Im Januar dieses Jahres mussten wir das achte Ghost Bike der Stadt aufstellen. Bis heute ist ungeklärt, warum eine 18-jährige Radfahrerin auf einem für den Radverkehr freigegebenen Gehweg so stürzte, dass ein LKW nebenan auf der Fahrbahn sie erfassen und überrollen konnte. Es verbietet sich also bis heute, darüber zu spekulieren. Ein Leben ist verlorengegangen, viele andere werden nie wieder so, wie sie waren.

Was dieser Unfall zur Folge hat, ist dennoch bemerkenswert. Die Pagenstecherstraße – eine Ausfallstraße durch ein Gewerbe- und Industriegebiet, ist für Radfahrer weitestgehend eine Katastrophe. Viel zu schmale Radfahrstreifen zwischen zwei Richtungsfahrbahnen und langen Parkstreifen lassen ein schlechtes Gefühl immer mitfahren. Auch wenn die Situation an der Unfallstelle eine andere ist, gab es nach dem Unfall deutliche Signale aus der Stadtgesellschaft, dass sich etwas ändern muss.

Die Pagenstecherstraße: Wer fährt hier schon gerne Rad?
Foto: Manfred Kampmeyer, ADFC

Der ADFC Osnabrück hat sich die Mühe gemacht, eine alternative Planung vorzubereiten. Vorgestellt wurde sie auf der Osnabrücker Fahrradmesse Anfang März. Sie sieht eine vollständige Umwandlung der Parkstreifen in breite Radwege vor. Dagegen gibt es auch kaum Widerstand. Denn jedes Unternehmen verfügt hier über einen eigenen Parkplatz. Da muss die Allgemeinheit nicht auch noch Parkstreifen zur Verfügung stellen.

Nun geht es in diesem Fall auch politisch mal schnell. CDU und Grüne, sonst eher selten in einer Koalition, wollen eine deutliche Verbesserung für Radfahrerinnen und Radfahrer an dieser Stelle. Schon am 17. März sollen im Stadtrat zwei Meter breite Radwege beschlossen werden, für die dann tatsächlich die Parkstreifen und im Zweifel auch einzelne Bäume weichen müssen. Eine breite Mehrheit ist wahrscheinlich. Die Parteien übertreffen sich gerade mit Forderungen nach besseren Bedingungen für den Radverkehr.

Das ist ein gutes Signal. Traurig ist, dass es diese Mehrheit wieder mal erst nach einem tödlichen Unfall gibt. Erfreulich hingegen ist, dass die Verwaltung auf so einen Beschluss offenbar schon vorbereitet ist. Man habe sich bereits nach dem Unfall Gedanken gemacht und wolle der Politik im April erste Skizzen vorlegen – hoffentlich werden physische Barrieren gleich mitgedacht. Ohne hohen Bordstein oder kleine Poller wird es aufgrund von allgegenwärtigen Falschparkern nicht gehen. Und dann bleibt noch zu hoffen, dass der (bundesweit bekannte) Personalmangel im Planungs- und Durchführungsbereich den Bau nicht allzu sehr verschleppt.

Schaut man sich in den Kommentarspalten im Netz um (was man ja eigentlich nicht tun sollte), liest man oft von Verweisen auf Alternativrouten. Das ist aber – wie so häufig – nicht angebracht. Die Pagenstecherstraße säumen eine Reihe von Supermärkten, Schnellrestaurants und sogar ein großer Fahrradladen. Alles Einrichtungen, die auch von Radfahrern besucht werden. Es gibt also Zielverkehr. Alternativrouten, um diese Ziele zu umfahren, bringen daher wenig. Genauso wenig stichhaltig ist die Beobachtung, dass dort „ziemlich wenig Radfahrer“ unterwegs seien. Das ist erstens subjektiv und hat zweitens vermutlich gerade mit dem Fehlen sicherer Radwege zu tun.

Was an der Pagenstecherstraße nun also kommen soll, ist absolut begrüßenswert, darf aber auch woanders nicht mehr lange auf sich warten lassen. So dürfen weder der Wall noch andere aus Radfahrersicht katastrophale Strecken wie die Hannoversche, Hansa- oder Martinistraße in Vergessenheit geraten. Auch hier findet sich weitestgehend schlechte bis gar keine Radverkehrsinfrastruktur. Angst darf in Osnabrück nicht länger der Begleiter und schon gar nicht ein Hinderungsgrund sein, mit dem Fahrrad zu fahren.

Der ADFC Osnabrück fordert ebenfalls die komplette Überplanung der Pagenstecherstraße. Mit durchgehend breiten Radwegen. Screenshot: ADFC