Und wieder mal schiebt ein Unfall mit einer Radfahrerin Überlegungen an, mehr Platz fürs Rad zu schaffen. Im September wurde eine 52-Jährige auf dem Radfahrstreifen der Wersener Straße in Osnabrück von einem überholenden LKW erfasst und schwer verletzt. „Wir dürfen nicht länger warten und in Kauf nehmen, dass weitere Menschen auf ihren Rädern sterben oder sich schwer verletzen. Deswegen sind Sofortmaßnahmen erforderlich, um nicht viele Jahre ins Land gehen zu lassen, bis der tatsächliche Umbau erfolgt“, fordert Michael Kopatz, Ratsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen.

Die Situation an der Wersener Straße ist klassisch: Es gibt zwei Fahrspuren in jede Richtung und jeweils einen Parkstreifen, unterbrochen von altem Baumbestand. Und zwischen Parkstreifen und rechtem Fahrstreifen wurde irgendwann mal ein schmaler Radfahrstreifen gezwängt. Der soll Platz für Radfahrer suggerieren, bedeutet durch die mangelnde Breite aber doppelte Gefahr. Rechts die parkenden Autos, bei denen sich jederzeit eine Tür öffnen kann. Links die (viel zu oft mit nicht ausreichendem Abstand) überholenden Autos und LKW.

Man kann die schmalen Radfahrstreifen kaum erkennen…
Foto: dd

Da ein infrastruktureller Umbau der Straße nicht kurzfristig zu machen ist (hier geht in den nächsten fünf Jahren sicher nichts), fordern die Grünen, „mit Hilfe von Baustellenmarkierungen einen Schutzstreifen für Radfahrer*innen mit einer Mindestbreite von 1,5 Metern zu markieren, in beide Richtungen, versehen mit wiederkehrenden Piktogrammen“. Besser noch wäre eine durch Baustellenmarkierungen und Poller gesicherte Radverkehrsanlage. Diese Maßnahme soll nach sechs Monaten evaluiert und die Ergebnisse dem Stadtrat vorgelegt werden.

Im kommenden Stadtentwicklungsausschuss stellt die Verwaltung nun verschiedene Möglichkeiten vor. Interessant ist schon mal, dass ein „normaler“ Schutzstreifen aufgrund des Schwerverkehrsanteils auf der Wersener Straße ausscheiden würde. Das ist insofern bemerkenswert, als dass er durch eine Breite von 1,5 Metern eigentlich schon ein Fortschritt zum bestehenden, nur 1,2 Meter breiten Radfahrstreifen wäre.

Alternativ wäre ein Radfahrstreifen mit theoretischer Breite von 2 Metern möglich. Theoretisch, weil in der Praxis ein Sicherheitsstreifen zum Parkstreifen angelegt werden muss. Dessen Breite wird – natürlich – vom Radfahrstreifen abgezogen, der dann letztlich noch 1,6 Meter (mit Markierung 1,85 Meter) breit wäre. Immerhin noch eine deutliche Verbesserung zur aktuellen Situation. Für den motorisierten Verkehr bliebe eine überbreite Fahrbahn von fünf Metern.

Alternativ zu dieser Variante könnte der Radfahrstreifen bei Verzicht auf eine Fahrspur aber bei Beibehaltung des Parkstreifens auch auf 3 Meter verbreitert werden. Das wäre dann in der Tat mal „mehr Platz fürs Rad“.

Die beste, politisch aber wohl am schwierigsten durchzusetzende Lösung wäre dann ein geschützter Radfahrsteifen. Hier würde sowohl der Parkstreifen als auch ein Fahrstreifen wegfallen. Radfahrer bekämen dafür eine 2,3 Meter breite, durch „Poller oder Schwellen“ geschützte Spur. Technisch ist das an der Wersener Straße problemlos möglich. Sie gibt die nötige Breite her.

Ich bin gespannt, für welche Variante sich der Ausschuss aussprechen wird. Da das Provisorium nach sechs Monaten ausgewertet werden soll, sollte man jetzt nicht mit der Minimallösung anfangen. Die könnte ja immer noch eingerichtet werden, wenn der erste Versuch schiefgeht. Und überhaupt: Der geschlossene Rat will Osnabrück bis 2030 in die Top 5 Fahrradstädte Deutschlands bringen. Mal sehen, wie ernst es die einzelnen Fraktionen meinen. Mit Minimallösungen wird das auf jeden Fall nichts.