseite brüchig und abfallend ist (Sturzgefahr!). Wos zu arg gefährlich ist, stehen jetzt diverse Warn-Baken in kurzen Abständen drauf.
2. Knackpunkt: Die extrem scheußliche „Batterie“ an „Bettelampeln“. Stadteinwärts hat man derer 3 direkt nacheinander (alle schön einzeln drücken), um überhaupt diesen Radweg erreichen zu können. Am Ende (siehe letztes Bild) gehts mit Bordstein automagisch rechts rum. Geradeaus? Pustekuchen.
Andere Richtung (NRW/Wersen/Westerkappeln) heißts 2×2 „betteln“.
3. Knackpunkt sind die Anfänge: Richtung NRW kommt da irgend nen Pfad ausm Wald, der dann zu dem Radweg wird. Ich hab noch nicht rausgefunden, wo ich auf den Pfad raufkomme (nicht dass ich das will :) ).
Noch „krasser“ ist Richtung OS: Man/frau muss wie gesagt per 3 Bettelampeln die BAB-Auffahrt überqueren, um auf den Radweg aufzufahren. Um das zu tun, muss man aber dem Seitenstreifen folgen, der rechts von der Rechtsabbieger-Spur (auf die BAB) verläuft. Und das zu einem Zeitpunkt, wo man als Ortsunkundiger noch gar nicht weiß, dass da so ein Radweg anfängt.
Die ersten Male, die ich da langkam, hieß es dann „Huch, da ist ja nen Radweg.“ Ergo hab ich die Fahrbahn als unproblematisch erlebt und den Weg auch noch nie benutzt – außer für die Fotos :).
Wenn wenigstens die elendige Radwegbenutzungspflicht weg wäre … man kann ihn ja weiter freiwillig benutzen, wer will. Der Typ von der Stadt (Straßenvekehrsbehörde), den ich um die Überprüfung der Benutzungspflicht bat, konnte meine Argumente zwar nachvollziehen, schrieb dann aber auch ganz dreist sinngemäß: ‚Schilder bleiben trotzdem da. Dann verklag uns soch.‘ Oder übersetzt: ‚Gesetze und Radfahrer interessieren uns nen *$§%&()/%§$&(*.‘
Wenigstens hat die „Auszeichnung“ dazu geführt, dass da mal nach Urzeiten wieder sauber gemacht wurde. Die Baubehörde will lieber erst neue (schlechte) Radwege bauen, bevor sie darüber nachdenkt, überhaupt Geld für Sanierungen auszugeben (hieß es vor einem Jahr).
Der „Chef“ der Cyclerider bezeichnet die Aktion Pannenflicken gerne als „scharfes Schwert“, weil eben auch häufig schon zumindest mal die Radwegbenutzungspflichten prompt gefallen sind. In diesem Fall leider noch nicht. Von den 2012er Nominierten sind ein paar schn gar nicht mehr in die Wertung gekommen, weil Kreis/Kommune schon vorher die Schilder entfernt haben, sogar ein „Verbot für Radfahrer“ ist im Vorfeld gefallen.
Meine persönliche Erfolgs-Bilanz ist 2,5 von 4.
-Ein Fall ist unverändert, wobei der dortige Kreuzungsbereich ohnehin evtl. noch dieses Jahr grundsaniert wird.
-Hier im Osnabrücker Fall wurde wenigstens sauber gemacht. 0,5 also.
-2 Streckenabschnitte (mit durchaus 8-9000 KfZ/24h und 70km/h) haben ihre Benutzungspflicht durch den Pannenflicken verloren. Einer davon wurde sogar ein halbes Jahr später neu ausphaltiert. Und das in einem Städtchen, das von sich aus überhaupt erst einen einzigen Radweg in 16 Jahren entschildert hat.