Die neue Straßenverkehrs-Ordnung war und ist ein echter Marathon. Schon längst sollte sie in Kraft getreten sein. Doch ein Zitierfehler – wie auch immer er zustande kam – und zähe Nachverhandlungen mit Entschärfungen für Verkehrsverstöße von Autofahrenden haben sie lange verzögert. Und weil die Novelle der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) auch immer noch nicht veröffentlicht ist, führen Städte wie Osnabrück auch den neu geschaffenen Grünpfeil für Radfahrende und das Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen noch nicht ein. Man wolle erst auf die rechtssichere Grundlage für die Anordnung warten.

Nun scheint ein Ende des Wartens aber in Sicht zu sein. Die Bundesregierung hat den Änderungsmaßgaben des Bundesrates am 1. September zugestimmt und eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums teilt mir auf Anfrage mit, dass derzeit gemeinsam mit der Schriftleitung des Bundesanzeigers die Verkündung der Novelle der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung vorbereitet werde. „Ein Inkrafttreten wird für Oktober 2021 erwartet.“

Der Grünpfeil für Radfahrer kann dann aber nicht per se überall eingesetzt werden, es gibt einige Einschränkungen. Für die Anordnung müssen ausreichende Sichtbeziehungen und eine klare Trennung von Gehweg und Radverkehrsanlage im Seitenraum vorhanden sein. Auch das Radverkehrsaufkommen sowie die zur Verfügung stehenden Breiten in der Zufahrt müssen beachtet werden. Eine Anordnung kommt grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Radverkehrsstärke in der Zufahrt mehr als 250 Rad Fahrenden pro Spitzenstunde beträgt und der Anteil des rechts abbiegenden Radverkehrs gleichzeitig unter 10 Prozent liegt. So soll wohl ein Vorbeischlängeln an zu vielen wartenden Radfahrenden vermieden werden.

Ein Inkrafttreten der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung wird für Oktober 2021 erwartet.

Noch etwas mehr Interpretationsspielraum lassen die Empfehlungen für das Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen. Es „soll nur dort angeordnet werden, wo aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere aufgrund von Engstellen, Gefäll- und Steigungsstrecken, oder einer regelmäßig nur schwer zu überblickenden Verkehrslage, ein sicherer Überholvorgang von einspurigen Fahrzeugen nicht gewährleistet werden kann“.

In Osnabrück wartet man derweil weiter ab, bevor man sich Gedanken über die konkrete Anordnung von Grünpfeilen oder Überholverboten macht. „Die Verwaltungsvorschriften sind noch nicht in Kraft getreten. Es bleibt daher zunächst abzuwarten, wie genau die Rahmenbedingungen für solche Beschilderungen aussehen werden“, teilt ein Sprecher der Stadt mit. Insofern habe man bisher auch noch nichts vorbereitet. Bürgerinnen und Bürger können aber mit konkreten Wünschen „an die Stadt herantreten“. Mein Vorschlag für ein Überholverbot in der Liebigstraße bleibt bestehen. Ich bin gespannt, ob die Einschränkungen ein Überholverbot hier zulassen. Denn eigntlich ist die Fahrbahn breit genug. Nur verleitet die gestrichelte Linie des Schutzstreifens und eben die Breite der Fahrbahn Autofahrende regelmäßig dazu, Radfahrende auch bei Gegenverkehr zu überholen – und das dann eben ohne den vorgeschriebenen Mindesüberholabstand.

Foto: dd