Das Fahrrad ist der Gewinner in der Corona-Pandemie. Kein anderes Verkehrsmittel hat eine so hohe Nutzungssteigerung zu verzeichnen. An ein neues Fahrrad zu kommen, ist inzwischen kompliziert geworden. Erst war zu wenig Neuware verfügbar, jetzt sind Fahrradläden vom Lockdown betroffen und geschlossen. Die Fahrradbranche richtet daher einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder, um eine Öffnung der Fahrradläden zu erreichen.

Fahrradsaison beginnt: Verbraucher sind auf geöffneten Fachhandel angewiesen

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrte Ministerpräsidentinnen,
sehr geehrte Ministerpräsidenten,

in diesen Tagen beginnt die Fahrradsaison. Mit steigenden Temperaturen steigen die Menschen noch häufiger auf das Fahrrad ­- in der Freizeit, aber vor allem auch im Alltag, um eine kontaktarme Mobilität zu gewährleisten. Das Fahrrad leistet nach wie vor einen wichtigen Beitrag, Ansteckungsrisiken zu minimieren.

Durch Öffnung der Schulen kommt eine weitere große Gruppe an Menschen hinzu, die auf das Fahrrad im Alltag angewiesen ist: die Kinder. Das Fahrrad ist nicht nur für den täglichen Schulweg wichtig. Es gibt den Kindern eine Möglichkeit sich körperlich zu betätigen und auszulasten, in einer Zeit in der Sportangebote und Vereinsleben ruhen.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. unterstützt daher die Initiative der Deutschen Fahrradwirtschaft, den Verkauf im Fahrradfachhandel unter sicheren Bedingungen wieder zu ermöglichen. Die Versorgung der Verbraucher mit Ersatz- und Verschleißteilen, aber auch mit dringend benötigten neuen Fahrrädern oder Zubehör, ist durch die aktuellen Zugänge nicht gewährleistet.

Die kommenden Wochen sind auch wirtschaftlich entscheidend für den Fahrradhandel. Bleibt das Geschäft bis Ostern ähnlich schwach wie die ersten beiden Monate des Jahres, kommen viele Geschäfte in Bedrängnis. Die Läger sind voll, die Kapitalbindung sehr hoch. Gleichzeitig ist der Nachfragedruck der Verbraucher enorm, denn die Nutzung von Fahrrädern ist stark gestiegen – nicht zuletzt aufgrund der berechtigten Appelle aus Politik und Wissenschaft, während der Corona-Krise verstärkt das Fahrrad zu nutzen.

Einige Bundesländer lassen den Verkauf von Fahrrädern bereits zu und das aus guten Gründen. Der Fahrradhandel bietet ausreichend Platz, um strenge Hygieneregeln einzuhalten. Ein umfassendes Konzept dafür hat unsere Branche frühzeitig erstellt, es ist diesem Schreiben beigefügt. Große Teile von Testfahrten und Beratung können zudem ab jetzt im Freien stattfinden. Öffnet der Handel dagegen für weitere Wochen nicht, wird es zum späteren Zeitpunkt zu einem regelrechten Ansturm auf den Fahrradhandel kommen. Unvermeidliche Warteschlangen vor den Geschäften bedeuten dann ein unnötig erhöhtes Infektionsrisiko.

Wir fordern daher eindringlich eine einheitliche Regelung, die den Verkauf von Fahrrädern und Zubehör unter Einhaltung strenger Hygieneregeln bundesweit zulässt. Ausnahmen können dort gelten, wo aktuell oder in Zukunft ein besonders hohes Infektionsgeschehen zu verzeichnen ist.

Wir appellieren nachdrücklich an Sie, unsere Vorschläge zu prüfen und sie bei den anstehenden Entscheidungen zu berücksichtigen. Für Rückfragen stehen wir gerne jederzeit gerne zur Verfügung.

Hochachtungsvoll

Als Unterzeichner

Ulrich Syberg, Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V.
Jörg Müsse, BICO Zweirad Marketing GmbH
Franz-Josef Feldkämper, Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk e.V.
Wasilis von Rauch, Bundesverband Zukunft Fahrrad e.V.
Thomas Kunz, Verband des Deutschen Zweiradhandels e.V.
Uwe Wöll, Verbund Service und Fahrrad e.V.
Ernst Brust, Zweirad-Industrie-Verband e.V.
Georg Honkomp, Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft e.G.

PS: Nachdem aufgrund von Corona immer mehr Menschen auch im Winter auf das Fahrrad umgestiegen sind und viele ohnehin schon Ganzjahresradler*in sind, könnte auch die Fahrradbranche endlich aufhören, von Fahrradsaison zu reden. Abgesehen von Schneechaos ist die Nutzung des Fahrrads an keine Jahreszeiten oder Wetteraussichten gebunden.