Autowerbung ist ja so eine Sache für sich. Meist werden da Hochglanzkarossen in irgendeiner abgelegenen Landschaft vorgestellt, die die Eigenschaften der Autos noch mal extra betonen sollen. Bequem durch die Wüste, sicher durchs Gebirge, fröhlich am Strand entlang. Im echten Leben sieht das Autodasein natürlich anders aus: 23 Stunden am Tag rumstehen, im Stau stecken, Parkplatzsuche, Frust.

Dann gibt es aber noch eine andere Art der Autowerbung. Sie soll Emotionen wecken. Und ich fürchte, dass sie auch noch andere Verhaltensweisen wecken könnte – oder zumindest legitimieren, wenn nicht verstärken. Ich hatte hier schon mal die Frage aufgeworfen, ob Autowerbung gefährlich werden kann und einige Beispiele dazu gesammelt. Audi gibt da an, die „licence to thrill“ zu haben, Porsche bietet „Leistungssport“ und „Extremsport“ mit Serienfahrzeugen und Mercedes-Benz jagt „Abenteuer in der Großstadt“.

Fahren auch Sie mit unseren Rennwagen für die Straße vorne weg.

Und dann ist da noch Honda. Laut Werbung auf der eigenen Webseite liefert der Civic Type R mit seinen 320 PS „Leistung ohne Ende und sorgt für einen gewaltigen Adrenalinschub“. Man richtet sich an die Kunden: „Fahren auch Sie mit unseren Rennwagen für die Straße vorne weg.“ Was denkt da wohl der Civic-Type-R-Käufer? Wie bekommt er nun den „gewaltigen Adrenalinschub“? Vorne weg fahren? Das heißt doch, er muss andere hinter sich lassen. Schließlich hat er doch einen Rennwagen. Und wenn neben ihm einer steht, der genauso denkt?

Es ist gerade mal 15 Monate her, seit die Teilnahme an illegalen Straßenrennen (endlich) als Straftat gewertet wird. Kommt bei solch einem Rennen ein Mensch ums Leben – und in der Regel sind es ja sogar Unbeteiligte – können die Teilnehmer sogar des Mordes angeklagt werden. In welchem Verhältnis steht so eine Werbung nun dazu? Für mich war diese Honda-Werbung einfach eine geschmacklose – wenn nicht anstiftende – zu viel. Daher habe ich den Deutschen Werberat um eine Stellungnahme gebeten. Da er aber keine Stellungnahmen abgibt, musste ich eine Beschwerde vorbringen.

Kurzer Exkurs: Der Werberat ist dabei kein unabhängiges Organ. Träger sind die im Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW zusammengeschlossenen Organisationen der werbenden Wirtschaft, des Handels, der Medien, der Agenturen, der Forschung sowie der Werbeberufe. Der Deutsche Werberat wird also von den Wirtschaftszweigen der Werbung in Deutschland getragen. Er ist ein reines Selbstkontrollorgan der Werbewirtschaft.

Insbesondere darf Werbung keine Form gewalttätigen, aggressiven oder unsozialen Verhaltens anregen oder stillschweigend dulden.

Trotzdem hat er sich Grundregeln gegeben. „Kommerzielle Kommunikation hat die allgemein anerkannten Grundwerte der Gesellschaft und die dort vorherrschenden Vorstellungen von Anstand und Moral zu beachten. Insbesondere darf Werbung keine Form gewalttätigen, aggressiven oder unsozialen Verhaltens anregen oder stillschweigend dulden.“ Für mich verstößt die Honda-Werbung gegen diese Grundregel. Ob auch der Werberat das so sieht, weiß ich nicht. Er hat Honda erst mal zu einer Stellungnahme aufgefordert. So läut das beim Werberat.

Heute habe ich die Antwort auf meine Beschwerde bekommen. Demnach habe Honda Deutschland mitgeteilt, „dass die Werbemaßnahme künftig nicht mehr verwendet wird“. Damit ist meine Beschwerde vom Tisch. So sieht es die Verfahrensordnung vor.

Ist das nun ein Erfolg? Ich weiß es nicht. Die Autokonzerne kommen morgen sicher mit der nächsten fragwürdigen Werbung um die Ecke. Erlaubt ist, was sich verkauft, scheint das Motto zu sein. Für Moral ist da kein Platz. Höchstens nach Beschwerde. Aber sag das mal den Angehörigen von Opfern illegaler Straßenrennen.

PS: So eilig hat man es bei Honda aber wohl nicht. Noch ist der Spruch genau so auf der Webseite…

Update 7. Oktober 2019
Jetzt hat man die Werbung geändert.