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Warum die B68 in Osnabrück umgehend abgestuft werden muss

Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle geschrieben, dass die Verlegung der Bundesstraße 68 aus Osnabrück heraus keine technische, sondern eine politische Entscheidung sei – und dass sie schon heute getroffen werden kann oder sogar muss. Und nicht erst, wenn eine mögliche Autobahn 33-Nord gebaut ist, wie Befürworter*innen der Autobahn immer wieder betonen. Inzwischen bin ich der Meinung, dass es nicht mal mehr eine politische, sondern eine rechtliche Entscheidung ist.

Noch mal zur Ausgangslage: In den letzten zehn Jahren wurden in Osnabrück 13 Radfahrende und Fußgänger*innen durch LKW getötet. Immer wieder kommt es zu schweren Unfällen mit LKW, die die Stadt als Abkürzung nutzen oder von Navigationsgeräten über die Bundesstraße 68 statt über die Autobahnen 1 und 30 geleitet werden.

Ein wichtiger Schritt, den durchfahrenden Schwerlastverkehr (ca. 120 Fahrten am Tag) aus der Stadt herauszubekommen, wäre die Abstufung der B68 bzw. die Verlegung auf die umliegenden Autobahnen 1 und 30. Die Stadt Osnabrück hat sich diesbezüglich bereits mehrfach an die Verkehrsminister von Land und Bund gewandt – ohne Erfolg. Eine Verlegung sei erst nach dem Bau der A33-Nord möglich.

Inzwischen hat sich die Stadt Osnabrück in Person von Oberbürgermeisterin Katharina Pötter dieser Argumentation der Autobahnbefürworter*innen angeschlossen. Auch die Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim betont immer wieder, dass man die A33-Nord brauche, um den Verkehr in Osnabrück sicherer zu machen.

Ich bin anderer Meinung. Und ich denke, die Ausarbeitung „Straßenrechtliche Fragen zur Widmung und Abstufung“ der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages gibt mir Recht. Darin heißt es zunächst:

„Die Abstufung einer Bundesfernstraße zu einer Landesstraße ist in § 2 Abs. 4 Alt. 2 FStrG geregelt. Danach ist eine Bundesfernstraße, bei der sich die Verkehrsbedeutung geändert hat und bei der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG weggefallen sind, unverzüglich dem Träger der Straßenbaulast zu überlassen, der sich nach Landesrecht bestimmt. Zuständig für die Widmung und Umstufung von Bundesfernstraßen ist die jeweils oberste Landesstraßenbaubehörde (§ 2 Abs. 6 FStrG). Die Vorschrift räumt der Behörde keinerlei Ermessen ein. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Das bedeutet, bei Vorliegen der Voraussetzung ist die Behörde verpflichtet, eine Abstufung vorzunehmen.“

Und weiter:

„Entscheidend für die Frage einer Abstufung ist also, ob sich die Verkehrsbedeutung der Bundesstraße geändert hat und dadurch die Straße nicht mehr die Anforderungen des § 1 Abs. 1 FStrG erfüllt. Das Merkmal der Verkehrsbedeutung schlägt sich in den Begriffen „dem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind“ nieder. (…) Die Änderung der Verkehrsbedeutung kann dabei gezielt herbeigeführt werden, z.B. durch bauliche Änderungen im Verkehrsnetz oder durch verkehrsregelnde Maßnahmen. Auch raumstrukturelle Änderungen kommen in Betracht. Sie kann aber auch von alleine eintreten, wenn beispielsweise eine Abwanderung des Verkehrs eintritt.“

Und weiter:

„Das BVerwG hat jedoch festgestellt, dass eine dem weiträumigen Verkehr dienende und bislang zu dienen bestimmte Straße auch dann eine Bundesstraße bleibt, wenn die zuständige Behörde mit ihrer Konzeption, der Straße die Bestimmung für den weiträumigen Verkehr zu nehmen, scheitert. Dagegen dient die Straße nicht mehr dem weiträumigen Verkehr, wenn der Anteil dieses Verkehrs hinter dem Anteil jeder Art der übrigen Verkehrsvorgänge zurückbleibt. Demnach genießt die tatsächliche Verkehrsbedeutung grundsätzlich Vorrang vor der Zweckbestimmung.“

Schaut man sich jetzt mal das Straßennetz in und um Osnabrück an, sieht man den Verlauf der B68 von Nord nach Süd durch Osnabrück, über den Innenstadtring bis runter nach Harderberg, wo die B68 in die A33 übergeht. Entscheidend für die Frage einer Abstufung ist also, ob sich die Verkehrsbedeutung der Bundesstraße geändert hat (siehe Ausarbeitung). Für mich hat sich die Bedeutung der B68 für den weiträumigen Verkehr in Osnabrück bereits mit Fertigstellung der A30 geändert. Seitdem gibt es eine Autobahnumfahrung von Nord nach Süd um Osnabrück herum, die zwar länger ist als der Weg durch die Stadt, aber bei Google Maps regelmäßig als schnellere Alternative angegeben wird.

Nun könnte man sagen, dass das nicht immer so war und der Weg durch die Stadt bei Fertigstellung der A30 vor Jahrzehnten trotzdem schneller war und die B68 damit weiterhin Bedeutung für den weiträumigen Verkehr hatte. Dem würde ich auch nicht unbedingt widersprechen, da das Verkehrsaufkommen vor Jahrzehnten noch viel geringer war. Heute aber ist die Stadt so voll mit motorisiertem Verkehr, dass der weiträumige Verkehr wohl kaum auf die Idee kommt, die B68 zu nehmen.

Das bestätigen selbst die Zahlen der Verkehrsuntersuchung der Ingenieurplanung Wallenhorst für das Planfeststellungsverfahren der A33-Nord (Feststellungsentwurf, Unterlage 22.1). „Der überregionale Durchgangsverkehr im Untersuchungsraum konzentriert sich sehr stark auf die Autobahnen 1 und 30. Auf der B 68 wurden 500 Kfz/24h überregionaler Durchgangsverkehr berechnet. Der Anteil an der Gesamtverkehrsbelastung beträgt damit 1,4 %.“

Von 34.600 Fahrzeugen fahren also nur 1,4 Prozent durch Osnabrück durch. Was sagen dazu die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages? „Dagegen dient die Straße nicht mehr dem weiträumigen Verkehr, wenn der Anteil dieses Verkehrs hinter dem Anteil jeder Art der übrigen Verkehrsvorgänge zurückbleibt. Demnach genießt die tatsächliche Verkehrsbedeutung grundsätzlich Vorrang vor der Zweckbestimmung.“ Die Zweckbestimmung „weiträumiger Verkehr“ ist damit erloschen.

Und das führt uns wieder an den Anfang der Ausführungen oben: „Danach ist eine Bundesfernstraße, bei der sich die Verkehrsbedeutung geändert hat (…), unverzüglich dem Träger der Straßenbaulast zu überlassen, der sich nach Landesrecht bestimmt. (…) Die Vorschrift räumt der Behörde keinerlei Ermessen ein. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Das bedeutet, bei Vorliegen der Voraussetzung ist die Behörde verpflichtet, eine Abstufung vorzunehmen.“

Folglich sehe ich die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hier in der Pflicht, die Bundesstraße 68 auf Osnabrücker Stadtgebiet sofort herabzustufen, um LKW-Durchgangsverkehr aus der Stadt herauszuhalten und den Rad- und Fußverkehr dadurch sicherer zu machen.

Der Bau der A33-Nord ist somit keine Voraussetzung für die Verlegung der B68. Es ist daher nicht redlich, die Verlegung der B68 als Druckmittel und die Sicherheit von Radfahrerinnen und Radfahrern in Osnabrück als Argument für den Autobahnbau zu nutzen. Der Radverkehr in Osnabrück braucht keine Autobahn, er braucht sichere Radwege in der Stadt! Und er braucht eine Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, die ihre Arbeit macht.

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